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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Gehirn und Rückenmark.
seichte Einschnitte, in welche Falten der Gefässhaut sich einsen-
ken. Da die harte Hirnhaut in dieser frühen Zeit fest mit der
weichen Hirnmasse zusammenhängt, so bedarf es der grössten Vor-
sicht bei der Trennung beider, um die ersten Spuren der sulci
und gyri wahrzunehmen. Sie entstehen einzeln als schmale
Einschnitte, sind zuerst ohne unmittelbaren Zusammenhang mit
einander und liegen daher bis zum Anfange oder der Mitte des
vierten Monates auf der Oberfläche der Hemisphären wie zer-
streut. Bis zum siebenten Monate nehmen sie wenig, später aber
mehr und rascher zu, so dass sie im achten, spätestens zu An-
fange des neunten Monates ihre völlige Ausbildung haben. Ob die
primär gebildeten sulci wieder verwachsen und dann neue entste-
hen, wie J. Fr. Meckel (Arch. I. p. 400.) will, oder nicht muss ich
dahin gestellt seyn lassen. Jedenfalls aber hat Almas (Paulus
Balogh de F. Almas de evolutione et vita encephali
. 1823.
8. p. 81.) Unrecht, wenn er behauptet, dass dieses aller Analogie
widerstreitet, da z. B. an den Nieren dasselbe Phänomen her-
vortritt. -- Mit dem Beginne des dritten Monates wird der An-
satz soliderer Masse in der Mittellinie der vorderen Hirnblase
unterhalb der Einfurchung derselben stärker, und so zeigt sich am
Ende desselben Monates eine noch verhältnissmässig schmale Com-
missur, welche in diesem noch weniger ausgebildeten Zustande ge-
raume Zeit stehen bleibt und, ohne bedeutend grösser oder dik-
ker zu werden, mit den Hemisphären sich verlängert, bis sie im
siebenten Monate auch die dritte Hirnhöhle vollkommen deckt.
Sie documentirt sich aber schon früher durch ihre erkennbare
Querfaserung als Fortsetzung und seitliche Umbiegung des vorde-
ren Endes der Hirnschenkel, als Balken (Tiedemann S. 155. 156.).
Das Gewölbe bildet sich nach Burdach (Physiol. II. S. 431.)
gleichzeitig, nach Tiedemann (l. c. 163.) und meinen Untersuchun-
gen etwas später als der Balken (Ende des dritten Monates). Zu-
erst erscheinen zwei kleine schmale Leisten (crura fornicis an-
terioria
nach Tiedemann), welche später an einander stossen und
verwachsen. Die Scheidewand zeigt sich im dritten Monate an
ihrem untersten Theile zuerst (Tiedemann l. c. S. 165.); ihre
Marklamellen bilden sich dagegen erst im fünften Monate voll-
kommen aus (Burdach Physiol. II. S. 432.) und folgen überhaupt
der Entwickelung und mehr horizontalen Lagerung des fornix.
Die Entstehung einer geschlossenen Höhle (des Ventrikels) in den-

Gehirn und Rückenmark.
seichte Einschnitte, in welche Falten der Gefäſshaut sich einsen-
ken. Da die harte Hirnhaut in dieser frühen Zeit fest mit der
weichen Hirnmasse zusammenhängt, so bedarf es der gröſsten Vor-
sicht bei der Trennung beider, um die ersten Spuren der sulci
und gyri wahrzunehmen. Sie entstehen einzeln als schmale
Einschnitte, sind zuerst ohne unmittelbaren Zusammenhang mit
einander und liegen daher bis zum Anfange oder der Mitte des
vierten Monates auf der Oberfläche der Hemisphären wie zer-
streut. Bis zum siebenten Monate nehmen sie wenig, später aber
mehr und rascher zu, so daſs sie im achten, spätestens zu An-
fange des neunten Monates ihre völlige Ausbildung haben. Ob die
primär gebildeten sulci wieder verwachsen und dann neue entste-
hen, wie J. Fr. Meckel (Arch. I. p. 400.) will, oder nicht muſs ich
dahin gestellt seyn lassen. Jedenfalls aber hat Almás (Paulus
Balogh de F. Almás de evolutione et vita encephali
. 1823.
