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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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besitzt sie ihre größte Dichte an den Scheiteln, bei Cylindern, die durch Halb-
kugeln abgeschlossen sind, an diesen u. s. w.

Die Vertheilung der Elektricität kann auch experimentell bestimmt werden;
man bedient sich hierzu der Prüfungskörper. Diese sind kleine Kugeln oder
Scheibchen aus Goldpapier, welche an isolirenden Stielen befestigt sind. Berührt
man nämlich einen elektrisirten Körper an einer Stelle mit einem solchen Prü-
fungskörper, der im Verhältnisse zum elektrisirten Körper sehr klein ist, so nimmt
der Prüfungskörper gleichnamige Elektricität von dem elektrisirten Körper auf,
ohne dessen elektrischen Zustand wahrnehmbar zu verändern. Hierbei erfolgt die
Aufnahme der Elektricität durch den Prüfungskörper genau in demselben Ver-
hältnisse als die Dichte der Elektricität an den berührten Stellen zunimmt; man
kann sich davon durch Versuche leicht überzeugen. Untersucht man nun mit diesen
Prüfungskörpern, die man nach jeder Berührung mit dem zu prüfenden Körper
in die Torsionswage an Stelle der Standkugel bringt, die Körper an verschie-
denen Stellen, so findet man in der That jene Vertheilung der Elektricität, welche
uns die theoretische Betrachtung gelehrt hat.

Die Spitzenwirkung.

Die Theorie giebt aber auch noch nach anderen Richtungen hin interessante
Aufschlüsse. Wir haben gesehen, daß die Dichte der Elektricität bei einer bestimmten
Ladung eines Leiters von der Krümmung der Oberfläche abhängt und dort am
größten ist, wo die Krümmung am stärksten wird, oder, wie man sich gewöhnlich aus-
zudrücken pflegt, wo der Krümmungsradius am kleinsten ist. Man kann sich
nämlich jede gekrümmte Oberfläche aus Flächenelementen zusammengesetzt denken,
welche je nach ihrer stärkeren oder schwächeren Krümmung Kugeln von kleineren
oder größeren Radien entnommen sind. Man kann deshalb auch sagen,
eine ebene Fläche ist ein Stück der Oberfläche einer Kugel, deren Halbmesser
unendlich groß ist, und eine Spitze ist die Oberfläche einer Kugel, deren Halb-
messer unendlich klein ist. Zwischen diesen beiden Werthen liegen die Krüm-
mungsradien sämmtlicher Flächen. Verbindet man daher irgend einen Leiter mit der
Erde und ertheilt dem Leiter eine beliebige elektrische Ladung, so kann dieser Leiter,
wie wir schon früher aus anderen Gründen erkannt haben, nie elektrisch bleiben.
Die Erde hat im Vergleiche zu jedem herstellbaren Leiter immer eine Oberfläche,
deren Krümmungsradius als unendlich groß angenommen werden muß; diesem
unendlich großen Krümmungsradius entspricht aber eine unendlich kleine Dichte,
d. h. die Erde ist unelektrisch, und da der Körper mit ihr in leitender Ver-
bindung steht, kann auch dieser keine freie Elektricität bewahren, wie viel Elek-
tricität ihm auch immer mitgetheilt werden mag.

Bringt man an einem Leiter eine Spitze an, so entspricht diesem Theile der
Leiteroberfläche ein unendlich kleiner Krümmungsradius, oder, da wir doch keine
mathematischen Spitzen anfertigen können, ein sehr kleiner Krümmungsradius. Die
Dichte der Elektricität an solchen Spitzen muß daher immer, wie groß oder klein
auch die elektrische Ladung des Leiters sei, immer außerordentlich groß sein. Diesem
Verhalten der Spitzen sind die Erscheinungen zuzuschreiben, welche man unter der
Bezeichnung Spitzenwirkungen zusammenfaßt.

Jeder elektrisirte Körper verliert, wenn er sich selbst überlassen bleibt, nach
kürzerer oder längerer Zeit seine Ladung. Die Verluste setzen sich aus der bereits

beſitzt ſie ihre größte Dichte an den Scheiteln, bei Cylindern, die durch Halb-
kugeln abgeſchloſſen ſind, an dieſen u. ſ. w.

