Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Briefe. den, und ihre Stäte kennet man nicht mehr. Der zärt-liche Gesang verstummet, und statt dessen erschallen schwermüthige Klagen und Seufzer andrer Art, als die in den Armen der Wollust gehöret werden. Wie viele höre ich den Tag, da sie zu ihrer ewigen Sklaverey ein- geweihet worden, verwünschen, und wie wenige densel- ben seegnen! B * * und Booth sind unter diesen weni- gen. Denn wie man von Megären und Messalinen hört, so liest man auch von Pamelen und Amalien. Aber ich finde doch diesen Unterschied hiebey: die leztern kommen in den Romanen vor, die erstern sind hingegen wirklich, in dieser unsrer besten Welt wirklich gewesen; und mich dünket, dieser Unterschied sey beträchtlich. Les' ich Amaliens Geschichte, Die bey dem schönsten Angesichte Das beste Herz und mehr Verstand besaß, Als Booth, ihr Taugenichts, der sie so oft betrübte, So oft bey Metzen sie vergaß, Mit ihnen soff und fraß, Da ihn Amalia stets gleich, stets zärtlich liebte: So wallt mein schnell erregtes Blut; Jn einer Art von Wuth Vergeß ich Hymens wahres Wehe: Da seufz ich nach der Ehe. Doch übersieht mein ernster Blick Der Ehen trauriges Geschick; Wie
Briefe. den, und ihre Staͤte kennet man nicht mehr. Der zaͤrt-liche Geſang verſtummet, und ſtatt deſſen erſchallen ſchwermuͤthige Klagen und Seufzer andrer Art, als die in den Armen der Wolluſt gehoͤret werden. Wie viele hoͤre ich den Tag, da ſie zu ihrer ewigen Sklaverey ein- geweihet worden, verwuͤnſchen, und wie wenige denſel- ben ſeegnen! B * * und Booth ſind unter dieſen weni- gen. Denn wie man von Megaͤren und Meſſalinen hoͤrt, ſo lieſt man auch von Pamelen und Amalien. Aber ich finde doch dieſen Unterſchied hiebey: die leztern kommen in den Romanen vor, die erſtern ſind hingegen wirklich, in dieſer unſrer beſten Welt wirklich geweſen; und mich duͤnket, dieſer Unterſchied ſey betraͤchtlich. Leſ’ ich Amaliens Geſchichte, Die bey dem ſchoͤnſten Angeſichte Das beſte Herz und mehr Verſtand beſaß, Als Booth, ihr Taugenichts, der ſie ſo oft betruͤbte, So oft bey Metzen ſie vergaß, Mit ihnen ſoff und fraß, Da ihn Amalia ſtets gleich, ſtets zaͤrtlich liebte: So wallt mein ſchnell erregtes Blut; Jn einer Art von Wuth Vergeß ich Hymens wahres Wehe: Da ſeufz ich nach der Ehe. Doch uͤberſieht mein ernſter Blick Der Ehen trauriges Geſchick; Wie
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0235" n="221"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Briefe.</hi></fw><lb/> den, und ihre Staͤte kennet man nicht mehr. Der zaͤrt-<lb/> liche Geſang verſtummet, und ſtatt deſſen erſchallen<lb/> ſchwermuͤthige Klagen und Seufzer andrer Art, als die<lb/> in den Armen der Wolluſt gehoͤret werden. Wie viele<lb/> hoͤre ich den Tag, da ſie zu ihrer ewigen Sklaverey ein-<lb/> geweihet worden, verwuͤnſchen, und wie wenige denſel-<lb/> ben ſeegnen! B * * und Booth ſind unter dieſen weni-<lb/> gen. Denn wie man von Megaͤren und Meſſalinen<lb/> hoͤrt, ſo lieſt man auch von Pamelen und Amalien. Aber<lb/> ich finde doch dieſen Unterſchied hiebey: die leztern kommen<lb/> in den Romanen vor, die erſtern ſind hingegen wirklich,<lb/> in dieſer unſrer beſten Welt wirklich geweſen; und mich<lb/> duͤnket, dieſer Unterſchied ſey betraͤchtlich.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Leſ’ ich Amaliens Geſchichte,</l><lb/> <l>Die bey dem ſchoͤnſten Angeſichte</l><lb/> <l>Das beſte Herz und mehr Verſtand beſaß,</l><lb/> <l>Als Booth, ihr Taugenichts, der ſie ſo oft betruͤbte,</l><lb/> <l>So oft bey Metzen ſie vergaß,</l><lb/> <l>Mit ihnen ſoff und fraß,</l><lb/> <l>Da ihn Amalia ſtets gleich, ſtets zaͤrtlich liebte:</l><lb/> <l>So wallt mein ſchnell erregtes Blut;</l><lb/> <l>Jn einer Art von Wuth</l><lb/> <l>Vergeß ich Hymens wahres Wehe:</l><lb/> <l>Da ſeufz ich nach der Ehe.</l><lb/> <l>Doch uͤberſieht mein ernſter Blick</l><lb/> <l>Der Ehen trauriges Geſchick;</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0235]
Briefe.
den, und ihre Staͤte kennet man nicht mehr. Der zaͤrt-
liche Geſang verſtummet, und ſtatt deſſen erſchallen
ſchwermuͤthige Klagen und Seufzer andrer Art, als die
in den Armen der Wolluſt gehoͤret werden. Wie viele
hoͤre ich den Tag, da ſie zu ihrer ewigen Sklaverey ein-
geweihet worden, verwuͤnſchen, und wie wenige denſel-
ben ſeegnen! B * * und Booth ſind unter dieſen weni-
gen. Denn wie man von Megaͤren und Meſſalinen
hoͤrt, ſo lieſt man auch von Pamelen und Amalien. Aber
ich finde doch dieſen Unterſchied hiebey: die leztern kommen
in den Romanen vor, die erſtern ſind hingegen wirklich,
in dieſer unſrer beſten Welt wirklich geweſen; und mich
duͤnket, dieſer Unterſchied ſey betraͤchtlich.
Leſ’ ich Amaliens Geſchichte,
Die bey dem ſchoͤnſten Angeſichte
Das beſte Herz und mehr Verſtand beſaß,
Als Booth, ihr Taugenichts, der ſie ſo oft betruͤbte,
So oft bey Metzen ſie vergaß,
Mit ihnen ſoff und fraß,
Da ihn Amalia ſtets gleich, ſtets zaͤrtlich liebte:
So wallt mein ſchnell erregtes Blut;
Jn einer Art von Wuth
Vergeß ich Hymens wahres Wehe:
Da ſeufz ich nach der Ehe.
Doch uͤberſieht mein ernſter Blick
Der Ehen trauriges Geſchick;
Wie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |