Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Briefe. desselben Schaden gethan; aber der Misbrauch hebetniemals den wahren Gebrauch auf. Sie wissen die spar- tanische Policey-Ordnung, die einem jungen Ehemanne nicht erlaubte, bey seiner Gattinn anders, als in geheim und verstohlen, einzugehen. Wie? Sie gähnen bey dem Worte: Sparta, und erwarten eine alte Geschichte? Sie rufen wohl gar aus: O bleibt, ihr staubichten Pedanten! Jhr unerträglichen Citanten! Bey euern lieben Folianten: Was brauch ich den gelehrten Mist? Dürft ihr bey allen Lumpen-Dingen Nach Rom und Griechenland mich bey den Haaren zwingen, Da, was ihr sucht, in Deutschland ist? Wie? könnt ihr mich nicht überführen, Daß viele Hahnrey sind, als wenn ihr griechisch flucht, Und eure Fäuste Rom citiren? Kehrt immer erst vor euern Thüren: Jhr findet hier vielleicht, was ihr so ferne sucht. Machen Sie mich nicht böse! Jch möchte sonst Lust be- wieder P 2
Briefe. deſſelben Schaden gethan; aber der Misbrauch hebetniemals den wahren Gebrauch auf. Sie wiſſen die ſpar- taniſche Policey-Ordnung, die einem jungen Ehemanne nicht erlaubte, bey ſeiner Gattinn anders, als in geheim und verſtohlen, einzugehen. Wie? Sie gaͤhnen bey dem Worte: Sparta, und erwarten eine alte Geſchichte? Sie rufen wohl gar aus: O bleibt, ihr ſtaubichten Pedanten! Jhr unertraͤglichen Citanten! Bey euern lieben Folianten: Was brauch ich den gelehrten Miſt? Duͤrft ihr bey allen Lumpen-Dingen Nach Rom und Griechenland mich bey den Haaren zwingen, Da, was ihr ſucht, in Deutſchland iſt? Wie? koͤnnt ihr mich nicht uͤberfuͤhren, Daß viele Hahnrey ſind, als wenn ihr griechiſch flucht, Und eure Faͤuſte Rom citiren? Kehrt immer erſt vor euern Thuͤren: Jhr findet hier vielleicht, was ihr ſo ferne ſucht. Machen Sie mich nicht boͤſe! Jch moͤchte ſonſt Luſt be- wieder P 2
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Briefe.
deſſelben Schaden gethan; aber der Misbrauch hebet
niemals den wahren Gebrauch auf. Sie wiſſen die ſpar-
taniſche Policey-Ordnung, die einem jungen Ehemanne
nicht erlaubte, bey ſeiner Gattinn anders, als in geheim
und verſtohlen, einzugehen. Wie? Sie gaͤhnen bey dem
Worte: Sparta, und erwarten eine alte Geſchichte? Sie
rufen wohl gar aus:
O bleibt, ihr ſtaubichten Pedanten!
Jhr unertraͤglichen Citanten!
Bey euern lieben Folianten:
Was brauch ich den gelehrten Miſt?
Duͤrft ihr bey allen Lumpen-Dingen
Nach Rom und Griechenland mich bey den Haaren
zwingen,
Da, was ihr ſucht, in Deutſchland iſt?
Wie? koͤnnt ihr mich nicht uͤberfuͤhren,
Daß viele Hahnrey ſind, als wenn ihr griechiſch flucht,
Und eure Faͤuſte Rom citiren?
Kehrt immer erſt vor euern Thuͤren:
Jhr findet hier vielleicht, was ihr ſo ferne ſucht.
Machen Sie mich nicht boͤſe! Jch moͤchte ſonſt Luſt be-
kommen, Sie mit jenem Kutſcher zu vergleichen, der ſei-
nen gnaͤdigen Herrn vor einiger Zeit durch ein hieſiges
Amts-Dorf fuhr. Der Herr bemerkte daſelbſt ein an-
geſchlagenes Kayſerliches Patent; und erſterer ward ab-
geordnet, zu ſehen, was es waͤre. Er gieng hin. Das
erſte, was ihm in die Augen fiel, war in dem Kayſerli-
chen Titel das Wort: Jeruſalem. Sogleich gieng er
wieder
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Zitationshilfe: | Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/241>, abgerufen am 17.02.2025. |