Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Briefe. Macht schon ein ziemlich Kleid nach Londons neustemSchnitte: Dem Kleide fehlt nur eins! der Britte. Was hilft ein fremder Schmuck, der, im Gebrauch be- fleckt, Nur klappernde Gerippe deckt, Die nach des Grabes Moder riechen? Wie oft verbirgt in wilder Pracht Des Ausdrucks unerhellte Nacht Gedanken, die im Staube kriechen! Die deutsche Dichtkunst weicht von weisrer Alten Spur: Der gründliche Geschmack an Wahrheit und Natur, Der Wohlklang in gesunden Ohren, Die Sprache selber geht verlohren, Da alle Scham verlohren geht: (++) Ein Deutscher ist gelehrt, wenn er solch Deutsch verstehr. Unter diesen Reden hatte sich das Getümmel im Tempel Jch (++) Nous sommes cinq ou six Novateurs hardis qui
avons entrepris de changer la langue du blanc au noir. Et nous en viendrons a bout, s'il plait a Dieu, en depit de Lope de Vega, de Cervantes & de tous les autres beaux esprits qui nous chicannent sur nos nouvelles facons de parler. Avantures de Gil Blas L. VII. c. 13. Briefe. Macht ſchon ein ziemlich Kleid nach Londons neuſtemSchnitte: Dem Kleide fehlt nur eins! der Britte. Was hilft ein fremder Schmuck, der, im Gebrauch be- fleckt, Nur klappernde Gerippe deckt, Die nach des Grabes Moder riechen? Wie oft verbirgt in wilder Pracht Des Ausdrucks unerhellte Nacht Gedanken, die im Staube kriechen! Die deutſche Dichtkunſt weicht von weiſrer Alten Spur: Der gruͤndliche Geſchmack an Wahrheit und Natur, Der Wohlklang in geſunden Ohren, Die Sprache ſelber geht verlohren, Da alle Scham verlohren geht: (††) Ein Deutſcher iſt gelehrt, wenn er ſolch Deutſch verſtehr. Unter dieſen Reden hatte ſich das Getuͤmmel im Tempel Jch (††) Nous ſommes cinq ou ſix Novateurs hardis qui
avons entrepris de changer la langue du blanc au noir. Et nous en viendrons à bout, s’il plait à Dieu, en depit de Lope de Vega, de Cervantes & de tous les autres beaux eſprits qui nous chicannent ſur nos nouvelles façons de parler. Avantures de Gil Blas L. VII. c. 13. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0256" n="242"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Briefe.</hi> </fw><lb/> <l>Macht ſchon ein ziemlich Kleid nach Londons neuſtem</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Schnitte:</hi> </l><lb/> <l>Dem Kleide fehlt nur eins! der Britte.</l><lb/> <l>Was hilft ein fremder Schmuck, der, im Gebrauch be-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">fleckt,</hi> </l><lb/> <l>Nur klappernde Gerippe deckt,</l><lb/> <l>Die nach des Grabes Moder riechen?</l><lb/> <l>Wie oft verbirgt in wilder Pracht</l><lb/> <l>Des Ausdrucks unerhellte Nacht</l><lb/> <l>Gedanken, die im Staube kriechen!</l><lb/> <l>Die deutſche Dichtkunſt weicht von weiſrer Alten</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Spur:</hi> </l><lb/> <l>Der gruͤndliche Geſchmack an Wahrheit und Natur,</l><lb/> <l>Der Wohlklang in geſunden Ohren,</l><lb/> <l>Die Sprache ſelber geht verlohren,</l><lb/> <l>Da alle Scham verlohren geht:</l><lb/> <l> <note place="foot" n="(††)"> <hi rendition="#aq">Nous ſommes cinq ou ſix Novateurs hardis qui<lb/> avons entrepris de changer la langue du blanc au<lb/> noir. Et nous en viendrons à bout, s’il plait à<lb/> Dieu, en depit de Lope de Vega, de Cervantes &<lb/> de tous les autres beaux eſprits qui nous chicannent<lb/> ſur nos nouvelles façons de parler.<lb/><hi rendition="#et">Avantures de Gil Blas L. VII. c. 13.</hi></hi> </note> <hi rendition="#fr">Ein Deutſcher iſt gelehrt, wenn er ſolch</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">Deutſch verſtehr.</hi> </hi> </l> </lg><lb/> <p>Unter dieſen Reden hatte ſich das Getuͤmmel im Tempel<lb/> dermaſſen vermehret, daß meine Gefaͤhrtinn und ich ein-<lb/> ander nicht mehr verſtunden, und endlich von dem ein-<lb/> dringenden Schwarm ganz von einander geriſſen wurden.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [242/0256]
Briefe.
Macht ſchon ein ziemlich Kleid nach Londons neuſtem
Schnitte:
Dem Kleide fehlt nur eins! der Britte.
Was hilft ein fremder Schmuck, der, im Gebrauch be-
fleckt,
Nur klappernde Gerippe deckt,
Die nach des Grabes Moder riechen?
Wie oft verbirgt in wilder Pracht
Des Ausdrucks unerhellte Nacht
Gedanken, die im Staube kriechen!
Die deutſche Dichtkunſt weicht von weiſrer Alten
Spur:
Der gruͤndliche Geſchmack an Wahrheit und Natur,
Der Wohlklang in geſunden Ohren,
Die Sprache ſelber geht verlohren,
Da alle Scham verlohren geht:
(††) Ein Deutſcher iſt gelehrt, wenn er ſolch
Deutſch verſtehr.
Unter dieſen Reden hatte ſich das Getuͤmmel im Tempel
dermaſſen vermehret, daß meine Gefaͤhrtinn und ich ein-
ander nicht mehr verſtunden, und endlich von dem ein-
dringenden Schwarm ganz von einander geriſſen wurden.
Jch
(††) Nous ſommes cinq ou ſix Novateurs hardis qui
avons entrepris de changer la langue du blanc au
noir. Et nous en viendrons à bout, s’il plait à
Dieu, en depit de Lope de Vega, de Cervantes &
de tous les autres beaux eſprits qui nous chicannent
ſur nos nouvelles façons de parler.
Avantures de Gil Blas L. VII. c. 13.
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