belstrange und der Placenta entdeckt zu haben glaubt, geliefert. Nach ihm ist das ganze sogenannte Zellgewebe des Nabelstranges ein so dichtes Lymphgefässnetz, dass jeder in dasselbe gemachte Einstich Gefässe der Art verletze. Jene setzen sich in die Pla- centa, besonders nach ihrer gegen das Chorion gewandten Ober- fläche, fort. Man injicirt sie dadurch, dass man die Kanüle in ei- nen kleinen in den Nabelstrang gemachten Einschnitt einsetzt. Allein schon diese Darstellungsmethode überhaupt macht den Verdacht rege, dass man durch das Quecksilber gewaltsam Gänge in dem weichen Schleimgewebe des Nabelstranges bilde. Auch konnten Joh. Müller und Scheulen diese Netze an einer sechsmo- natlichen Frucht nicht wahrnehmen. Nur an der Insertion des Nabelstranges in den Fötus waren einige vier Linien lange Kanäle zu bemerken. Vgl. Laurentius Scheulen placentae humanae physiologia et pathologia. Bonn. diss. def. d. XI. Mai 1833. 8. p. 9. 10.
c. Allantois.
Im Verlaufe dieser Darstellung haben wir schon häufig von dieser Haut, der sogenannten Harnhaut, zu sprechen Gelegenheit gehabt. In dem Abschnitte vom Eie wurde ihre Form und Be- rührung mit den anderen Eihäuten, bei Gelegenheit des Gefäss- blattes die Ausbreitung ihrer Gefässe, und bei Gelegenheit der se- cundären Bildungen des Schleimblattes überhaupt ihr Ausstül- pungscharakter besprochen. Hier am Schlusse mögen noch einige Worte über sie zur Ergänzung des Gesagten einen Platz finden. Die Allantois erscheint bei dem Hühnchen als eine Ausstülpung des Darmkanales zwischen dem dritten bis vierten Tage, und ist dann sehr leicht schon mit blossem Auge deutlich zu beobachten (s. d. Abbild. bei Job. Müller de glandulis tab. XI. fig. 1. f.). Sie wird hier sehr bald kuglig, hat dann dünnere und durch- sichtigere Wandungen, als das Darmrohr selbst und tritt, indem sie sich verlängert, aus dem Embryo in den zwischen Amnion und Chorion befindlichen Raum hinaus. Dadurch erhält der in dem Körper befindliche Theil eine mehr längliche cylindrische Ge- stalt. Zur Erläuterung des Gesagten s. die vortrefflichen Durch- schnittszeichnungen, welche von Bär in seinem Werke über Ent- wickelungsgeschichte der Thiere und in Burdachs Physiologie Th. II. geliefert hat. Dass die Allantois auch bei den Säugethieren sich auf dieselbe Weise hervorstülpe, hat derselbe Naturforscher
Von dem Embryo.
belstrange und der Placenta entdeckt zu haben glaubt, geliefert. Nach ihm ist das ganze sogenannte Zellgewebe des Nabelstranges ein so dichtes Lymphgefäſsnetz, daſs jeder in dasselbe gemachte Einstich Gefäſse der Art verletze. Jene setzen sich in die Pla- centa, besonders nach ihrer gegen das Chorion gewandten Ober- fläche, fort. Man injicirt sie dadurch, daſs man die Kanüle in ei- nen kleinen in den Nabelstrang gemachten Einschnitt einsetzt. Allein schon diese Darstellungsmethode überhaupt macht den Verdacht rege, daſs man durch das Quecksilber gewaltsam Gänge in dem weichen Schleimgewebe des Nabelstranges bilde. Auch konnten Joh. Müller und Scheulen diese Netze an einer sechsmo- natlichen Frucht nicht wahrnehmen. Nur an der Insertion des Nabelstranges in den Fötus waren einige vier Linien lange Kanäle zu bemerken. Vgl. Laurentius Scheulen placentae humanae physiologia et pathologia. Bonn. diss. def. d. XI. Mai 1833. 8. p. 9. 10.
c. Allantois.
