Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Embryo.
bis siebente Woche. Rudimente des knorpeligen Beckengerüstes
finden sich zwar schon um dieselbe Zeit schwach angedeutet,
doch wenigstens nach Senffs Abbildungen zu schliessen, in einer
der Folgezeit ähnlichen Form, kaum vor der achten bis zehnten
Woche. In dieser kann man schon die vier Haupttheile, das
künftige Os ilei, pubis, ischii und das acetabulum von einan-
der unterscheiden. Die Knorpelgrundlage der Extremitäten selbst
ist am Ende des zweiten Monates, so weit die Extremität da ist,
deutlich gebildet. Die Verknöcherung geht aber nach folgenden
Momenten vor sich:

1. Das Schlüsselbein. -- Die sehr frühzeitige Verknöcherung
der Clavikel ist allgemein bekannt. So will sie Kerkring (l. c.
p. 250.) in der sechsten Woche schon vollendet gesehen haben.
Nesbitt (l. c. S. 74.) setzt den Anfang dieses Actes in die erste
Zeit des zweiten Monates, Senff (l. c. p. 61.) in die achte und
Ritgen (l. c. S. 241.) in die fünfte Woche. Nach Nicolai (l. c.
S. 11.) ist sie am Ende des zweiten Monates 11/4 -- 11/2 Linie lang.
Die Verknöcherung beginnt in der Mitte und der kleine, längliche
Knochen verdickt sich bald etwas an seinen Extremitäten. Seine
Länge ist in der frühesten Zeit überaus gross und übertrifft nach
Meckel (s. E. H. Weber l. c. S. 200.) im zweiten Monate die
des Oberschenkels um das Vierfache. Späterhin gleicht sich das
Verhältniss aus, indem am Ende des dritten Monates beide schon
gleich lang gefunden werden. In der eilften Woche ist er schon
seiner Continuität nach verknöchert. Der Sternaltheil soll bis
zur gänzlichen Ausbildung des Skelettes nach der Geburt nach
Sömmerings Angabe (l. c. p. 312.) eine Epiphyse bleiben. Vgl.
Kerkring p. 250. 251., Nesbitt S. 74., Sömmering p. 311. 312.,
Danz S. 232., Senff p. 60. 62., Beclard S. 435. 436., Meckel S.
199., Nicolai S. 11. 14. fgg., E. H. Weber S. 200., Burdach S.
470., Ritgen S. 240 -- 242.

2. Das Schulterblatt. -- Die knorpelige Grundlage der sca-
pula
bildet sich gleichzeitig mit dem Schlüsselbeine; die Verknö-
cherung tritt aber bei diesem viel früher ein, als bei jenem. Den
ersten Act derselben, so wie die scheinbare Fortsetzung des Grund-
knorpels erzählt Kerkring (l. c. p. 251.) mit folgenden Worten:
"Ac primum de tota scapulae massa (dicendum est), quae
secundo mense adhuc informis quaedam ac rotunda carti-
lago est, puncto albo in medio notata, quod indicat ossifi-

Von dem Embryo.
bis siebente Woche. Rudimente des knorpeligen Beckengerüstes
finden sich zwar schon um dieselbe Zeit schwach angedeutet,
doch wenigstens nach Senffs Abbildungen zu schlieſsen, in einer
der Folgezeit ähnlichen Form, kaum vor der achten bis zehnten
Woche. In dieser kann man schon die vier Haupttheile, das
künftige Os ilei, pubis, ischii und das acetabulum von einan-
der unterscheiden. Die Knorpelgrundlage der Extremitäten selbst
ist am Ende des zweiten Monates, so weit die Extremität da ist,
deutlich gebildet. Die Verknöcherung geht aber nach folgenden
Momenten vor sich:

