Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Standkugel bleibt somit, nachdem die zweite Kugel entfernt worden ist, die Hälfte
der ursprünglichen Elektricitätsmenge zurück. Diese übt auf die Kugel des Wage-
balkens eine geringere Abstoßungskraft aus, und die Kugel des Wagebalkens wird
sich daher der Standkugel nähern; durch Drehung am Torsionskreise kann jedoch
der Wagebalken wieder in die früher innegehabte Stellung gebracht werden. Man
findet dabei, daß die Torsionskraft im letzteren Falle die Hälfte der Torsion beim
ersten Versuche beträgt. Nun berührt man die Standkugel mit einem nicht isolirten
Leiter und entzieht ihr auf diese Weise die ganze Elektricität. Der Wagebalken dreht
sich dann bis zur Berührung seiner Kugel mit der Standkugel zurück und giebt an
diese die Hälfte seiner Elektricität ab; nun stoßen sich die Kugeln neuerdings ab,
und der Winkel wird mit Hilfe des Torsionskreises wieder auf dieselbe Größe
gebracht. Die Torsionskraft zeigt sich abermals um die Hälfte verringert. Also
z. B. in der Art: Die der Standkugel anfänglich mitgetheilte Elektricitätsmenge
betrage 4 Einheiten irgend welchen Maßsystemes. Durch Berührung mit der Kugel
des Wagebalkens vertheilen sich diese 4 Einheiten zu 2 und 2 auf die Standkugel
und jene des Wagebalkens. Durch Berühren der Standkugel mit einer ihr gleich
großen Kugel giebt sie die Hälfte ihrer Elektricität ab und somit bleiben auf der
Standkugel die Elektricitätsmenge 1 und auf der Kugel des Wagebalkens die
Menge 2. Dann wird die Standkugel entladen, beide Kugeln zur Berührung
gebracht, also die Elektricitätsmenge 2 auf der Kugel des Wagebalkens halbirt und
man hat jetzt auf jeder Kugel die Menge 1. Die Experimente geben aber, wenn
man z. B. den Wagebalken immer auf 30 Grad einstellt, im ersten Falle eine Torsion
von 96 Grad, im zweiten Falle von 38 Grad und im dritten Falle von 4 Grad.
Die Torsionskräfte verhalten sich daher wie
30 + 4 zu 30 + 38 zu 30 + 96
oder
34 zu 68 zu 126.

Die Elektricitätsmengen aber wie
2mal 2 zu 2mal 1 zu 1mal 1
oder
4 zu 2 zu 1,

d. h. wird die Elektricitätsmenge halbirt, so muß auch die entgegenwirkende
Torsionskraft halbirt werden, wenn der Ausschlagwinkel des Wagebalkens gleich-
bleiben soll, oder mit anderen Worten: Die elektrischen Abstoßungen verhalten
sich gerade so wie die Producte aus den aufeinander einwirkenden Elektricitäts-
mengen.

Fassen wir nun die Versuche mit der Torsionswage, wie sie jetzt beschrieben
wurden, zusammen und bedenken wir noch, daß bei einer elektrisirten Kugel die
von allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig ausgeübten Kräfte in ihrem Mittel-
punkte vereinigt angenommen werden können, so ergiebt sich folgendes Gesetz:
Zwei elektrisirte Punkte ziehen sich an oder stoßen sich ab, propor-
tional dem Producte der auf beiden vorhandenen Elektricitätsmengen
und umgekehrt proportional dem Quadrate ihres Abstandes
.

