den Dingen, das dritte zur Ursach haben müs- sen. Jch will dieses mit obigen Exempel er- läutern. Jn Halle ist es allemal Nacht, wenn es in Leipzig Nacht ist, und umgekehrt. Ge- setzt ich wüste nun weder die Beschaffenheit von Halle noch von Leipzig; so könte ich mich fol- gendergestalt überführen, daß zwischen der Nachtzeit zu Halle und der zu Leipzig keine Ursach und Würckung statt fände: man dürfte nur bemercken, ob mit der Nachtzeit in beyden Städten, nicht noch ein drittes eben so genau verbunden wäre, als sie selbst sind. Dieses dürfte man nicht weit suchen. Die Abwesen- heit der Sonne ist allemal würcklich, wenn die Nachzeit zu Halle und Leipzig würcklich ist. Wiederum: die Abwesenheit der Sonne ist allemal nicht würcklich, wenn die Nacht in Halle und Leipzig nicht würcklich ist. Also ma- che ich daraus den Schluß, daß die Abwesen- heit der Sonne auch etwas darzu beytragen müsse. Will ich nun wissen, was dieses eigent- lich sey, das sie darzu beytrage; so muß ich zusehen, ob nicht die Abwesenheit der Sonne würcklich seyn kan da doch die Nacht in beyden Städten nicht würcklich ist, oder ob die Ab- wesenheit der Sonne nicht könne würcklich seyn, da doch die Nachtzeit in Halle und Leipzig würcklich wäre. Man wird mir erlauben, daß ich das Wort: Abwesenheit der Son- ne beybehalte, indem man meine Meinung als- denn desto leichter verstehen kan. Nun wollen
wir
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den Dingen, das dritte zur Urſach haben muͤſ- ſen. Jch will dieſes mit obigen Exempel er- laͤutern. Jn Halle iſt es allemal Nacht, wenn es in Leipzig Nacht iſt, und umgekehrt. Ge- ſetzt ich wuͤſte nun weder die Beſchaffenheit von Halle noch von Leipzig; ſo koͤnte ich mich fol- gendergeſtalt uͤberfuͤhren, daß zwiſchen der Nachtzeit zu Halle und der zu Leipzig keine Urſach und Wuͤrckung ſtatt faͤnde: man duͤrfte nur bemercken, ob mit der Nachtzeit in beyden Staͤdten, nicht noch ein drittes eben ſo genau verbunden waͤre, als ſie ſelbſt ſind. Dieſes duͤrfte man nicht weit ſuchen. Die Abweſen- heit der Sonne iſt allemal wuͤrcklich, wenn die Nachzeit zu Halle und Leipzig wuͤrcklich iſt. Wiederum: die Abweſenheit der Sonne iſt allemal nicht wuͤrcklich, wenn die Nacht in Halle und Leipzig nicht wuͤrcklich iſt. Alſo ma- che ich daraus den Schluß, daß die Abweſen- heit der Sonne auch etwas darzu beytragen muͤſſe. Will ich nun wiſſen, was dieſes eigent- lich ſey, das ſie darzu beytrage; ſo muß ich zuſehen, ob nicht die Abweſenheit der Sonne wuͤrcklich ſeyn kan da doch die Nacht in beyden Staͤdten nicht wuͤrcklich iſt, oder ob die Ab- weſenheit der Sonne nicht koͤnne wuͤrcklich ſeyn, da doch die Nachtzeit in Halle und Leipzig wuͤrcklich waͤre. Man wird mir erlauben, daß ich das Wort: Abweſenheit der Son- ne beybehalte, indem man meine Meinung als- denn deſto leichter verſtehen kan. Nun wollen
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den Dingen, das dritte zur Urſach haben muͤſ-
ſen. Jch will dieſes mit obigen Exempel er-
laͤutern. Jn Halle iſt es allemal Nacht, wenn
es in Leipzig Nacht iſt, und umgekehrt. Ge-
ſetzt ich wuͤſte nun weder die Beſchaffenheit von
Halle noch von Leipzig; ſo koͤnte ich mich fol-
gendergeſtalt uͤberfuͤhren, daß zwiſchen der
Nachtzeit zu Halle und der zu Leipzig keine
Urſach und Wuͤrckung ſtatt faͤnde: man duͤrfte
nur bemercken, ob mit der Nachtzeit in beyden
Staͤdten, nicht noch ein drittes eben ſo genau
verbunden waͤre, als ſie ſelbſt ſind. Dieſes
duͤrfte man nicht weit ſuchen. Die Abweſen-
heit der Sonne iſt allemal wuͤrcklich, wenn die
Nachzeit zu Halle und Leipzig wuͤrcklich iſt.
Wiederum: die Abweſenheit der Sonne iſt
allemal nicht wuͤrcklich, wenn die Nacht in
Halle und Leipzig nicht wuͤrcklich iſt. Alſo ma-
che ich daraus den Schluß, daß die Abweſen-
heit der Sonne auch etwas darzu beytragen
muͤſſe. Will ich nun wiſſen, was dieſes eigent-
lich ſey, das ſie darzu beytrage; ſo muß ich
zuſehen, ob nicht die Abweſenheit der Sonne
wuͤrcklich ſeyn kan da doch die Nacht in beyden
Staͤdten nicht wuͤrcklich iſt, oder ob die Ab-
weſenheit der Sonne nicht koͤnne wuͤrcklich
ſeyn, da doch die Nachtzeit in Halle und Leipzig
wuͤrcklich waͤre. Man wird mir erlauben,
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/87>, abgerufen am 22.07.2024.
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