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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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I. Das unbefruchtete, im Eierstocke enthaltene Ei.
Folliculi Graafiani. Die Analogie mit dem Eierstocke der Vögel
war auf diese Weise gewissermaassen constatirt; denn es war
nachgewiesen, dass auch bei den Säugethieren dasjenige Organ,
welches man bald nach dem Vorgange älterer Schriftsteller testes
muliebres
, bald nach Stenon Ovaria nannte, gleich dem Eierstocke
der Vögel nach der Befruchtung eine gewisse Zahl von Eichen
in die Tuben entlasse. Am nächsten lag nun zu behaupten, dass
die Folliculi Graafiani selbst diese Eichen wären, wie auch in
dem Eierstocke der Vögel der Dotter ein sehr bedeutendes Vo-
lumen erlangt, ehe er in den Eileiter eintritt. Allein Regner de
Graaf selbst hatte bei einer Reihe von Versuchen über die ersten
Effecte der Befruchtung bei Kaninchen gefunden, dass die Eichen
in den ersten Tagen nach der Conception, so lange sie in den
Tuben oder in den Gebärmutterhörnern enthalten waren, um vie-
les kleiner, als die Folliculi seyen, besonders da diese unmittelbar
nach einem fruchtbaren Beischlafe noch bedeutend an Volumen
zunehmen (de mulierum Organis Cap. xvi. in Opp. omn. 1677.
8. p. 396--411.). Er war also zu dem negativen Resultate un-
mittelbar gekommen, dass die Folliculi des Eierstockes selbst die
in den Uterus übergehenden Eichen nicht seyn könnten. Sie
platzten aber an ihrem erhabensten Punkte, entleerten ihren In-
halt, enthielten daher in der ersten Zeit eine Höhlung in ihrer
Mitte und verwandelten sich allmählig, indem diese Höhlung sich
anfüllte, in die corpora lutea. Die nächste Frage musste nun
seyn, ob die Folliculi in sich das bei Weitem kleinere Eichen
enthalten oder nur einen Saft ergiessen, welcher in den Tuben
erst von einer Membran umschlossen würde und so die Eiform
annähme. Regner de Graaf war der richtigen Lösung dieser
Frage, dass der Folliculus das schon geformte und in einer Mem-
bran eingeschlossene Eichen enthalte, sehr nahe, wiewohl er diese
Antwort eher erschloss, als durch unmittelbare Beobachtung un-
terstützte. An einigen Stellen spricht er sich genauer hierüber
aus. Bei Gelegenheit der Untersuchung eines Kaninchens 3 Tage
nach der Befruchtung heisst es (l. c. p. 401.): "Unde liquet, ova
jamjam e testibus exclusa aliis adhuc in testibus haerentibus
decuplo minora esse, quod eatinus contingere nobis videtur,
quatenus scilicet in testibus existentia adhuc aliam materiam
complectuntur, illam scilicet, ex qua glandulosa folliculorum
substantiaprovenit
." -- Deutlicher vielleicht noch dürfte eine andere

I. Das unbefruchtete, im Eierstocke enthaltene Ei.
Folliculi Graafiani. Die Analogie mit dem Eierstocke der Vögel
war auf diese Weise gewissermaaſsen constatirt; denn es war
nachgewiesen, daſs auch bei den Säugethieren dasjenige Organ,
welches man bald nach dem Vorgange älterer Schriftsteller testes
muliebres
, bald nach Stenon Ovaria nannte, gleich dem Eierstocke
der Vögel nach der Befruchtung eine gewisse Zahl von Eichen
in die Tuben entlasse. Am nächsten lag nun zu behaupten, daſs
die Folliculi Graafiani selbst diese Eichen wären, wie auch in
dem Eierstocke der Vögel der Dotter ein sehr bedeutendes Vo-
lumen erlangt, ehe er in den Eileiter eintritt. Allein Regner de
Graaf selbst hatte bei einer Reihe von Versuchen über die ersten
Effecte der Befruchtung bei Kaninchen gefunden, daſs die Eichen
in den ersten Tagen nach der Conception, so lange sie in den
Tuben oder in den Gebärmutterhörnern enthalten waren, um vie-
les kleiner, als die Folliculi seyen, besonders da diese unmittelbar
nach einem fruchtbaren Beischlafe noch bedeutend an Volumen
zunehmen (de mulierum Organis Cap. xvi. in Opp. omn. 1677.
8. p. 396—411.). Er war also zu dem negativen Resultate un-
mittelbar gekommen, daſs die Folliculi des Eierstockes selbst die
in den Uterus übergehenden Eichen nicht seyn könnten. Sie
platzten aber an ihrem erhabensten Punkte, entleerten ihren In-
halt, enthielten daher in der ersten Zeit eine Höhlung in ihrer
Mitte und verwandelten sich allmählig, indem diese Höhlung sich
anfüllte, in die corpora lutea. Die nächste Frage muſste nun
seyn, ob die Folliculi in sich das bei Weitem kleinere Eichen
enthalten oder nur einen Saft ergieſsen, welcher in den Tuben
erst von einer Membran umschlossen würde und so die Eiform
annähme. Regner de Graaf war der richtigen Lösung dieser
Frage, daſs der Folliculus das schon geformte und in einer Mem-
bran eingeschlossene Eichen enthalte, sehr nahe, wiewohl er diese
Antwort eher erschloſs, als durch unmittelbare Beobachtung un-
terstützte. An einigen Stellen spricht er sich genauer hierüber
aus. Bei Gelegenheit der Untersuchung eines Kaninchens 3 Tage
nach der Befruchtung heiſst es (l. c. p. 401.): „Unde liquet, ova
jamjam e testibus exclusa aliis adhuc in testibus haerentibus
decuplo minora esse, quod eatinus contingere nobis videtur,
quatenus scilicet in testibus existentia adhuc aliam materiam
complectuntur, illam scilicet, ex qua glandulosa folliculorum
substantiaprovenit
.“ — Deutlicher vielleicht noch dürfte eine andere

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[10/0038] I. Das unbefruchtete, im Eierstocke enthaltene Ei. Folliculi Graafiani. Die Analogie mit dem Eierstocke der Vögel war auf diese Weise gewissermaaſsen constatirt; denn es war nachgewiesen, daſs auch bei den Säugethieren dasjenige Organ, welches man bald nach dem Vorgange älterer Schriftsteller testes muliebres, bald nach Stenon Ovaria nannte, gleich dem Eierstocke der Vögel nach der Befruchtung eine gewisse Zahl von Eichen in die Tuben entlasse. Am nächsten lag nun zu behaupten, daſs die Folliculi Graafiani selbst diese Eichen wären, wie auch in dem Eierstocke der Vögel der Dotter ein sehr bedeutendes Vo- lumen erlangt, ehe er in den Eileiter eintritt. Allein Regner de Graaf selbst hatte bei einer Reihe von Versuchen über die ersten Effecte der Befruchtung bei Kaninchen gefunden, daſs die Eichen in den ersten Tagen nach der Conception, so lange sie in den Tuben oder in den Gebärmutterhörnern enthalten waren, um vie- les kleiner, als die Folliculi seyen, besonders da diese unmittelbar nach einem fruchtbaren Beischlafe noch bedeutend an Volumen zunehmen (de mulierum Organis Cap. xvi. in Opp. omn. 1677. 8. p. 396—411.). Er war also zu dem negativen Resultate un- mittelbar gekommen, daſs die Folliculi des Eierstockes selbst die in den Uterus übergehenden Eichen nicht seyn könnten. Sie platzten aber an ihrem erhabensten Punkte, entleerten ihren In- halt, enthielten daher in der ersten Zeit eine Höhlung in ihrer Mitte und verwandelten sich allmählig, indem diese Höhlung sich anfüllte, in die corpora lutea. Die nächste Frage muſste nun seyn, ob die Folliculi in sich das bei Weitem kleinere Eichen enthalten oder nur einen Saft ergieſsen, welcher in den Tuben erst von einer Membran umschlossen würde und so die Eiform annähme. Regner de Graaf war der richtigen Lösung dieser Frage, daſs der Folliculus das schon geformte und in einer Mem- bran eingeschlossene Eichen enthalte, sehr nahe, wiewohl er diese Antwort eher erschloſs, als durch unmittelbare Beobachtung un- terstützte. An einigen Stellen spricht er sich genauer hierüber aus. Bei Gelegenheit der Untersuchung eines Kaninchens 3 Tage nach der Befruchtung heiſst es (l. c. p. 401.): „Unde liquet, ova jamjam e testibus exclusa aliis adhuc in testibus haerentibus decuplo minora esse, quod eatinus contingere nobis videtur, quatenus scilicet in testibus existentia adhuc aliam materiam complectuntur, illam scilicet, ex qua glandulosa folliculorum substantiaprovenit.“ — Deutlicher vielleicht noch dürfte eine andere

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/38>, abgerufen am 22.11.2024.