Standkugel bleibt ſomit, nachdem die zweite Kugel entfernt worden iſt, die Hälfte
der urſprünglichen Elektricitätsmenge zurück. Dieſe übt auf die Kugel des Wage-
balkens eine geringere Abſtoßungskraft aus, und die Kugel des Wagebalkens wird
ſich daher der Standkugel nähern; durch Drehung am Torſionskreiſe kann jedoch
der Wagebalken wieder in die früher innegehabte Stellung gebracht werden. Man
findet dabei, daß die Torſionskraft im letzteren Falle die Hälfte der Torſion beim
erſten Verſuche beträgt. Nun berührt man die Standkugel mit einem nicht iſolirten
Leiter und entzieht ihr auf dieſe Weiſe die ganze Elektricität. Der Wagebalken dreht
ſich dann bis zur Berührung ſeiner Kugel mit der Standkugel zurück und giebt an
dieſe die Hälfte ſeiner Elektricität ab; nun ſtoßen ſich die Kugeln neuerdings ab,
und der Winkel wird mit Hilfe des Torſionskreiſes wieder auf dieſelbe Größe
gebracht. Die Torſionskraft zeigt ſich abermals um die Hälfte verringert. Alſo
z. B. in der Art: Die der Standkugel anfänglich mitgetheilte Elektricitätsmenge
betrage 4 Einheiten irgend welchen Maßſyſtemes. Durch Berührung mit der Kugel
des Wagebalkens vertheilen ſich dieſe 4 Einheiten zu 2 und 2 auf die Standkugel
und jene des Wagebalkens. Durch Berühren der Standkugel mit einer ihr gleich
großen Kugel giebt ſie die Hälfte ihrer Elektricität ab und ſomit bleiben auf der
Standkugel die Elektricitätsmenge 1 und auf der Kugel des Wagebalkens die
Menge 2. Dann wird die Standkugel entladen, beide Kugeln zur Berührung
gebracht, alſo die Elektricitätsmenge 2 auf der Kugel des Wagebalkens halbirt und
man hat jetzt auf jeder Kugel die Menge 1. Die Experimente geben aber, wenn
man z. B. den Wagebalken immer auf 30 Grad einſtellt, im erſten Falle eine Torſion
von 96 Grad, im zweiten Falle von 38 Grad und im dritten Falle von 4 Grad.
Die Torſionskräfte verhalten ſich daher wie
30 + 4 zu 30 + 38 zu 30 + 96
oder
34 zu 68 zu 126.

Die Elektricitätsmengen aber wie
2mal 2 zu 2mal 1 zu 1mal 1
oder
4 zu 2 zu 1,

d. h. wird die Elektricitätsmenge halbirt, ſo muß auch die entgegenwirkende
Torſionskraft halbirt werden, wenn der Ausſchlagwinkel des Wagebalkens gleich-
bleiben ſoll, oder mit anderen Worten: Die elektriſchen Abſtoßungen verhalten
ſich gerade ſo wie die Producte aus den aufeinander einwirkenden Elektricitäts-
mengen.