1. Das Schlüsselbein. — Die sehr frühzeitige Verknöcherung
der Clavikel ist allgemein bekannt. So will sie Kerkring (l. c.
p. 250.) in der sechsten Woche schon vollendet gesehen haben.
Nesbitt (l. c. S. 74.) setzt den Anfang dieses Actes in die erste
Zeit des zweiten Monates, Senff (l. c. p. 61.) in die achte und
Ritgen (l. c. S. 241.) in die fünfte Woche. Nach Nicolai (l. c.
S. 11.) ist sie am Ende des zweiten Monates 1¼ — 1½ Linie lang.
Die Verknöcherung beginnt in der Mitte und der kleine, längliche
Knochen verdickt sich bald etwas an seinen Extremitäten. Seine
Länge ist in der frühesten Zeit überaus groſs und übertrifft nach
Meckel (s. E. H. Weber l. c. S. 200.) im zweiten Monate die
des Oberschenkels um das Vierfache. Späterhin gleicht sich das
Verhältniſs aus, indem am Ende des dritten Monates beide schon
gleich lang gefunden werden. In der eilften Woche ist er schon
seiner Continuität nach verknöchert. Der Sternaltheil soll bis
zur gänzlichen Ausbildung des Skelettes nach der Geburt nach
Sömmerings Angabe (l. c. p. 312.) eine Epiphyse bleiben. Vgl.
Kerkring p. 250. 251., Nesbitt S. 74., Sömmering p. 311. 312.,
Danz S. 232., Senff p. 60. 62., Bèclard S. 435. 436., Meckel S.
199., Nicolai S. 11. 14. fgg., E. H. Weber S. 200., Burdach S.
470., Ritgen S. 240 — 242.

