einem und demselben Drahte geichzeitig telephonische und telegraphische Depeschen zu befördern, und auch diese Versuche waren von Erfolg gekrönt. Die Möglich- keit der gleichzeitigen Benützung einer Linie für einen Morse-Apparat und das Telephon wurde nach Angabe Zetsche's*) zum erstenmale in Dresden auf einer Reichstelegraphenleitung am 17. December 1877 dargethan. Auf diesen ersten Versuch folgten kurze Zeit darauf weitere Versuche und im Jahre 1879 aus- gedehnte Proben, durch welche die Möglichkeit der Doppeltelegraphie unzweifelhaft dargethan wurde. Ferner ist hier auch jener Versuche zu erwähnen, welche im Jahre 1881 auf den Linien Sandthor und Weleslawin, sowie zwischen Sandthor und Wejhybka (in Oesterreich) angestellt wurden. Auch Elisha Gray berichtete im Jahre 1877 über Versuche, welche er mit seinem ursprünglich zur telegraphischen Beförderung musikalischer Töne bestimmten Telephon oder elektroharmonischen Telegraph in seiner Einrichtung zur Wiedergabe von Morseschrift in einer gleich- zeitig mit einem gewöhnlichen Morse-Telegraphen besetzten Leitung gemacht habe.
Sehr günstige Erfolge mit dem Doppelsprechen erhielt der Meteorologe Franz van Rysselberghe; seine Methode zur gleichzeitigen Benützung eines Drahtes für irgend einen Telegraphen-Apparat und einen telephonischen Apparat beruht auf der Anwendung sogenannter "gradueller" Ströme für den Betrieb des Telegraphen-Apparates und der Trennung dieses von dem Telegraphen-Apparate durch Einschaltung von Condensatoren. Daß letztere telephonische Impulse fort- zupflanzen vermögen, haben wir bereits wiederholt erfahren (Seite 883 und 949); gleichzeitig bilden sie aber für Batterieströme oder auch Inductionsströme, also die zum Telegraphiren verwendeten Ströme, eine Unterbrechung der Leitung. Beim Telegraphiren in der gebräuchlichen Art circuliren in dem Stromkreise intermittirende Ströme, d. h. Ströme, die plötzlich unterbrochen oder geschlossen werden. Diese momentanen Unterbrechungen und Herstellungen des Stromes sind es eben, welche so kräftige Inductionswirkungen in den benachbarten Drähten hervorrufen, daß in diesen der telephonische Verkehr unmöglich wird. Diese störenden Inductionswirkungen verschwinden aber, wenn man Stromschluß und Stromunterbrechung nicht plötzlich, sondern allmählich "graduell" bewirkt; hierdurch wächst bei Stromschluß der Strom nur allmählich an und nimmt bei Stromunterbrechung nur allmählich ab, wodurch auch die Inductionsströme in Folge der Verlängerung ihrer Dauer so weit geschwächt werden, daß sie eine telephonische Correspondenz nicht mehr zu stören vermögen. Allerdings darf hierbei nicht übersehen werden, daß durch die Anwendung gradueller Ströme zum Telegraphiren die Geschwindigkeit des letzteren leiden muß, was offenbar einen Nachtheil des Systemes van Rysselberghe's darstellt.
Die Umwandlung von gewöhnlichen Strömen, z. B. Batterieströmen, in graduelle, erreicht van Ryssellberghe auf verschiedene Art, und zwar durch Ein- schaltung von Elektromagneten, Condensatoren oder eines eigenthümlich construirten Tasters. Muß nämlich der Batteriestrom erst durch die Drahtwindungen eines Elektromagnetes gehen, bevor er den Telegraphen-Apparat in Bewegung setzt, so kann er nur allmählich seine volle Stärke erlangen, weil zu Beginn elektrischer Strom zum Magnetisiren des Eisenkernes verbraucht wird, und erst wenn dieser magnetisch ist, der Strom seine volle Stärke erlangen kann; umgekehrt kann bei Stromunter- brechung die Intensität des Stromes nicht sofort gleich Null werden, weil der Magnetismus nicht momentan aufhört. Auch ein Condensator kann nicht plötzlich
*) "Elektrotechnische Zeitschrift", Bd. III, p. 244.
