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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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ströme dar, die wir kurzweg den Erdstrom nennen wollen. Da jeder derartige
Stromkreis im Verhältnisse zum Erdstromkreise verschwindend klein ist, kann der
Unterschied der Entfernungen der Ströme a b und d c von O W nicht in Betracht
kommen. Ferner sind die Ströme in a b und d c gleich stark und entgegengesetzt
gerichtet: folglich ist die Wirkung des Erdstromes auf die horizontalen Ströme a b
und c d gleich Null. Anders verhält es sich aber mit den beiden verticalen
Strömen a d und b c. Diese beiden stehen zu dem Erdstrome in derselben Be-
ziehung wie der "begrenzte" Strom S zu dem "unbegrenzten" Strome A B in
Fig. 158, Seite 258. Der Kreuzungspunkt für die Ströme in b c und in O W
liegt bei F. Der Strom c b fließt zum Kreuzungspunkte, der Strom G F vom
Kreuzungspunkte weg, folglich stoßen sich die beiden Ströme in der Richtung G b
ab. Die Ströme c b und F O fließen beide zum Kreuzungspunkte F, ziehen sich
daher in der Richtung b O an; diese beiden Kräfte setzen sich zu der Resultiren-
den R1 zusammen, welche den Leiter c b in der Richtung b R1 zu bewegen sucht.
Die Ströme in a d und O W haben ihren Kreuzungspunkt in E. Da die
Ströme a d und E W vom Kreuzungspunkte wegfließen, ziehen sie sich in der
Richtung a W an, und weil der Strom a d vom Kreuzungspunkte wegfließt, der
Strom G E aber zu ihm hinfließt, so stoßen diese beiden sich in der Richtung G a
ab. Die aus diesen Kräften Resultirende R sucht daher den Leiter a d in der
Richtung a R zu bewegen.

Der Stromkreis a b c d kann sich aber nur um die verticale Axe G H
drehen, nicht aber seitlich verschieben, und die Resultirenden R und R1 suchen ihn
nach verschiedenen Richtungen zu verschieben, d. h. um G H zu drehen. Eine
Drehung des Stromkreises muß daher, einen einzigen Fall ausgenommen, stets
erfolgen. Dieser Fall ist aber offenbar jene Stellung des Stromkreises, in welcher
der aufsteigende Strom westlich und der absteigende Strom östlich von der Axe G H
verläuft, weil nur in dieser Stellung von a b c d die beiden Kräfte in gleicher
Stärke wirken, und die Richtungen beider Kräfte zwar entgegengesetzte, aber in
eine und dieselbe Linie fallende sind. Da sich also ein verticaler, um eine verticale
Axe beweglicher Stromkreis immer senkrecht auf den magnetischen Meridian, und
zwar so stellt, daß sich der aufsteigende Strom im Westen, der absteigende im
Osten befindet, so ist dieses Verhalten gerade so, als ob ein Erdstrom in der
magnetischen Ost-Westrichtung kreisen würde.

Wir haben nun noch die Lage des Erdstromes, diesen gewissermaßen als
resultirenden Strom sämmtlicher Strömungen auf der Erde gedacht, zu bestimmen.
Wir werden diese finden, wenn wir einen Stromkreis vollkommen frei beweglich
aufhängen, oder weil uns bereits die Wirkung auf einen um eine verticale Axe
drehbaren Stromkreis bekannt ist, wenn wir ihm freie Beweglichkeit um eine
horizontale Axe ermöglichen. Der von Ampere zu diesem Experimente angegebene
Apparat ist in Fig. 165 abgebildet. Er besteht aus der Drahtfigur a b c d e f g,
welche um die horizontale Axe f g drehbar ist. Das schwarz gezeichnete Stück a f
und das ebenso gezeichnete Stück an der Kreuzungsstelle der Drähte c d und f g
bestehen aus einem isolirenden Materiale. Die Stromzuleitung erfolgt durch die
Träger T T1 und die mit diesen in Verbindung stehenden Quecksilbernäpfchen. Die
Holzraute h r dient nur zur Versteifung des Drahträhmchens. Die einzelnen Theile
des letzteren sind in Bezug auf ihr Gewicht derart angeordnet, daß der Schwer-
punkt in die Axe f g fällt, somit die ganze Drahtfigur in jeder Lage sich im
Gleichgewichte befindet.

