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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ausgang des Eies aus dem Eierstocke.
aus zwei in einander eingeschlossenen, kugelförmigen Membranen,
nach deren Zerreissung eine äusserst durchsichtige Flüssigkeit her-
vortrat. h. Nach vier Tagen fanden sich die Eichen in den Tu-
ben noch weiter vorgerückt und jedes enthielt noch deutlicher
ein in ihnen eingeschlossenes Bläschen. i. In fünftägigen Eiern
war diese innere, blasenförmige Haut noch mehr kenntlich. k. Nach
sechs bis sieben Tagen hatten die Eichen sehr bedeutend an Um-
fang zugenommen, ohne dass jedoch Graaf einen Embryo zu er-
kennen im Stande gewesen wäre. Eben so verunglückten, wie
dieses später Prevost, Dumas u. v. Bär ebenfalls vielfach erfahren
haben, auch de Graaf Eichen von dem achten Tage, weil sie ei-
nerseits fest an der Innenfläche des Uterus schon angeheftet, an-
derseits so äusserst zart sind, dass sie bei der geringsten Verlet-
zung reissen. l. In einigen Eiern von neun Tagen zeigte sich der
Embryo als ein schwaches Wölkchen. Deutlich dagegen sah Graaf
den in seiner Ausbildung schon weit vorgeschrittenen Embryo in
10tägigen Eiern. -- Hätte Regner de Graaf bei diesen Untersu-
chungen sich des Microscopes bedient, so wäre schon vor mehr,
als 150 Jahren die Wissenschaft mit Resultaten bereichert wor-
den, die wir leider heute noch vermissen.

2. Ein in der Wissenschaft, wie im Leben gleich häufiges
Phänomen zeigte sich auch bei den vortrefflichen, von Regner de
Graaf unternommenen Arbeiten über die ersten Wirkungen der
Conception. Weil man nicht mit solcher Umsicht, Mühe und
Gründlichkeit, wie es dieser ausgezeichnete Naturforscher gethan,
die Erscheinungen selbst verfolgt hatte, glaubte man nicht an die
Richtigkeit seiner Darstellung, von der man sich nothwendiger
Weise hätte überzeugen müssen, wenn man nur mit gleicher Em-
sigkeit, wie er selbst, geforscht hätte. Aber der eigene Feh-
ler machte das eigene Auge blind und liess durch das Bessere
des Anderen nicht seinen Irrthum erkennen, sondern einen Fehl-
tritt desselben erblicken. Und so wurde durch die Auctori-
täten eines Vallisneri, Kuhlemann, Haller u. A. die Wahrheit,
dass das Eichen aus dem Folliculus in die Tuben gelange, unter-
drückt und an ihre Stelle die falsche Behauptung gesetzt, dass
aus dem Eierstocke in die Tuben eine blosse Flüssigkeit ohne
Hülle ergossen werde oder dass, wie Osiander noch im Anfange
des neunzehnten Jahrhunderts behauptete, die Eierstöcke bei der
Conception gar nicht in Affection kämen. Es war daher recht

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Ausgang des Eies aus dem Eierstocke.
aus zwei in einander eingeschlossenen, kugelförmigen Membranen,
nach deren Zerreiſsung eine äuſserst durchsichtige Flüssigkeit her-
vortrat. h. Nach vier Tagen fanden sich die Eichen in den Tu-
ben noch weiter vorgerückt und jedes enthielt noch deutlicher
ein in ihnen eingeschlossenes Bläschen. i. In fünftägigen Eiern
war diese innere, blasenförmige Haut noch mehr kenntlich. k. Nach
sechs bis sieben Tagen hatten die Eichen sehr bedeutend an Um-
fang zugenommen, ohne daſs jedoch Graaf einen Embryo zu er-
kennen im Stande gewesen wäre. Eben so verunglückten, wie
dieses später Prevost, Dumas u. v. Bär ebenfalls vielfach erfahren
haben, auch de Graaf Eichen von dem achten Tage, weil sie ei-
nerseits fest an der Innenfläche des Uterus schon angeheftet, an-
derseits so äuſserst zart sind, daſs sie bei der geringsten Verlet-
zung reiſsen. l. In einigen Eiern von neun Tagen zeigte sich der
Embryo als ein schwaches Wölkchen. Deutlich dagegen sah Graaf
den in seiner Ausbildung schon weit vorgeschrittenen Embryo in
10tägigen Eiern. — Hätte Regner de Graaf bei diesen Untersu-
chungen sich des Microscopes bedient, so wäre schon vor mehr,
als 150 Jahren die Wissenschaft mit Resultaten bereichert wor-
den, die wir leider heute noch vermissen.