einem und demſelben Drahte geichzeitig telephoniſche und telegraphiſche Depeſchen zu befördern, und auch dieſe Verſuche waren von Erfolg gekrönt. Die Möglich- keit der gleichzeitigen Benützung einer Linie für einen Morſe-Apparat und das Telephon wurde nach Angabe Zetſche’s*) zum erſtenmale in Dresden auf einer Reichstelegraphenleitung am 17. December 1877 dargethan. Auf dieſen erſten Verſuch folgten kurze Zeit darauf weitere Verſuche und im Jahre 1879 aus- gedehnte Proben, durch welche die Möglichkeit der Doppeltelegraphie unzweifelhaft dargethan wurde. Ferner iſt hier auch jener Verſuche zu erwähnen, welche im Jahre 1881 auf den Linien Sandthor und Weleslawin, ſowie zwiſchen Sandthor und Wejhybka (in Oeſterreich) angeſtellt wurden. Auch Eliſha Gray berichtete im Jahre 1877 über Verſuche, welche er mit ſeinem urſprünglich zur telegraphiſchen Beförderung muſikaliſcher Töne beſtimmten Telephon oder elektroharmoniſchen Telegraph in ſeiner Einrichtung zur Wiedergabe von Morſeſchrift in einer gleich- zeitig mit einem gewöhnlichen Morſe-Telegraphen beſetzten Leitung gemacht habe.
Sehr günſtige Erfolge mit dem Doppelſprechen erhielt der Meteorologe Franz van Ryſſelberghe; ſeine Methode zur gleichzeitigen Benützung eines Drahtes für irgend einen Telegraphen-Apparat und einen telephoniſchen Apparat beruht auf der Anwendung ſogenannter „gradueller“ Ströme für den Betrieb des Telegraphen-Apparates und der Trennung dieſes von dem Telegraphen-Apparate durch Einſchaltung von Condenſatoren. Daß letztere telephoniſche Impulſe fort- zupflanzen vermögen, haben wir bereits wiederholt erfahren (Seite 883 und 949); gleichzeitig bilden ſie aber für Batterieſtröme oder auch Inductionsſtröme, alſo die zum Telegraphiren verwendeten Ströme, eine Unterbrechung der Leitung. Beim Telegraphiren in der gebräuchlichen Art circuliren in dem Stromkreiſe intermittirende Ströme, d. h. Ströme, die plötzlich unterbrochen oder geſchloſſen werden. Dieſe momentanen Unterbrechungen und Herſtellungen des Stromes ſind es eben, welche ſo kräftige Inductionswirkungen in den benachbarten Drähten hervorrufen, daß in dieſen der telephoniſche Verkehr unmöglich wird. Dieſe ſtörenden Inductionswirkungen verſchwinden aber, wenn man Stromſchluß und Stromunterbrechung nicht plötzlich, ſondern allmählich „graduell“ bewirkt; hierdurch wächſt bei Stromſchluß der Strom nur allmählich an und nimmt bei Stromunterbrechung nur allmählich ab, wodurch auch die Inductionsſtröme in Folge der Verlängerung ihrer Dauer ſo weit geſchwächt werden, daß ſie eine telephoniſche Correſpondenz nicht mehr zu ſtören vermögen. Allerdings darf hierbei nicht überſehen werden, daß durch die Anwendung gradueller Ströme zum Telegraphiren die Geſchwindigkeit des letzteren leiden muß, was offenbar einen Nachtheil des Syſtemes van Ryſſelberghe’s darſtellt.
Die Umwandlung von gewöhnlichen Strömen, z. B. Batterieſtrömen, in graduelle, erreicht van Ryſſellberghe auf verſchiedene Art, und zwar durch Ein- ſchaltung von Elektromagneten, Condenſatoren oder eines eigenthümlich conſtruirten Taſters. Muß nämlich der Batterieſtrom erſt durch die Drahtwindungen eines Elektromagnetes gehen, bevor er den Telegraphen-Apparat in Bewegung ſetzt, ſo kann er nur allmählich ſeine volle Stärke erlangen, weil zu Beginn elektriſcher Strom zum Magnetiſiren des Eiſenkernes verbraucht wird, und erſt wenn dieſer magnetiſch iſt, der Strom ſeine volle Stärke erlangen kann; umgekehrt kann bei Stromunter- brechung die Intenſität des Stromes nicht ſofort gleich Null werden, weil der Magnetismus nicht momentan aufhört. Auch ein Condenſator kann nicht plötzlich
*) „Elektrotechniſche Zeitſchrift“, Bd. III, p. 244.