Die Vertheilung der Elektricität kann auch experimentell beſtimmt werden;
man bedient ſich hierzu der Prüfungskörper. Dieſe ſind kleine Kugeln oder
Scheibchen aus Goldpapier, welche an iſolirenden Stielen befeſtigt ſind. Berührt
man nämlich einen elektriſirten Körper an einer Stelle mit einem ſolchen Prü-
fungskörper, der im Verhältniſſe zum elektriſirten Körper ſehr klein iſt, ſo nimmt
der Prüfungskörper gleichnamige Elektricität von dem elektriſirten Körper auf,
ohne deſſen elektriſchen Zuſtand wahrnehmbar zu verändern. Hierbei erfolgt die
Aufnahme der Elektricität durch den Prüfungskörper genau in demſelben Ver-
hältniſſe als die Dichte der Elektricität an den berührten Stellen zunimmt; man
kann ſich davon durch Verſuche leicht überzeugen. Unterſucht man nun mit dieſen
Prüfungskörpern, die man nach jeder Berührung mit dem zu prüfenden Körper
in die Torſionswage an Stelle der Standkugel bringt, die Körper an verſchie-
denen Stellen, ſo findet man in der That jene Vertheilung der Elektricität, welche
uns die theoretiſche Betrachtung gelehrt hat.

Die Spitzenwirkung.

Die Theorie giebt aber auch noch nach anderen Richtungen hin intereſſante
Aufſchlüſſe. Wir haben geſehen, daß die Dichte der Elektricität bei einer beſtimmten
Ladung eines Leiters von der Krümmung der Oberfläche abhängt und dort am
größten iſt, wo die Krümmung am ſtärkſten wird, oder, wie man ſich gewöhnlich aus-
zudrücken pflegt, wo der Krümmungsradius am kleinſten iſt. Man kann ſich
nämlich jede gekrümmte Oberfläche aus Flächenelementen zuſammengeſetzt denken,
welche je nach ihrer ſtärkeren oder ſchwächeren Krümmung Kugeln von kleineren
oder größeren Radien entnommen ſind. Man kann deshalb auch ſagen,
eine ebene Fläche iſt ein Stück der Oberfläche einer Kugel, deren Halbmeſſer
unendlich groß iſt, und eine Spitze iſt die Oberfläche einer Kugel, deren Halb-
meſſer unendlich klein iſt. Zwiſchen dieſen beiden Werthen liegen die Krüm-
mungsradien ſämmtlicher Flächen. Verbindet man daher irgend einen Leiter mit der
Erde und ertheilt dem Leiter eine beliebige elektriſche Ladung, ſo kann dieſer Leiter,
wie wir ſchon früher aus anderen Gründen erkannt haben, nie elektriſch bleiben.
Die Erde hat im Vergleiche zu jedem herſtellbaren Leiter immer eine Oberfläche,
deren Krümmungsradius als unendlich groß angenommen werden muß; dieſem
unendlich großen Krümmungsradius entſpricht aber eine unendlich kleine Dichte,
d. h. die Erde iſt unelektriſch, und da der Körper mit ihr in leitender Ver-
bindung ſteht, kann auch dieſer keine freie Elektricität bewahren, wie viel Elek-
tricität ihm auch immer mitgetheilt werden mag.

Bringt man an einem Leiter eine Spitze an, ſo entſpricht dieſem Theile der
Leiteroberfläche ein unendlich kleiner Krümmungsradius, oder, da wir doch keine
mathematiſchen Spitzen anfertigen können, ein ſehr kleiner Krümmungsradius. Die
Dichte der Elektricität an ſolchen Spitzen muß daher immer, wie groß oder klein
auch die elektriſche Ladung des Leiters ſei, immer außerordentlich groß ſein. Dieſem
Verhalten der Spitzen ſind die Erſcheinungen zuzuſchreiben, welche man unter der
Bezeichnung Spitzenwirkungen zuſammenfaßt.