Faſſen wir nun die Verſuche mit der Torſionswage, wie ſie jetzt beſchrieben
wurden, zuſammen und bedenken wir noch, daß bei einer elektriſirten Kugel die
von allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig ausgeübten Kräfte in ihrem Mittel-
punkte vereinigt angenommen werden können, ſo ergiebt ſich folgendes Geſetz:
Zwei elektriſirte Punkte ziehen ſich an oder ſtoßen ſich ab, propor-
tional dem Producte der auf beiden vorhandenen Elektricitätsmengen
und umgekehrt proportional dem Quadrate ihres Abſtandes
.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0089" n="75"/>
Standkugel bleibt &#x017F;omit, nachdem die zweite Kugel entfernt worden i&#x017F;t, die Hälfte<lb/>
der ur&#x017F;prünglichen Elektricitätsmenge zurück. Die&#x017F;e übt auf die Kugel des Wage-<lb/>
balkens eine geringere Ab&#x017F;toßungskraft aus, und die Kugel des Wagebalkens wird<lb/>
&#x017F;ich daher der Standkugel nähern; durch Drehung am Tor&#x017F;ionskrei&#x017F;e kann jedoch<lb/>
der Wagebalken wieder in die früher innegehabte Stellung gebracht werden. Man<lb/>
findet dabei, daß die Tor&#x017F;ionskraft im letzteren Falle die Hälfte der Tor&#x017F;ion beim<lb/>
er&#x017F;ten Ver&#x017F;uche beträgt. Nun berührt man die Standkugel mit einem nicht i&#x017F;olirten<lb/>
Leiter und entzieht ihr auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e die ganze Elektricität. Der Wagebalken dreht<lb/>
&#x017F;ich dann bis zur Berührung &#x017F;einer Kugel mit der Standkugel zurück und giebt an<lb/>
die&#x017F;e die Hälfte &#x017F;einer Elektricität ab; nun &#x017F;toßen &#x017F;ich die Kugeln neuerdings ab,<lb/>
und der Winkel wird mit Hilfe des Tor&#x017F;ionskrei&#x017F;es wieder auf die&#x017F;elbe Größe<lb/>
gebracht. Die Tor&#x017F;ionskraft zeigt &#x017F;ich abermals um die Hälfte verringert. Al&#x017F;o<lb/>
z. B. in der Art: Die der Standkugel anfänglich mitgetheilte Elektricitätsmenge<lb/>
betrage 4 Einheiten irgend welchen Maß&#x017F;y&#x017F;temes. Durch Berührung mit der Kugel<lb/>
des Wagebalkens vertheilen &#x017F;ich die&#x017F;e 4 Einheiten zu 2 und 2 auf die Standkugel<lb/>
und jene des Wagebalkens. Durch Berühren der Standkugel mit einer ihr gleich<lb/>
großen Kugel giebt &#x017F;ie die Hälfte ihrer Elektricität ab und &#x017F;omit bleiben auf der<lb/>
Standkugel die Elektricitätsmenge 1 und auf der Kugel des Wagebalkens die<lb/>
Menge 2. Dann wird die Standkugel entladen, beide Kugeln zur Berührung<lb/>
gebracht, al&#x017F;o die Elektricitätsmenge 2 auf der Kugel des Wagebalkens halbirt und<lb/>
man hat jetzt auf jeder Kugel die Menge 1. Die Experimente geben aber, wenn<lb/>
man z. B. den Wagebalken immer auf 30 Grad ein&#x017F;tellt, im er&#x017F;ten Falle eine Tor&#x017F;ion<lb/>
von 96 Grad, im zweiten Falle von 38 Grad und im dritten Falle von 4 Grad.<lb/>
Die Tor&#x017F;ionskräfte verhalten &#x017F;ich daher wie<lb/><hi rendition="#c">30 + 4 zu 30 + 38 zu 30 + 96<lb/>
oder<lb/>
34 zu 68 zu 126.</hi></p><lb/>
              <p>Die Elektricitätsmengen aber wie<lb/><hi rendition="#c">2mal 2 zu 2mal 1 zu 1mal 1<lb/>
oder<lb/>
4 zu 2 zu 1,</hi><lb/>
d. h. wird die Elektricitätsmenge halbirt, &#x017F;o muß auch die entgegenwirkende<lb/>
Tor&#x017F;ionskraft halbirt werden, wenn der Aus&#x017F;chlagwinkel des Wagebalkens gleich-<lb/>
bleiben &#x017F;oll, oder mit anderen Worten: Die elektri&#x017F;chen Ab&#x017F;toßungen verhalten<lb/>
&#x017F;ich gerade &#x017F;o wie die Producte aus den aufeinander einwirkenden Elektricitäts-<lb/>
mengen.</p><lb/>
              <p>Fa&#x017F;&#x017F;en wir nun die Ver&#x017F;uche mit der Tor&#x017F;ionswage, wie &#x017F;ie jetzt be&#x017F;chrieben<lb/>
