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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Entstehung des Blutes und der Blutgefässe.
auch Rathke (Isis 1828. S. 83.) nach seinen früheren Untersu-
chungen bei. Nach v. Bär (l. c. S. 52. bei Burdach S. 282.)
theilt sich der truncus arteriosus am dritten Tage der Bebrü-
tung in vier Paar Kiemengefässe, von denen der am hinteren
Rande der Mundöffnung verlaufende der stärkste, der unterste
aber so schwach ist, dass er nur farbloses Blut aufnimmt. So
scheint es auch Rathke nach späteren Beobachtungen (Nov. Act.
Acad. N. C. XIV.
Abth. 1. S. 166.) gesehen zu haben. -- Allein
der unterste Ast ist ein neuer und entsteht erst im Laufe des
dritten Tages. Die weiteren Metamorphosen dieser Kiemenge-
fässe sind nicht ganz leicht zu beobachten und daher verschieden
angegeben worden. Nach Huschke (Isis 1827. S. 402.) schickt
am vierten oder vielleicht schon am dritten Tage das oberste
Kiemengefäss an seinem hinteren Ende einen Ast, die Carotis,
nach dem Kopfe. Zwischen dem fünften und sechsten Tage aber
verschwindet das hintere linke, dem Herzen zunächst abgehende
Kiemengefäss gänzlich, während das rechte bleibt, nur seinen
Verbindungszweig mit den übrigen Querästen verliert und zuletzt
die rechte Arteria pulmonalis darstellt. Die linke Arteria pul-
monalis
dagegen bildet sich aus der übrig gebliebenen zweiten
Kiemenarterie. Das zweite rechte Kiemengefäss wird zur Aorta,
verliert bloss die Verbindungszweige mit den benachbarten Kie-
mengefässen und diese metamorphosiren sich hierdurch zu den
Anonymis. Unterdess wird der aufsteigende Stamm der Aorta
verkürzt. Das rechte dritte und das linke zweite Kiemengefäss
verbinden sich zu dem gemeinschaftlichen Stamme der Arteria
pulmonalis
und rücken an das rechte Herz, während die beiden
vorderen Kiemengefässe als Anonymae sich mit dem zweiten
rechten verbunden haben, das als Aorta in das linke Herz ein-
tritt. -- Nach Rathke (Isis 1828. S. 83.) verschmelzen das linke
vordere und das rechte hintere Kiemengefäss in ihrem Vorsprunge
zu einem einfachen Stamme, der sich in den rechten Ventrikel
mündet. Das linke vordere Gefäss entspringt allein aus dem
linken Ventrikel und wird, indem es sich erweitert, zur Aorta
pectoralis
. Aus jedem der beiden übrig gebliebenen Gefässe ent-
steht ein besonderer in die Lunge sich einsenkender Gefässzweig,
der sich mit dieser immer mehr vergrössert. Der obere Theil
dieses Gefässes tritt nun im Laufe der Entwickelung in die Be-
deutung des ductus arteriosus Botalli. Huschke (Isis 1828. S.

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Entstehung des Blutes und der Blutgefäſse.
auch Rathke (Isis 1828. S. 83.) nach seinen früheren Untersu-
chungen bei. Nach v. Bär (l. c. S. 52. bei Burdach S. 282.)
theilt sich der truncus arteriosus am dritten Tage der Bebrü-
tung in vier Paar Kiemengefäſse, von denen der am hinteren
Rande der Mundöffnung verlaufende der stärkste, der unterste
aber so schwach ist, daſs er nur farbloses Blut aufnimmt. So
scheint es auch Rathke nach späteren Beobachtungen (Nov. Act.
Acad. N. C. XIV.
Abth. 1. S. 166.) gesehen zu haben. — Allein
der unterste Ast ist ein neuer und entsteht erst im Laufe des
dritten Tages. Die weiteren Metamorphosen dieser Kiemenge-
fäſse sind nicht ganz leicht zu beobachten und daher verschieden
angegeben worden. Nach Huschke (Isis 1827. S. 402.) schickt
am vierten oder vielleicht schon am dritten Tage das oberste
Kiemengefäſs an seinem hinteren Ende einen Ast, die Carotis,
nach dem Kopfe. Zwischen dem fünften und sechsten Tage aber
verschwindet das hintere linke, dem Herzen zunächst abgehende
Kiemengefäſs gänzlich, während das rechte bleibt, nur seinen
Verbindungszweig mit den übrigen Querästen verliert und zuletzt
die rechte Arteria pulmonalis darstellt. Die linke Arteria pul-
monalis
dagegen bildet sich aus der übrig gebliebenen zweiten
Kiemenarterie. Das zweite rechte Kiemengefäſs wird zur Aorta,
verliert bloſs die Verbindungszweige mit den benachbarten Kie-
mengefäſsen und diese metamorphosiren sich hierdurch zu den
Anonymis. Unterdeſs wird der aufsteigende Stamm der Aorta
verkürzt. Das rechte dritte und das linke zweite Kiemengefäſs
verbinden sich zu dem gemeinschaftlichen Stamme der Arteria
pulmonalis
und rücken an das rechte Herz, während die beiden
vorderen Kiemengefäſse als Anonymae sich mit dem zweiten
rechten verbunden haben, das als Aorta in das linke Herz ein-
tritt. — Nach Rathke (Isis 1828. S. 83.) verschmelzen das linke
vordere und das rechte hintere Kiemengefäſs in ihrem Vorsprunge
zu einem einfachen Stamme, der sich in den rechten Ventrikel
mündet. Das linke vordere Gefäſs entspringt allein aus dem
linken Ventrikel und wird, indem es sich erweitert, zur Aorta
pectoralis
. Aus jedem der beiden übrig gebliebenen Gefäſse ent-
steht ein besonderer in die Lunge sich einsenkender Gefäſszweig,
der sich mit dieser immer mehr vergröſsert. Der obere Theil
dieses Gefäſses tritt nun im Laufe der Entwickelung in die Be-
deutung des ductus arteriosus Botalli. Huschke (Isis 1828. S.