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kürzerer oder längerer Zeit ſeine Ladung. Die Verluſte ſetzen ſich aus der bereits

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[95/0109] beſitzt ſie ihre größte Dichte an den Scheiteln, bei Cylindern, die durch Halb- kugeln abgeſchloſſen ſind, an dieſen u. ſ. w. Die Vertheilung der Elektricität kann auch experimentell beſtimmt werden; man bedient ſich hierzu der Prüfungskörper. Dieſe ſind kleine Kugeln oder Scheibchen aus Goldpapier, welche an iſolirenden Stielen befeſtigt ſind. Berührt man nämlich einen elektriſirten Körper an einer Stelle mit einem ſolchen Prü- fungskörper, der im Verhältniſſe zum elektriſirten Körper ſehr klein iſt, ſo nimmt der Prüfungskörper gleichnamige Elektricität von dem elektriſirten Körper auf, ohne deſſen elektriſchen Zuſtand wahrnehmbar zu verändern. Hierbei erfolgt die Aufnahme der Elektricität durch den Prüfungskörper genau in demſelben Ver- hältniſſe als die Dichte der Elektricität an den berührten Stellen zunimmt; man kann ſich davon durch Verſuche leicht überzeugen. Unterſucht man nun mit dieſen Prüfungskörpern, die man nach jeder Berührung mit dem zu prüfenden Körper in die Torſionswage an Stelle der Standkugel bringt, die Körper an verſchie- denen Stellen, ſo findet man in der That jene Vertheilung der Elektricität, welche uns die theoretiſche Betrachtung gelehrt hat. Die Spitzenwirkung. Die Theorie giebt aber auch noch nach anderen Richtungen hin intereſſante Aufſchlüſſe. Wir haben geſehen, daß die Dichte der Elektricität bei einer beſtimmten Ladung eines Leiters von der Krümmung der Oberfläche abhängt und dort am größten iſt, wo die Krümmung am ſtärkſten wird, oder, wie man ſich gewöhnlich aus- zudrücken pflegt, wo der Krümmungsradius am kleinſten iſt. Man kann ſich nämlich jede gekrümmte Oberfläche aus Flächenelementen zuſammengeſetzt denken, welche je nach ihrer ſtärkeren oder ſchwächeren Krümmung Kugeln von kleineren oder größeren Radien entnommen ſind. Man kann deshalb auch ſagen, eine ebene Fläche iſt ein Stück der Oberfläche einer Kugel, deren Halbmeſſer unendlich groß iſt, und eine Spitze iſt die Oberfläche einer Kugel, deren Halb- meſſer unendlich klein iſt. Zwiſchen dieſen beiden Werthen liegen die Krüm- mungsradien ſämmtlicher Flächen. Verbindet man daher irgend einen Leiter mit der Erde und ertheilt dem Leiter eine beliebige elektriſche Ladung, ſo kann dieſer Leiter, wie wir ſchon früher aus anderen Gründen erkannt haben, nie elektriſch bleiben. Die Erde hat im Vergleiche zu jedem herſtellbaren Leiter immer eine Oberfläche, deren Krümmungsradius als unendlich groß angenommen werden muß; dieſem unendlich großen Krümmungsradius entſpricht aber eine unendlich kleine Dichte, d. h. die Erde iſt unelektriſch, und da der Körper mit ihr in leitender Ver- bindung ſteht, kann auch dieſer keine freie Elektricität bewahren, wie viel Elek- tricität ihm auch immer mitgetheilt werden mag. Bringt man an einem Leiter eine Spitze an, ſo entſpricht dieſem Theile der Leiteroberfläche ein unendlich kleiner Krümmungsradius, oder, da wir doch keine mathematiſchen Spitzen anfertigen können, ein ſehr kleiner Krümmungsradius. Die Dichte der Elektricität an ſolchen Spitzen muß daher immer, wie groß oder klein auch die elektriſche Ladung des Leiters ſei, immer außerordentlich groß ſein. Dieſem Verhalten der Spitzen ſind die Erſcheinungen zuzuſchreiben, welche man unter der Bezeichnung Spitzenwirkungen zuſammenfaßt. Jeder elektriſirte Körper verliert, wenn er ſich ſelbſt überlaſſen bleibt, nach kürzerer oder längerer Zeit ſeine Ladung. Die Verluſte ſetzen ſich aus der bereits

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/109>, abgerufen am 23.11.2024.