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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
Albinus schon wusste, selbst im Fötus und zwar von dem fünften bis
sechsten Monate an, ist also nicht blosse Folge des mechanischen
Druckes an diesen Theilen. Nach v. Bärs Angabe häutet sich
der Embryo (s. Frorieps Notizen 1831. August. S. 149.) mehrere
Male, wobei die wahre Epidermis jedoch nur ein Mal abgeworfen
wird. Er nimmt folgenden dreifachen Häutungsprozess an: 1. die
Häutung der Dotterhaut, 2. die der serösen Hülle und 3. die der
Oberhaut selbst. Breschet (sur l'oeuf humain in Bd. II. der
Mem. de l'acad. roy. de medicine. p. 96. und in den Anmer-
kungen zur Uebersetzung des Bärschen Aufsatzes in den Ann.
des sc. nat. Janv
. 1833. p. 10. 11.) behauptet, dass die Häutung
des Embryo überhaupt nur das Amnion (wahrscheinlich die se-
röse Hülle) treffe. Die von v. Bär an Säugethierembryonen, vor-
züglich Schweinen, gemachten Erfahrungen können wir auch aus
dem Menschen bestätigen.

Die Hautdrüsen bilden sich nach meinen Beobachtungen
auf eine den Haaren gerade entgegengesetzte Weise, d. h. von
aussen nach innen, während diese von innen nach aussen hervor-
keimen. Sie entstehen in der Mitte oder gegen Ende des vier-
ten Monates wahrscheinlich zuerst als runde Gruben, welche an-
fangs eine völlig conische Höhlung zu haben scheinen. Sie sind
dann viel häufiger, als die rudimentären Haarkeime der lanugo,
jedoch nicht minder spiralig geordnet, und finden sich an jeder
Stelle des Körpers. Nur an der Handfläche und Fusssohle schei-
nen sie in geringerer Zahl vorhanden zu seyn. Ob die Säckchen
an denen ich übrigens keinen Unterschied von den übrigen wahr-
nehmen konnte, hier zugleich die Anfänge der Spiralfäden sind, wage
ich nicht zu entscheiden. Am Rücken fand ich den Durchmesser der
Oberfläche jener Grübchen 0,000814 P. Z. Sie wachsen nun ziem-
lich rasch in die Tiefe, erweitern sich meistens etwas nach un-
ten und verästeln sich oft, wie sie bei Erwachsenen in der Ge-
gend der Nymphen oft vorkommen (vgl. A. Wendt de epider-
mide humana
. 1833. 4. fig. 6), doch nie mit so zahlreichen Ra-
mificationen. Im achten Monate fand ich ihren mittleren Breiten-
durchmesser an der Basis 0,001623 P. Z., an der Spitze 0,001165
P. Z. und ihre Länge von 0,007296 P. Z. bis 0,012167 P. Z.,
während E. H. Weber (Meck. Arch. 1827. S. 206.) bei dem Neu-
geborenen den Querdurchmesser 0,005000 P. Z. und die Länge

Von dem Embryo.
Albinus schon wuſste, selbst im Fötus und zwar von dem fünften bis
sechsten Monate an, ist also nicht bloſse Folge des mechanischen
Druckes an diesen Theilen. Nach v. Bärs Angabe häutet sich
der Embryo (s. Frorieps Notizen 1831. August. S. 149.) mehrere
Male, wobei die wahre Epidermis jedoch nur ein Mal abgeworfen
wird. Er nimmt folgenden dreifachen Häutungsprozeſs an: 1. die
Häutung der Dotterhaut, 2. die der serösen Hülle und 3. die der
Oberhaut selbst. Breschet (sur l’oeuf humain in Bd. II. der
Mem. de l’acad. roy. de medicine. p. 96. und in den Anmer-
kungen zur Uebersetzung des Bärschen Aufsatzes in den Ann.
des sc. nat. Janv
. 1833. p. 10. 11.) behauptet, daſs die Häutung
des Embryo überhaupt nur das Amnion (wahrscheinlich die se-
röse Hülle) treffe. Die von v. Bär an Säugethierembryonen, vor-
züglich Schweinen, gemachten Erfahrungen können wir auch aus
dem Menschen bestätigen.