ſtröme dar, die wir kurzweg den Erdſtrom nennen wollen. Da jeder derartige
Stromkreis im Verhältniſſe zum Erdſtromkreiſe verſchwindend klein iſt, kann der
Unterſchied der Entfernungen der Ströme a b und d c von O W nicht in Betracht
kommen. Ferner ſind die Ströme in a b und d c gleich ſtark und entgegengeſetzt
gerichtet: folglich iſt die Wirkung des Erdſtromes auf die horizontalen Ströme a b
und c d gleich Null. Anders verhält es ſich aber mit den beiden verticalen
Strömen a d und b c. Dieſe beiden ſtehen zu dem Erdſtrome in derſelben Be-
ziehung wie der „begrenzte“ Strom S zu dem „unbegrenzten“ Strome A B in
Fig. 158, Seite 258. Der Kreuzungspunkt für die Ströme in b c und in O W
liegt bei F. Der Strom c b fließt zum Kreuzungspunkte, der Strom G F vom
Kreuzungspunkte weg, folglich ſtoßen ſich die beiden Ströme in der Richtung G b
ab. Die Ströme c b und F O fließen beide zum Kreuzungspunkte F, ziehen ſich
daher in der Richtung b O an; dieſe beiden Kräfte ſetzen ſich zu der Reſultiren-
den R1 zuſammen, welche den Leiter c b in der Richtung b R1 zu bewegen ſucht.
Die Ströme in a d und O W haben ihren Kreuzungspunkt in E. Da die
Ströme a d und E W vom Kreuzungspunkte wegfließen, ziehen ſie ſich in der
Richtung a W an, und weil der Strom a d vom Kreuzungspunkte wegfließt, der
Strom G E aber zu ihm hinfließt, ſo ſtoßen dieſe beiden ſich in der Richtung G a
ab. Die aus dieſen Kräften Reſultirende R ſucht daher den Leiter a d in der
Richtung a R zu bewegen.

Der Stromkreis a b c d kann ſich aber nur um die verticale Axe G H
drehen, nicht aber ſeitlich verſchieben, und die Reſultirenden R und R1 ſuchen ihn
nach verſchiedenen Richtungen zu verſchieben, d. h. um G H zu drehen. Eine
Drehung des Stromkreiſes muß daher, einen einzigen Fall ausgenommen, ſtets
erfolgen. Dieſer Fall iſt aber offenbar jene Stellung des Stromkreiſes, in welcher
der aufſteigende Strom weſtlich und der abſteigende Strom öſtlich von der Axe G H
verläuft, weil nur in dieſer Stellung von a b c d die beiden Kräfte in gleicher
Stärke wirken, und die Richtungen beider Kräfte zwar entgegengeſetzte, aber in
eine und dieſelbe Linie fallende ſind. Da ſich alſo ein verticaler, um eine verticale
Axe beweglicher Stromkreis immer ſenkrecht auf den magnetiſchen Meridian, und
zwar ſo ſtellt, daß ſich der aufſteigende Strom im Weſten, der abſteigende im
Oſten befindet, ſo iſt dieſes Verhalten gerade ſo, als ob ein Erdſtrom in der
magnetiſchen Oſt-Weſtrichtung kreiſen würde.

Wir haben nun noch die Lage des Erdſtromes, dieſen gewiſſermaßen als
reſultirenden Strom ſämmtlicher Strömungen auf der Erde gedacht, zu beſtimmen.
Wir werden dieſe finden, wenn wir einen Stromkreis vollkommen frei beweglich
aufhängen, oder weil uns bereits die Wirkung auf einen um eine verticale Axe
drehbaren Stromkreis bekannt iſt, wenn wir ihm freie Beweglichkeit um eine
horizontale Axe ermöglichen. Der von Ampère zu dieſem Experimente angegebene
Apparat iſt in Fig. 165 abgebildet. Er beſteht aus der Drahtfigur a b c d e f g,
welche um die horizontale Axe f g drehbar iſt. Das ſchwarz gezeichnete Stück a f
und das ebenſo gezeichnete Stück an der Kreuzungsſtelle der Drähte c d und f g
beſtehen aus einem iſolirenden Materiale. Die Stromzuleitung erfolgt durch die
Träger T T1 und die mit dieſen in Verbindung ſtehenden Queckſilbernäpfchen. Die
Holzraute h r dient nur zur Verſteifung des Drahträhmchens. Die einzelnen Theile
des letzteren ſind in Bezug auf ihr Gewicht derart angeordnet, daß der Schwer-
punkt in die Axe f g fällt, ſomit die ganze Drahtfigur in jeder Lage ſich im
Gleichgewichte befindet.