wurden, zu&#x017F;ammen und bedenken wir noch, daß bei einer elektri&#x017F;irten Kugel die<lb/>
von allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig ausgeübten Kräfte in ihrem Mittel-<lb/>
punkte vereinigt angenommen werden können, &#x017F;o ergiebt &#x017F;ich folgendes Ge&#x017F;etz:<lb/><hi rendition="#g">Zwei elektri&#x017F;irte Punkte ziehen &#x017F;ich an oder &#x017F;toßen &#x017F;ich ab, propor-<lb/>
tional dem Producte der auf beiden vorhandenen Elektricitätsmengen<lb/>
und umgekehrt proportional dem Quadrate ihres Ab&#x017F;tandes</hi>.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0089] Standkugel bleibt ſomit, nachdem die zweite Kugel entfernt worden iſt, die Hälfte der urſprünglichen Elektricitätsmenge zurück. Dieſe übt auf die Kugel des Wage- balkens eine geringere Abſtoßungskraft aus, und die Kugel des Wagebalkens wird ſich daher der Standkugel nähern; durch Drehung am Torſionskreiſe kann jedoch der Wagebalken wieder in die früher innegehabte Stellung gebracht werden. Man findet dabei, daß die Torſionskraft im letzteren Falle die Hälfte der Torſion beim erſten Verſuche beträgt. Nun berührt man die Standkugel mit einem nicht iſolirten Leiter und entzieht ihr auf dieſe Weiſe die ganze Elektricität. Der Wagebalken dreht ſich dann bis zur Berührung ſeiner Kugel mit der Standkugel zurück und giebt an dieſe die Hälfte ſeiner Elektricität ab; nun ſtoßen ſich die Kugeln neuerdings ab, und der Winkel wird mit Hilfe des Torſionskreiſes wieder auf dieſelbe Größe gebracht. Die Torſionskraft zeigt ſich abermals um die Hälfte verringert. Alſo z. B. in der Art: Die der Standkugel anfänglich mitgetheilte Elektricitätsmenge betrage 4 Einheiten irgend welchen Maßſyſtemes. Durch Berührung mit der Kugel des Wagebalkens vertheilen ſich dieſe 4 Einheiten zu 2 und 2 auf die Standkugel und jene des Wagebalkens. Durch Berühren der Standkugel mit einer ihr gleich großen Kugel giebt ſie die Hälfte ihrer Elektricität ab und ſomit bleiben auf der Standkugel die Elektricitätsmenge 1 und auf der Kugel des Wagebalkens die Menge 2. Dann wird die Standkugel entladen, beide Kugeln zur Berührung gebracht, alſo die Elektricitätsmenge 2 auf der Kugel des Wagebalkens halbirt und man hat jetzt auf jeder Kugel die Menge 1. Die Experimente geben aber, wenn man z. B. den Wagebalken immer auf 30 Grad einſtellt, im erſten Falle eine Torſion von 96 Grad, im zweiten Falle von 38 Grad und im dritten Falle von 4 Grad. Die Torſionskräfte verhalten ſich daher wie 30 + 4 zu 30 + 38 zu 30 + 96 oder 34 zu 68 zu 126. Die Elektricitätsmengen aber wie 2mal 2 zu 2mal 1 zu 1mal 1 oder 4 zu 2 zu 1, d. h. wird die Elektricitätsmenge halbirt, ſo muß auch die entgegenwirkende Torſionskraft halbirt werden, wenn der Ausſchlagwinkel des Wagebalkens gleich- bleiben ſoll, oder mit anderen Worten: Die elektriſchen Abſtoßungen verhalten ſich gerade ſo wie die Producte aus den aufeinander einwirkenden Elektricitäts- mengen. Faſſen wir nun die Verſuche mit der Torſionswage, wie ſie jetzt beſchrieben wurden, zuſammen und bedenken wir noch, daß bei einer elektriſirten Kugel die von allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig ausgeübten Kräfte in ihrem Mittel- punkte vereinigt angenommen werden können, ſo ergiebt ſich folgendes Geſetz: Zwei elektriſirte Punkte ziehen ſich an oder ſtoßen ſich ab, propor- tional dem Producte der auf beiden vorhandenen Elektricitätsmengen und umgekehrt proportional dem Quadrate ihres Abſtandes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/89
Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/89>, abgerufen am 24.11.2024.