8. p. 81.) Unrecht, wenn er behauptet, daſs dieses aller Analogie
widerstreitet, da z. B. an den Nieren dasselbe Phänomen her-
vortritt. — Mit dem Beginne des dritten Monates wird der An-
satz soliderer Masse in der Mittellinie der vorderen Hirnblase
unterhalb der Einfurchung derselben stärker, und so zeigt sich am
Ende desselben Monates eine noch verhältniſsmäſsig schmale Com-
missur, welche in diesem noch weniger ausgebildeten Zustande ge-
raume Zeit stehen bleibt und, ohne bedeutend gröſser oder dik-
ker zu werden, mit den Hemisphären sich verlängert, bis sie im
siebenten Monate auch die dritte Hirnhöhle vollkommen deckt.
Sie documentirt sich aber schon früher durch ihre erkennbare
Querfaserung als Fortsetzung und seitliche Umbiegung des vorde-
ren Endes der Hirnschenkel, als Balken (Tiedemann S. 155. 156.).
Das Gewölbe bildet sich nach Burdach (Physiol. II. S. 431.)
gleichzeitig, nach Tiedemann (l. c. 163.) und meinen Untersuchun-
gen etwas später als der Balken (Ende des dritten Monates). Zu-
erst erscheinen zwei kleine schmale Leisten (crura fornicis an-
terioria
nach Tiedemann), welche später an einander stoſsen und
verwachsen. Die Scheidewand zeigt sich im dritten Monate an
ihrem untersten Theile zuerst (Tiedemann l. c. S. 165.); ihre
Marklamellen bilden sich dagegen erst im fünften Monate voll-
kommen aus (Burdach Physiol. II. S. 432.) und folgen überhaupt
der Entwickelung und mehr horizontalen Lagerung des fornix.
Die Entstehung einer geschlossenen Höhle (des Ventrikels) in den-

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[167/0195] Gehirn und Rückenmark. seichte Einschnitte, in welche Falten der Gefäſshaut sich einsen- ken. Da die harte Hirnhaut in dieser frühen Zeit fest mit der weichen Hirnmasse zusammenhängt, so bedarf es der gröſsten Vor- sicht bei der Trennung beider, um die ersten Spuren der sulci und gyri wahrzunehmen. Sie entstehen einzeln als schmale Einschnitte, sind zuerst ohne unmittelbaren Zusammenhang mit einander und liegen daher bis zum Anfange oder der Mitte des vierten Monates auf der Oberfläche der Hemisphären wie zer- streut. Bis zum siebenten Monate nehmen sie wenig, später aber mehr und rascher zu, so daſs sie im achten, spätestens zu An- fange des neunten Monates ihre völlige Ausbildung haben. Ob die primär gebildeten sulci wieder verwachsen und dann neue entste- hen, wie J. Fr. Meckel (Arch. I. p. 400.) will, oder nicht muſs ich dahin gestellt seyn lassen. Jedenfalls aber hat Almás (Paulus Balogh de F. Almás de evolutione et vita encephali. 1823. 8. p. 81.) Unrecht, wenn er behauptet, daſs dieses aller Analogie widerstreitet, da z. B. an den Nieren dasselbe Phänomen her- vortritt. — Mit dem Beginne des dritten Monates wird der An- satz soliderer Masse in der Mittellinie der vorderen Hirnblase unterhalb der Einfurchung derselben stärker, und so zeigt sich am Ende desselben Monates eine noch verhältniſsmäſsig schmale Com- missur, welche in diesem noch weniger ausgebildeten Zustande ge- raume Zeit stehen bleibt und, ohne bedeutend gröſser oder dik- ker zu werden, mit den Hemisphären sich verlängert, bis sie im siebenten Monate auch die dritte Hirnhöhle vollkommen deckt. Sie documentirt sich aber schon früher durch ihre erkennbare Querfaserung als Fortsetzung und seitliche Umbiegung des vorde- ren Endes der Hirnschenkel, als Balken (Tiedemann S. 155. 156.). Das Gewölbe bildet sich nach Burdach (Physiol. II. S. 431.) gleichzeitig, nach Tiedemann (l. c. 163.) und meinen Untersuchun- gen etwas später als der Balken (Ende des dritten Monates). Zu- erst erscheinen zwei kleine schmale Leisten (crura fornicis an- terioria nach Tiedemann), welche später an einander stoſsen und verwachsen. Die Scheidewand zeigt sich im dritten Monate an ihrem untersten Theile zuerst (Tiedemann l. c. S. 165.); ihre Marklamellen bilden sich dagegen erst im fünften Monate voll- kommen aus (Burdach Physiol. II. S. 432.) und folgen überhaupt der Entwickelung und mehr horizontalen Lagerung des fornix. Die Entstehung einer geschlossenen Höhle (des Ventrikels) in den-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/195>, abgerufen am 24.11.2024.