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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Zwerchfell.

5. In Bezug auf die Distanzen der Zotten von einander
muss man ein absolutes Verhältniss von einem relativen unter-
scheiden. Die erstere nenne ich die Distanzen der Zotten der
unteren Lage, nach Entfernung der oberen; die letztere die Distan-
zen derselben, so lange beide Lagen noch in ihnen verbunden sind.
Diese letztere ist, je jünger der Fötus ist, um so kleiner. Die
erstere dagegen ist von Anfang an schon sehr gross, scheint aber
doch im Laufe der Entwickelung immer noch zuzunehmen.

6. Wie die einzelnen Lagen immer näher an die innere
Oberfläche rücken, indem die erste sich stets durch Häutung löst und
jede nächst folgende immer dünner wird, tritt die mit Blutgefässen
versehene Lage der Oberfläche der Zotten immer näher. Die feinsten
Blutgefässnetze der Darmzotten liegen deshalb der inneren Ober-
fläche des Darmes um so näher, je weiter die Entwickelung vor-
schreitet und im Erwachsenen daher derselben am nächsten. Viel-
leicht lässt dieses einen Schluss für die von Plagge geäusserte Idee zu,
dass eine wahre Darmrespiration Statt finde, -- eine Meinung,
welche in gewisser Beziehung wohl unbezweifelt wahr ist und
durch die Aehnlichkeit der Verbreitung der feinsten Blutgefäss-
netze, auf welche besonders Carus schon hingedeutet hat, noch
unterstützt wird. Denn die feinsten Netze der Duodenumzotten
nähern sich mehr dem Charakter der in den Lungen vorkommen-
den, die des jejunum und ileum mehr dem der in den Kiemen
vorhandenen Capillaren.

Anhangsweise müssen hier noch zwei Gebilde abgehandelt
werden, welche dem serösen Blatte zwar angehören, mit dem
Schleimblatte aber in eine so innige Berührung kommen, dass sie
am Füglichsten hier betrachtet werden können, nämlich das Zwerch-
fell und der sympathische Nerve. -- Das Diaphragma scheint sehr
frühzeitig zu entstehen, und ist bei Embryonen von 8--10'''
Länge schon als eine dünne, aber dichte, zwischen Brusthöhle und
Unterleib gespannte Haut wahrzunehmen. Untersucht man diese
letztere näher, so findet man, dass sie aus zwei Lamellen besteht,
nämlich einer oberen, der unmittelbaren Fortsetzung der Pleura
und einer unteren, der unmittelbaren Fortsetzung des Bauchfelles.
Zwischen ihnen liegt eine in dem Centrum sehr dünne, an der
Circumferenz des Diaphragma dickere Schicht von einem zähen
Bildungsgewebe. Man sieht daher leicht, dass das scheinbar so
sehr ausgebildete Zwerchfell es in der That nicht ist, sondern

Zwerchfell.

5. In Bezug auf die Distanzen der Zotten von einander
muſs man ein absolutes Verhältniſs von einem relativen unter-
scheiden. Die erstere nenne ich die Distanzen der Zotten der
unteren Lage, nach Entfernung der oberen; die letztere die Distan-
zen derselben, so lange beide Lagen noch in ihnen verbunden sind.
Diese letztere ist, je jünger der Fötus ist, um so kleiner. Die
erstere dagegen ist von Anfang an schon sehr groſs, scheint aber
doch im Laufe der Entwickelung immer noch zuzunehmen.

6. Wie die einzelnen Lagen immer näher an die innere
Oberfläche rücken, indem die erste sich stets durch Häutung löst und
jede nächst folgende immer dünner wird, tritt die mit Blutgefäſsen
versehene Lage der Oberfläche der Zotten immer näher. Die feinsten
Blutgefäſsnetze der Darmzotten liegen deshalb der inneren Ober-
fläche des Darmes um so näher, je weiter die Entwickelung vor-
schreitet und im Erwachsenen daher derselben am nächsten. Viel-
leicht läſst dieses einen Schluſs für die von Plagge geäuſserte Idee zu,
daſs eine wahre Darmrespiration Statt finde, — eine Meinung,
welche in gewisser Beziehung wohl unbezweifelt wahr ist und
durch die Aehnlichkeit der Verbreitung der feinsten Blutgefäſs-
netze, auf welche besonders Carus schon hingedeutet hat, noch
unterstützt wird. Denn die feinsten Netze der Duodenumzotten
nähern sich mehr dem Charakter der in den Lungen vorkommen-
den, die des jejunum und ileum mehr dem der in den Kiemen
vorhandenen Capillaren.