2. Ein in der Wissenschaft, wie im Leben gleich häufiges
Phänomen zeigte sich auch bei den vortrefflichen, von Regner de
Graaf unternommenen Arbeiten über die ersten Wirkungen der
Conception. Weil man nicht mit solcher Umsicht, Mühe und
Gründlichkeit, wie es dieser ausgezeichnete Naturforscher gethan,
die Erscheinungen selbst verfolgt hatte, glaubte man nicht an die
Richtigkeit seiner Darstellung, von der man sich nothwendiger
Weise hätte überzeugen müssen, wenn man nur mit gleicher Em-
sigkeit, wie er selbst, geforscht hätte. Aber der eigene Feh-
ler machte das eigene Auge blind und lieſs durch das Bessere
des Anderen nicht seinen Irrthum erkennen, sondern einen Fehl-
tritt desselben erblicken. Und so wurde durch die Auctori-
täten eines Vallisneri, Kuhlemann, Haller u. A. die Wahrheit,
daſs das Eichen aus dem Folliculus in die Tuben gelange, unter-
drückt und an ihre Stelle die falsche Behauptung gesetzt, daſs
aus dem Eierstocke in die Tuben eine bloſse Flüssigkeit ohne
Hülle ergossen werde oder daſs, wie Osiander noch im Anfange
des neunzehnten Jahrhunderts behauptete, die Eierstöcke bei der
Conception gar nicht in Affection kämen. Es war daher recht

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[33/0061] Ausgang des Eies aus dem Eierstocke. aus zwei in einander eingeschlossenen, kugelförmigen Membranen, nach deren Zerreiſsung eine äuſserst durchsichtige Flüssigkeit her- vortrat. h. Nach vier Tagen fanden sich die Eichen in den Tu- ben noch weiter vorgerückt und jedes enthielt noch deutlicher ein in ihnen eingeschlossenes Bläschen. i. In fünftägigen Eiern war diese innere, blasenförmige Haut noch mehr kenntlich. k. Nach sechs bis sieben Tagen hatten die Eichen sehr bedeutend an Um- fang zugenommen, ohne daſs jedoch Graaf einen Embryo zu er- kennen im Stande gewesen wäre. Eben so verunglückten, wie dieses später Prevost, Dumas u. v. Bär ebenfalls vielfach erfahren haben, auch de Graaf Eichen von dem achten Tage, weil sie ei- nerseits fest an der Innenfläche des Uterus schon angeheftet, an- derseits so äuſserst zart sind, daſs sie bei der geringsten Verlet- zung reiſsen. l. In einigen Eiern von neun Tagen zeigte sich der Embryo als ein schwaches Wölkchen. Deutlich dagegen sah Graaf den in seiner Ausbildung schon weit vorgeschrittenen Embryo in 10tägigen Eiern. — Hätte Regner de Graaf bei diesen Untersu- chungen sich des Microscopes bedient, so wäre schon vor mehr, als 150 Jahren die Wissenschaft mit Resultaten bereichert wor- den, die wir leider heute noch vermissen. 2. Ein in der Wissenschaft, wie im Leben gleich häufiges Phänomen zeigte sich auch bei den vortrefflichen, von Regner de Graaf unternommenen Arbeiten über die ersten Wirkungen der Conception. Weil man nicht mit solcher Umsicht, Mühe und Gründlichkeit, wie es dieser ausgezeichnete Naturforscher gethan, die Erscheinungen selbst verfolgt hatte, glaubte man nicht an die Richtigkeit seiner Darstellung, von der man sich nothwendiger Weise hätte überzeugen müssen, wenn man nur mit gleicher Em- sigkeit, wie er selbst, geforscht hätte. Aber der eigene Feh- ler machte das eigene Auge blind und lieſs durch das Bessere des Anderen nicht seinen Irrthum erkennen, sondern einen Fehl- tritt desselben erblicken. Und so wurde durch die Auctori- täten eines Vallisneri, Kuhlemann, Haller u. A. die Wahrheit, daſs das Eichen aus dem Folliculus in die Tuben gelange, unter- drückt und an ihre Stelle die falsche Behauptung gesetzt, daſs aus dem Eierstocke in die Tuben eine bloſse Flüssigkeit ohne Hülle ergossen werde oder daſs, wie Osiander noch im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts behauptete, die Eierstöcke bei der Conception gar nicht in Affection kämen. Es war daher recht 3

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/61>, abgerufen am 22.11.2024.