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Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

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Lyrische Gedichte
Kein fremder Zufall kann der Seelen Hoheit min-
dern;
Kein widriges Geschick ihr wahres Wohl verhindern:
Kann was geschieht, uns böse seyn?
Der Schöpfer einer Welt wird seine Schöpfung lieben,
Und wenn er sie betrübt, aus weiser Huld allein
Und nicht aus blindem Haß betrüben.
Vom strengen Strom der Zeit wird ieder hingeris-
sen,
Bald unter heitrer Luft, bald unter Finsternissen
Und schwarzer Ungewitter Wuth:
Strom, wo sich allzuoft beschäumte Wellen thürmen,
Stets brausend, wie das Meer! o ungestüme Fluth,
Berüchtigt von erzürnten Stürmen!
Wohin der Sturm uns führt, bleibt oft vor uns
verstecket,
Weil fürchterlich Gewölk die grünen Ufer decket,
Und unsrer Blicke Lauf begränzt.
Die Schatten werden fliehn, die unser Auge banden,
Vielleicht wohl, ehe noch der andre Morgen glänzt,
Vielleicht nicht ehe, bis wir landen.


Die
Lyriſche Gedichte
Kein fremder Zufall kann der Seelen Hoheit min-
dern;
Kein widriges Geſchick ihr wahres Wohl verhindern:
Kann was geſchieht, uns boͤſe ſeyn?
Der Schoͤpfer einer Welt wird ſeine Schoͤpfung lieben,
Und wenn er ſie betruͤbt, aus weiſer Huld allein
Und nicht aus blindem Haß betruͤben.
Vom ſtrengen Strom der Zeit wird ieder hingeriſ-
ſen,
Bald unter heitrer Luft, bald unter Finſterniſſen
Und ſchwarzer Ungewitter Wuth:
Strom, wo ſich allzuoft beſchaͤumte Wellen thuͤrmen,
Stets brauſend, wie das Meer! o ungeſtuͤme Fluth,
Beruͤchtigt von erzuͤrnten Stuͤrmen!
Wohin der Sturm uns fuͤhrt, bleibt oft vor uns
verſtecket,
Weil fuͤrchterlich Gewoͤlk die gruͤnen Ufer decket,
Und unſrer Blicke Lauf begraͤnzt.
Die Schatten werden fliehn, die unſer Auge banden,
Vielleicht wohl, ehe noch der andre Morgen glaͤnzt,
Vielleicht nicht ehe, bis wir landen.


Die
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[96/0110] Lyriſche Gedichte Kein fremder Zufall kann der Seelen Hoheit min- dern; Kein widriges Geſchick ihr wahres Wohl verhindern: Kann was geſchieht, uns boͤſe ſeyn? Der Schoͤpfer einer Welt wird ſeine Schoͤpfung lieben, Und wenn er ſie betruͤbt, aus weiſer Huld allein Und nicht aus blindem Haß betruͤben. Vom ſtrengen Strom der Zeit wird ieder hingeriſ- ſen, Bald unter heitrer Luft, bald unter Finſterniſſen Und ſchwarzer Ungewitter Wuth: Strom, wo ſich allzuoft beſchaͤumte Wellen thuͤrmen, Stets brauſend, wie das Meer! o ungeſtuͤme Fluth, Beruͤchtigt von erzuͤrnten Stuͤrmen! Wohin der Sturm uns fuͤhrt, bleibt oft vor uns verſtecket, Weil fuͤrchterlich Gewoͤlk die gruͤnen Ufer decket, Und unſrer Blicke Lauf begraͤnzt. Die Schatten werden fliehn, die unſer Auge banden, Vielleicht wohl, ehe noch der andre Morgen glaͤnzt, Vielleicht nicht ehe, bis wir landen. Die

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Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/110>, abgerufen am 24.11.2024.