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[307/0335] Entstehung des Blutes und der Blutgefäſse. auch Rathke (Isis 1828. S. 83.) nach seinen früheren Untersu- chungen bei. Nach v. Bär (l. c. S. 52. bei Burdach S. 282.) theilt sich der truncus arteriosus am dritten Tage der Bebrü- tung in vier Paar Kiemengefäſse, von denen der am hinteren Rande der Mundöffnung verlaufende der stärkste, der unterste aber so schwach ist, daſs er nur farbloses Blut aufnimmt. So scheint es auch Rathke nach späteren Beobachtungen (Nov. Act. Acad. N. C. XIV. Abth. 1. S. 166.) gesehen zu haben. — Allein der unterste Ast ist ein neuer und entsteht erst im Laufe des dritten Tages. Die weiteren Metamorphosen dieser Kiemenge- fäſse sind nicht ganz leicht zu beobachten und daher verschieden angegeben worden. Nach Huschke (Isis 1827. S. 402.) schickt am vierten oder vielleicht schon am dritten Tage das oberste Kiemengefäſs an seinem hinteren Ende einen Ast, die Carotis, nach dem Kopfe. Zwischen dem fünften und sechsten Tage aber verschwindet das hintere linke, dem Herzen zunächst abgehende Kiemengefäſs gänzlich, während das rechte bleibt, nur seinen Verbindungszweig mit den übrigen Querästen verliert und zuletzt die rechte Arteria pulmonalis darstellt. Die linke Arteria pul- monalis dagegen bildet sich aus der übrig gebliebenen zweiten Kiemenarterie. Das zweite rechte Kiemengefäſs wird zur Aorta, verliert bloſs die Verbindungszweige mit den benachbarten Kie- mengefäſsen und diese metamorphosiren sich hierdurch zu den Anonymis. Unterdeſs wird der aufsteigende Stamm der Aorta verkürzt. Das rechte dritte und das linke zweite Kiemengefäſs verbinden sich zu dem gemeinschaftlichen Stamme der Arteria pulmonalis und rücken an das rechte Herz, während die beiden vorderen Kiemengefäſse als Anonymae sich mit dem zweiten rechten verbunden haben, das als Aorta in das linke Herz ein- tritt. — Nach Rathke (Isis 1828. S. 83.) verschmelzen das linke vordere und das rechte hintere Kiemengefäſs in ihrem Vorsprunge zu einem einfachen Stamme, der sich in den rechten Ventrikel mündet. Das linke vordere Gefäſs entspringt allein aus dem linken Ventrikel und wird, indem es sich erweitert, zur Aorta pectoralis. Aus jedem der beiden übrig gebliebenen Gefäſse ent- steht ein besonderer in die Lunge sich einsenkender Gefäſszweig, der sich mit dieser immer mehr vergröſsert. Der obere Theil dieses Gefäſses tritt nun im Laufe der Entwickelung in die Be- deutung des ductus arteriosus Botalli. Huschke (Isis 1828. S. 20*

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/335>, abgerufen am 09.05.2024.