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zu befördern, und auch dieſe Verſuche waren von Erfolg gekrönt. Die Möglich-
keit der gleichzeitigen Benützung einer Linie für einen Morſe-Apparat und das
Telephon wurde nach Angabe Zetſche’s *) zum erſtenmale in Dresden auf einer
Reichstelegraphenleitung am 17. December 1877 dargethan. Auf dieſen erſten
Verſuch folgten kurze Zeit darauf weitere Verſuche und im Jahre 1879 aus-
gedehnte Proben, durch welche die Möglichkeit der Doppeltelegraphie unzweifelhaft
dargethan wurde. Ferner iſt hier auch jener Verſuche zu erwähnen, welche im
Jahre 1881 auf den Linien Sandthor und Weleslawin, ſowie zwiſchen Sandthor
und Wejhybka (in Oeſterreich) angeſtellt wurden. Auch Eliſha Gray berichtete
im Jahre 1877 über Verſuche, welche er mit ſeinem urſprünglich zur telegraphiſchen
Beförderung muſikaliſcher Töne beſtimmten Telephon oder elektroharmoniſchen
Telegraph in ſeiner Einrichtung zur Wiedergabe von Morſeſchrift in einer gleich-
zeitig mit einem gewöhnlichen Morſe-Telegraphen beſetzten Leitung gemacht habe.
Sehr günſtige Erfolge mit dem Doppelſprechen erhielt der Meteorologe
Franz van Ryſſelberghe; ſeine Methode zur gleichzeitigen Benützung eines
Drahtes für irgend einen Telegraphen-Apparat und einen telephoniſchen Apparat
beruht auf der Anwendung ſogenannter „gradueller“ Ströme für den Betrieb
des Telegraphen-Apparates und der Trennung dieſes von dem Telegraphen-Apparate
durch Einſchaltung von Condenſatoren. Daß letztere telephoniſche Impulſe fort-
zupflanzen vermögen, haben wir bereits wiederholt erfahren (Seite 883 und 949);
gleichzeitig bilden ſie aber für Batterieſtröme oder auch Inductionsſtröme, alſo
die zum Telegraphiren verwendeten Ströme, eine Unterbrechung der Leitung. Beim
Telegraphiren in der gebräuchlichen Art circuliren in dem Stromkreiſe intermittirende
Ströme, d. h. Ströme, die plötzlich unterbrochen oder geſchloſſen werden. Dieſe
momentanen Unterbrechungen und Herſtellungen des Stromes ſind es eben, welche
ſo kräftige Inductionswirkungen in den benachbarten Drähten hervorrufen, daß in
dieſen der telephoniſche Verkehr unmöglich wird. Dieſe ſtörenden Inductionswirkungen
verſchwinden aber, wenn man Stromſchluß und Stromunterbrechung nicht plötzlich,
ſondern allmählich „graduell“ bewirkt; hierdurch wächſt bei Stromſchluß der
Strom nur allmählich an und nimmt bei Stromunterbrechung nur allmählich
ab, wodurch auch die Inductionsſtröme in Folge der Verlängerung ihrer Dauer
ſo weit geſchwächt werden, daß ſie eine telephoniſche Correſpondenz nicht mehr zu
ſtören vermögen. Allerdings darf hierbei nicht überſehen werden, daß durch die
Anwendung gradueller Ströme zum Telegraphiren die Geſchwindigkeit des letzteren
leiden muß, was offenbar einen Nachtheil des Syſtemes van Ryſſelberghe’s darſtellt.
Die Umwandlung von gewöhnlichen Strömen, z. B. Batterieſtrömen, in
graduelle, erreicht van Ryſſellberghe auf verſchiedene Art, und zwar durch Ein-
ſchaltung von Elektromagneten, Condenſatoren oder eines eigenthümlich conſtruirten
Taſters. Muß nämlich der Batterieſtrom erſt durch die Drahtwindungen eines
Elektromagnetes gehen, bevor er den Telegraphen-Apparat in Bewegung ſetzt, ſo kann
er nur allmählich ſeine volle Stärke erlangen, weil zu Beginn elektriſcher Strom
zum Magnetiſiren des Eiſenkernes verbraucht wird, und erſt wenn dieſer magnetiſch
iſt, der Strom ſeine volle Stärke erlangen kann; umgekehrt kann bei Stromunter-
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Magnetismus nicht momentan aufhört. Auch ein Condenſator kann nicht plötzlich
*) „Elektrotechniſche Zeitſchrift“, Bd. III, p. 244.
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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 954. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/968>, abgerufen am 23.11.2024.
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