Anhangsweise müssen hier noch zwei Gebilde abgehandelt
werden, welche dem serösen Blatte zwar angehören, mit dem
Schleimblatte aber in eine so innige Berührung kommen, daſs sie
am Füglichsten hier betrachtet werden können, nämlich das Zwerch-
fell und der sympathische Nerve. — Das Diaphragma scheint sehr
frühzeitig zu entstehen, und ist bei Embryonen von 8—10‴
Länge schon als eine dünne, aber dichte, zwischen Brusthöhle und
Unterleib gespannte Haut wahrzunehmen. Untersucht man diese
letztere näher, so findet man, daſs sie aus zwei Lamellen besteht,
nämlich einer oberen, der unmittelbaren Fortsetzung der Pleura
und einer unteren, der unmittelbaren Fortsetzung des Bauchfelles.
Zwischen ihnen liegt eine in dem Centrum sehr dünne, an der
Circumferenz des Diaphragma dickere Schicht von einem zähen
Bildungsgewebe. Man sieht daher leicht, daſs das scheinbar so
sehr ausgebildete Zwerchfell es in der That nicht ist, sondern

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[469/0497] Zwerchfell. 5. In Bezug auf die Distanzen der Zotten von einander muſs man ein absolutes Verhältniſs von einem relativen unter- scheiden. Die erstere nenne ich die Distanzen der Zotten der unteren Lage, nach Entfernung der oberen; die letztere die Distan- zen derselben, so lange beide Lagen noch in ihnen verbunden sind. Diese letztere ist, je jünger der Fötus ist, um so kleiner. Die erstere dagegen ist von Anfang an schon sehr groſs, scheint aber doch im Laufe der Entwickelung immer noch zuzunehmen. 6. Wie die einzelnen Lagen immer näher an die innere Oberfläche rücken, indem die erste sich stets durch Häutung löst und jede nächst folgende immer dünner wird, tritt die mit Blutgefäſsen versehene Lage der Oberfläche der Zotten immer näher. Die feinsten Blutgefäſsnetze der Darmzotten liegen deshalb der inneren Ober- fläche des Darmes um so näher, je weiter die Entwickelung vor- schreitet und im Erwachsenen daher derselben am nächsten. Viel- leicht läſst dieses einen Schluſs für die von Plagge geäuſserte Idee zu, daſs eine wahre Darmrespiration Statt finde, — eine Meinung, welche in gewisser Beziehung wohl unbezweifelt wahr ist und durch die Aehnlichkeit der Verbreitung der feinsten Blutgefäſs- netze, auf welche besonders Carus schon hingedeutet hat, noch unterstützt wird. Denn die feinsten Netze der Duodenumzotten nähern sich mehr dem Charakter der in den Lungen vorkommen- den, die des jejunum und ileum mehr dem der in den Kiemen vorhandenen Capillaren. Anhangsweise müssen hier noch zwei Gebilde abgehandelt werden, welche dem serösen Blatte zwar angehören, mit dem Schleimblatte aber in eine so innige Berührung kommen, daſs sie am Füglichsten hier betrachtet werden können, nämlich das Zwerch- fell und der sympathische Nerve. — Das Diaphragma scheint sehr frühzeitig zu entstehen, und ist bei Embryonen von 8—10‴ Länge schon als eine dünne, aber dichte, zwischen Brusthöhle und Unterleib gespannte Haut wahrzunehmen. Untersucht man diese letztere näher, so findet man, daſs sie aus zwei Lamellen besteht, nämlich einer oberen, der unmittelbaren Fortsetzung der Pleura und einer unteren, der unmittelbaren Fortsetzung des Bauchfelles. Zwischen ihnen liegt eine in dem Centrum sehr dünne, an der Circumferenz des Diaphragma dickere Schicht von einem zähen Bildungsgewebe. Man sieht daher leicht, daſs das scheinbar so sehr ausgebildete Zwerchfell es in der That nicht ist, sondern

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/497>, abgerufen am 23.11.2024.