2. Das Schulterblatt. — Die knorpelige Grundlage der sca-
pula
bildet sich gleichzeitig mit dem Schlüsselbeine; die Verknö-
cherung tritt aber bei diesem viel früher ein, als bei jenem. Den
ersten Act derselben, so wie die scheinbare Fortsetzung des Grund-
knorpels erzählt Kerkring (l. c. p. 251.) mit folgenden Worten:
Ac primum de tota scapulae massa (dicendum est), quae
secundo mense adhuc informis quaedam ac rotunda carti-
lago est, puncto albo in medio notata, quod indicat ossifi-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0278" n="250"/><fw place="top" type="header">Von dem Embryo.</fw><lb/>
bis siebente Woche. Rudimente des knorpeligen Beckengerüstes<lb/>
finden sich zwar schon um dieselbe Zeit schwach angedeutet,<lb/>
doch wenigstens nach Senffs Abbildungen zu schlie&#x017F;sen, in einer<lb/>
der Folgezeit ähnlichen Form, kaum vor der achten bis zehnten<lb/>
Woche. In dieser kann man schon die vier Haupttheile, das<lb/>
künftige <hi rendition="#i">Os ilei, pubis, ischii</hi> und das <hi rendition="#i">acetabulum</hi> von einan-<lb/>
der unterscheiden. Die Knorpelgrundlage der Extremitäten selbst<lb/>
ist am Ende des zweiten Monates, so weit die Extremität da ist,<lb/>
deutlich gebildet. Die Verknöcherung geht aber nach folgenden<lb/>
Momenten vor sich:</p><lb/>
              <p>1. Das Schlüsselbein. &#x2014; Die sehr frühzeitige Verknöcherung<lb/>
der Clavikel ist allgemein bekannt. So will sie Kerkring (l. c.<lb/>
p. 250.) in der sechsten Woche schon vollendet gesehen haben.<lb/>
Nesbitt (l. c. S. 74.) setzt den Anfang dieses Actes in die erste<lb/>
Zeit des zweiten Monates, Senff (l. c. p. 61.) in die achte und<lb/>
Ritgen (l. c. S. 241.) in die fünfte Woche. Nach Nicolai (l. c.<lb/>
S. 11.) ist sie am Ende des zweiten Monates 1¼ &#x2014; 1½ Linie lang.<lb/>
Die Verknöcherung beginnt in der Mitte und der kleine, längliche<lb/>
Knochen verdickt sich bald etwas an seinen Extremitäten. Seine<lb/>
Länge ist in der frühesten Zeit überaus gro&#x017F;s und übertrifft nach<lb/>
Meckel (s. E. H. Weber l. c. S. 200.) im zweiten Monate die<lb/>
des Oberschenkels um das Vierfache. Späterhin gleicht sich das<lb/>
Verhältni&#x017F;s aus, indem am Ende des dritten Monates beide schon<lb/>
gleich lang gefunden werden. In der eilften Woche ist er schon<lb/>
seiner Continuität nach verknöchert. Der Sternaltheil soll bis<lb/>
zur gänzlichen Ausbildung des Skelettes nach der Geburt nach<lb/>
Sömmerings Angabe (l. c. p. 312.) eine Epiphyse bleiben. Vgl.<lb/>
Kerkring p. 250. 251., Nesbitt S. 74., Sömmering p. 311. 312.,<lb/>
Danz S. 232., Senff p. 60. 62., Bèclard S. 435. 436., Meckel S.<lb/>
199., Nicolai S. 11. 14. fgg., E. H. Weber S. 200., Burdach S.<lb/>
470., Ritgen S. 240 &#x2014; 242.</p><lb/>
              <p>2. Das Schulterblatt. &#x2014; Die knorpelige Grundlage der <hi rendition="#i">sca-<lb/>
pula</hi> bildet sich gleichzeitig mit dem Schlüsselbeine; die Verknö-<lb/>
cherung tritt aber bei diesem viel früher ein, als bei jenem. Den<lb/>
ersten Act derselben, so wie die scheinbare Fortsetzung des Grund-<lb/>
knorpels erzählt Kerkring (l. c. p. 251.) mit folgenden Worten:<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#i">Ac primum de tota scapulae massa (dicendum est), quae<lb/>
secundo mense adhuc informis quaedam ac rotunda carti-<lb/>
lago est, puncto albo in medio notata, quod indicat ossifi-</hi><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0278] Von dem Embryo. bis siebente Woche. Rudimente des knorpeligen Beckengerüstes finden sich zwar schon um dieselbe Zeit schwach angedeutet, doch wenigstens nach Senffs Abbildungen zu schlieſsen, in einer der Folgezeit ähnlichen Form, kaum vor der achten bis zehnten Woche. In dieser kann man schon die vier Haupttheile, das künftige Os ilei, pubis, ischii und das acetabulum von einan- der unterscheiden. Die Knorpelgrundlage der Extremitäten selbst ist am Ende des zweiten Monates, so weit die Extremität da ist, deutlich gebildet. Die Verknöcherung geht aber nach folgenden Momenten vor sich: 1. Das Schlüsselbein. — Die sehr frühzeitige Verknöcherung der Clavikel ist allgemein bekannt. So will sie Kerkring (l. c. p. 250.) in der sechsten Woche schon vollendet gesehen haben. Nesbitt (l. c. S. 74.) setzt den Anfang dieses Actes in die erste Zeit des zweiten Monates, Senff (l. c. p. 61.) in die achte und Ritgen (l. c. S. 241.) in die fünfte Woche. Nach Nicolai (l. c. S. 11.) ist sie am Ende des zweiten Monates 1¼ — 1½ Linie lang. Die Verknöcherung beginnt in der Mitte und der kleine, längliche Knochen verdickt sich bald etwas an seinen Extremitäten. Seine Länge ist in der frühesten Zeit überaus groſs und übertrifft nach Meckel (s. E. H. Weber l. c. S. 200.) im zweiten Monate die des Oberschenkels um das Vierfache. Späterhin gleicht sich das Verhältniſs aus, indem am Ende des dritten Monates beide schon gleich lang gefunden werden. In der eilften Woche ist er schon seiner Continuität nach verknöchert. Der Sternaltheil soll bis zur gänzlichen Ausbildung des Skelettes nach der Geburt nach Sömmerings Angabe (l. c. p. 312.) eine Epiphyse bleiben. Vgl. Kerkring p. 250. 251., Nesbitt S. 74., Sömmering p. 311. 312., Danz S. 232., Senff p. 60. 62., Bèclard S. 435. 436., Meckel S. 199., Nicolai S. 11. 14. fgg., E. H. Weber S. 200., Burdach S. 470., Ritgen S. 240 — 242. 2. Das Schulterblatt. — Die knorpelige Grundlage der sca- pula bildet sich gleichzeitig mit dem Schlüsselbeine; die Verknö- cherung tritt aber bei diesem viel früher ein, als bei jenem. Den ersten Act derselben, so wie die scheinbare Fortsetzung des Grund- knorpels erzählt Kerkring (l. c. p. 251.) mit folgenden Worten: „Ac primum de tota scapulae massa (dicendum est), quae secundo mense adhuc informis quaedam ac rotunda carti- lago est, puncto albo in medio notata, quod indicat ossifi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/278
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/278>, abgerufen am 09.05.2024.