Die Hautdrüsen bilden sich nach meinen Beobachtungen
auf eine den Haaren gerade entgegengesetzte Weise, d. h. von
auſsen nach innen, während diese von innen nach auſsen hervor-
keimen. Sie entstehen in der Mitte oder gegen Ende des vier-
ten Monates wahrscheinlich zuerst als runde Gruben, welche an-
fangs eine völlig conische Höhlung zu haben scheinen. Sie sind
dann viel häufiger, als die rudimentären Haarkeime der lanugo,
jedoch nicht minder spiralig geordnet, und finden sich an jeder
Stelle des Körpers. Nur an der Handfläche und Fuſssohle schei-
nen sie in geringerer Zahl vorhanden zu seyn. Ob die Säckchen
an denen ich übrigens keinen Unterschied von den übrigen wahr-
nehmen konnte, hier zugleich die Anfänge der Spiralfäden sind, wage
ich nicht zu entscheiden. Am Rücken fand ich den Durchmesser der
Oberfläche jener Grübchen 0,000814 P. Z. Sie wachsen nun ziem-
lich rasch in die Tiefe, erweitern sich meistens etwas nach un-
ten und verästeln sich oft, wie sie bei Erwachsenen in der Ge-
gend der Nymphen oft vorkommen (vgl. A. Wendt de epider-
mide humana
. 1833. 4. fig. 6), doch nie mit so zahlreichen Ra-
mificationen. Im achten Monate fand ich ihren mittleren Breiten-
durchmesser an der Basis 0,001623 P. Z., an der Spitze 0,001165
P. Z. und ihre Länge von 0,007296 P. Z. bis 0,012167 P. Z.,
während E. H. Weber (Meck. Arch. 1827. S. 206.) bei dem Neu-
geborenen den Querdurchmesser 0,005000 P. Z. und die Länge

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[274/0302] Von dem Embryo. Albinus schon wuſste, selbst im Fötus und zwar von dem fünften bis sechsten Monate an, ist also nicht bloſse Folge des mechanischen Druckes an diesen Theilen. Nach v. Bärs Angabe häutet sich der Embryo (s. Frorieps Notizen 1831. August. S. 149.) mehrere Male, wobei die wahre Epidermis jedoch nur ein Mal abgeworfen wird. Er nimmt folgenden dreifachen Häutungsprozeſs an: 1. die Häutung der Dotterhaut, 2. die der serösen Hülle und 3. die der Oberhaut selbst. Breschet (sur l’oeuf humain in Bd. II. der Mem. de l’acad. roy. de medicine. p. 96. und in den Anmer- kungen zur Uebersetzung des Bärschen Aufsatzes in den Ann. des sc. nat. Janv. 1833. p. 10. 11.) behauptet, daſs die Häutung des Embryo überhaupt nur das Amnion (wahrscheinlich die se- röse Hülle) treffe. Die von v. Bär an Säugethierembryonen, vor- züglich Schweinen, gemachten Erfahrungen können wir auch aus dem Menschen bestätigen. Die Hautdrüsen bilden sich nach meinen Beobachtungen auf eine den Haaren gerade entgegengesetzte Weise, d. h. von auſsen nach innen, während diese von innen nach auſsen hervor- keimen. Sie entstehen in der Mitte oder gegen Ende des vier- ten Monates wahrscheinlich zuerst als runde Gruben, welche an- fangs eine völlig conische Höhlung zu haben scheinen. Sie sind dann viel häufiger, als die rudimentären Haarkeime der lanugo, jedoch nicht minder spiralig geordnet, und finden sich an jeder Stelle des Körpers. Nur an der Handfläche und Fuſssohle schei- nen sie in geringerer Zahl vorhanden zu seyn. Ob die Säckchen an denen ich übrigens keinen Unterschied von den übrigen wahr- nehmen konnte, hier zugleich die Anfänge der Spiralfäden sind, wage ich nicht zu entscheiden. Am Rücken fand ich den Durchmesser der Oberfläche jener Grübchen 0,000814 P. Z. Sie wachsen nun ziem- lich rasch in die Tiefe, erweitern sich meistens etwas nach un- ten und verästeln sich oft, wie sie bei Erwachsenen in der Ge- gend der Nymphen oft vorkommen (vgl. A. Wendt de epider- mide humana. 1833. 4. fig. 6), doch nie mit so zahlreichen Ra- mificationen. Im achten Monate fand ich ihren mittleren Breiten- durchmesser an der Basis 0,001623 P. Z., an der Spitze 0,001165 P. Z. und ihre Länge von 0,007296 P. Z. bis 0,012167 P. Z., während E. H. Weber (Meck. Arch. 1827. S. 206.) bei dem Neu- geborenen den Querdurchmesser 0,005000 P. Z. und die Länge

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/302>, abgerufen am 08.05.2024.