Im Verlaufe dieser Darstellung haben wir schon häufig von dieser Haut, der sogenannten Harnhaut, zu sprechen Gelegenheit gehabt. In dem Abschnitte vom Eie wurde ihre Form und Be- rührung mit den anderen Eihäuten, bei Gelegenheit des Gefäſs- blattes die Ausbreitung ihrer Gefäſse, und bei Gelegenheit der se- cundären Bildungen des Schleimblattes überhaupt ihr Ausstül- pungscharakter besprochen. Hier am Schlusse mögen noch einige Worte über sie zur Ergänzung des Gesagten einen Platz finden. Die Allantois erscheint bei dem Hühnchen als eine Ausstülpung des Darmkanales zwischen dem dritten bis vierten Tage, und ist dann sehr leicht schon mit bloſsem Auge deutlich zu beobachten (s. d. Abbild. bei Job. Müller de glandulis tab. XI. fig. 1. f.). Sie wird hier sehr bald kuglig, hat dann dünnere und durch- sichtigere Wandungen, als das Darmrohr selbst und tritt, indem sie sich verlängert, aus dem Embryo in den zwischen Amnion und Chorion befindlichen Raum hinaus. Dadurch erhält der in dem Körper befindliche Theil eine mehr längliche cylindrische Ge- stalt. Zur Erläuterung des Gesagten s. die vortrefflichen Durch- schnittszeichnungen, welche von Bär in seinem Werke über Ent- wickelungsgeschichte der Thiere und in Burdachs Physiologie Th. II. geliefert hat. Daſs die Allantois auch bei den Säugethieren sich auf dieselbe Weise hervorstülpe, hat derselbe Naturforscher
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Von dem Embryo.
belstrange und der Placenta entdeckt zu haben glaubt, geliefert.
Nach ihm ist das ganze sogenannte Zellgewebe des Nabelstranges
ein so dichtes Lymphgefäſsnetz, daſs jeder in dasselbe gemachte
Einstich Gefäſse der Art verletze. Jene setzen sich in die Pla-
centa, besonders nach ihrer gegen das Chorion gewandten Ober-
fläche, fort. Man injicirt sie dadurch, daſs man die Kanüle in ei-
nen kleinen in den Nabelstrang gemachten Einschnitt einsetzt.
Allein schon diese Darstellungsmethode überhaupt macht den
Verdacht rege, daſs man durch das Quecksilber gewaltsam Gänge
in dem weichen Schleimgewebe des Nabelstranges bilde. Auch
konnten Joh. Müller und Scheulen diese Netze an einer sechsmo-
natlichen Frucht nicht wahrnehmen. Nur an der Insertion des
Nabelstranges in den Fötus waren einige vier Linien lange Kanäle
zu bemerken. Vgl. Laurentius Scheulen placentae humanae
physiologia et pathologia. Bonn. diss. def. d. XI. Mai 1833.
8. p. 9. 10.
c. Allantois.
Im Verlaufe dieser Darstellung haben wir schon häufig von
dieser Haut, der sogenannten Harnhaut, zu sprechen Gelegenheit
gehabt. In dem Abschnitte vom Eie wurde ihre Form und Be-
rührung mit den anderen Eihäuten, bei Gelegenheit des Gefäſs-
blattes die Ausbreitung ihrer Gefäſse, und bei Gelegenheit der se-
cundären Bildungen des Schleimblattes überhaupt ihr Ausstül-
pungscharakter besprochen. Hier am Schlusse mögen noch einige
Worte über sie zur Ergänzung des Gesagten einen Platz finden.
Die Allantois erscheint bei dem Hühnchen als eine Ausstülpung
des Darmkanales zwischen dem dritten bis vierten Tage, und ist
dann sehr leicht schon mit bloſsem Auge deutlich zu beobachten
(s. d. Abbild. bei Job. Müller de glandulis tab. XI. fig. 1. f.).
Sie wird hier sehr bald kuglig, hat dann dünnere und durch-
sichtigere Wandungen, als das Darmrohr selbst und tritt, indem
sie sich verlängert, aus dem Embryo in den zwischen Amnion
und Chorion befindlichen Raum hinaus. Dadurch erhält der in
dem Körper befindliche Theil eine mehr längliche cylindrische Ge-
stalt. Zur Erläuterung des Gesagten s. die vortrefflichen Durch-
schnittszeichnungen, welche von Bär in seinem Werke über Ent-
wickelungsgeschichte der Thiere und in Burdachs Physiologie Th.
II. geliefert hat. Daſs die Allantois auch bei den Säugethieren
sich auf dieselbe Weise hervorstülpe, hat derselbe Naturforscher
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/576>, abgerufen am 24.11.2024.
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