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[263/0277] ſtröme dar, die wir kurzweg den Erdſtrom nennen wollen. Da jeder derartige Stromkreis im Verhältniſſe zum Erdſtromkreiſe verſchwindend klein iſt, kann der Unterſchied der Entfernungen der Ströme a b und d c von O W nicht in Betracht kommen. Ferner ſind die Ströme in a b und d c gleich ſtark und entgegengeſetzt gerichtet: folglich iſt die Wirkung des Erdſtromes auf die horizontalen Ströme a b und c d gleich Null. Anders verhält es ſich aber mit den beiden verticalen Strömen a d und b c. Dieſe beiden ſtehen zu dem Erdſtrome in derſelben Be- ziehung wie der „begrenzte“ Strom S zu dem „unbegrenzten“ Strome A B in Fig. 158, Seite 258. Der Kreuzungspunkt für die Ströme in b c und in O W liegt bei F. Der Strom c b fließt zum Kreuzungspunkte, der Strom G F vom Kreuzungspunkte weg, folglich ſtoßen ſich die beiden Ströme in der Richtung G b ab. Die Ströme c b und F O fließen beide zum Kreuzungspunkte F, ziehen ſich daher in der Richtung b O an; dieſe beiden Kräfte ſetzen ſich zu der Reſultiren- den R1 zuſammen, welche den Leiter c b in der Richtung b R1 zu bewegen ſucht. Die Ströme in a d und O W haben ihren Kreuzungspunkt in E. Da die Ströme a d und E W vom Kreuzungspunkte wegfließen, ziehen ſie ſich in der Richtung a W an, und weil der Strom a d vom Kreuzungspunkte wegfließt, der Strom G E aber zu ihm hinfließt, ſo ſtoßen dieſe beiden ſich in der Richtung G a ab. Die aus dieſen Kräften Reſultirende R ſucht daher den Leiter a d in der Richtung a R zu bewegen. Der Stromkreis a b c d kann ſich aber nur um die verticale Axe G H drehen, nicht aber ſeitlich verſchieben, und die Reſultirenden R und R1 ſuchen ihn nach verſchiedenen Richtungen zu verſchieben, d. h. um G H zu drehen. Eine Drehung des Stromkreiſes muß daher, einen einzigen Fall ausgenommen, ſtets erfolgen. Dieſer Fall iſt aber offenbar jene Stellung des Stromkreiſes, in welcher der aufſteigende Strom weſtlich und der abſteigende Strom öſtlich von der Axe G H verläuft, weil nur in dieſer Stellung von a b c d die beiden Kräfte in gleicher Stärke wirken, und die Richtungen beider Kräfte zwar entgegengeſetzte, aber in eine und dieſelbe Linie fallende ſind. Da ſich alſo ein verticaler, um eine verticale Axe beweglicher Stromkreis immer ſenkrecht auf den magnetiſchen Meridian, und zwar ſo ſtellt, daß ſich der aufſteigende Strom im Weſten, der abſteigende im Oſten befindet, ſo iſt dieſes Verhalten gerade ſo, als ob ein Erdſtrom in der magnetiſchen Oſt-Weſtrichtung kreiſen würde. Wir haben nun noch die Lage des Erdſtromes, dieſen gewiſſermaßen als reſultirenden Strom ſämmtlicher Strömungen auf der Erde gedacht, zu beſtimmen. Wir werden dieſe finden, wenn wir einen Stromkreis vollkommen frei beweglich aufhängen, oder weil uns bereits die Wirkung auf einen um eine verticale Axe drehbaren Stromkreis bekannt iſt, wenn wir ihm freie Beweglichkeit um eine horizontale Axe ermöglichen. Der von Ampère zu dieſem Experimente angegebene Apparat iſt in Fig. 165 abgebildet. Er beſteht aus der Drahtfigur a b c d e f g, welche um die horizontale Axe f g drehbar iſt. Das ſchwarz gezeichnete Stück a f und das ebenſo gezeichnete Stück an der Kreuzungsſtelle der Drähte c d und f g beſtehen aus einem iſolirenden Materiale. Die Stromzuleitung erfolgt durch die Träger T T1 und die mit dieſen in Verbindung ſtehenden Queckſilbernäpfchen. Die Holzraute h r dient nur zur Verſteifung des Drahträhmchens. Die einzelnen Theile des letzteren ſind in Bezug auf ihr Gewicht derart angeordnet, daß der Schwer- punkt in die Axe f g fällt, ſomit die ganze Drahtfigur in jeder Lage ſich im Gleichgewichte befindet.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/277>, abgerufen am 24.11.2024.