seiner Beschaffenheit auf seine Fähigkeit zu ur- theilen? Jch will meinen Lesern erzählen, was vor ein Hülfsmittel ich mir in einem sol- chen Falle ersonnen, um davon gewiß zu wer- den. Jch werde die Regel in der Ordnung vortragen, wie ich selber nach und nach darauf gekommen bin. Jch machte es so: ich mach- te mich in meinen Gedancken zu einen Men- schen, welcher sein Tage keine Uhr gesehen. Man zeigte mir deren eine, und ich bemerckte, daß wenn sich die innwendigen Räder beweg- ten, auch alsdenn der äussere Zeiger binnen ei- niger Zeit ziemlicher massen von seiner Stelle rückte. Jch wolte nun gerne gewiß wissen, ob die Bewegung der Räder die Ursach von dem Umdrehen des Zeigers sey, oder nicht. Hätte ich nun die Strucktur der innern Uhr verstanden, so wäre mir geholfen gewesen. Aber das war nun damals nicht. Derohalben hatte ich die Kühnheit, einmal mit dem Fin- ger die Bewegung der Räder inwendig zu ver- hindern. Da hörte auch das Umdrehen des Zeigers auf. Der Besitzer dieser Uhr merckte dieses, und ward unwillig auf mich. Unter währenden Schmähen fing er an, an der Uhr zu drehen, und als ich wieder darnach sahe, bewegten sich nicht allein die Räder wieder, wie vorhin; sondern der Zeiger drehete sich auch wieder, um die Mitte der Uhr. Nunmehro schien ich vollkommen überzeugt zu seyn, daß diese beyden Bewegungen von einander gewürckt
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ſeiner Beſchaffenheit auf ſeine Faͤhigkeit zu ur- theilen? Jch will meinen Leſern erzaͤhlen, was vor ein Huͤlfsmittel ich mir in einem ſol- chen Falle erſonnen, um davon gewiß zu wer- den. Jch werde die Regel in der Ordnung vortragen, wie ich ſelber nach und nach darauf gekommen bin. Jch machte es ſo: ich mach- te mich in meinen Gedancken zu einen Men- ſchen, welcher ſein Tage keine Uhr geſehen. Man zeigte mir deren eine, und ich bemerckte, daß wenn ſich die innwendigen Raͤder beweg- ten, auch alsdenn der aͤuſſere Zeiger binnen ei- niger Zeit ziemlicher maſſen von ſeiner Stelle ruͤckte. Jch wolte nun gerne gewiß wiſſen, ob die Bewegung der Raͤder die Urſach von dem Umdrehen des Zeigers ſey, oder nicht. Haͤtte ich nun die Strucktur der innern Uhr verſtanden, ſo waͤre mir geholfen geweſen. Aber das war nun damals nicht. Derohalben hatte ich die Kuͤhnheit, einmal mit dem Fin- ger die Bewegung der Raͤder inwendig zu ver- hindern. Da hoͤrte auch das Umdrehen des Zeigers auf. Der Beſitzer dieſer Uhr merckte dieſes, und ward unwillig auf mich. Unter waͤhrenden Schmaͤhen fing er an, an der Uhr zu drehen, und als ich wieder darnach ſahe, bewegten ſich nicht allein die Raͤder wieder, wie vorhin; ſondern der Zeiger drehete ſich auch wieder, um die Mitte der Uhr. Nunmehro ſchien ich vollkommen uͤberzeugt zu ſeyn, daß dieſe beyden Bewegungen von einander gewuͤrckt
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ſeiner Beſchaffenheit auf ſeine Faͤhigkeit zu ur-
theilen? Jch will meinen Leſern erzaͤhlen,
was vor ein Huͤlfsmittel ich mir in einem ſol-
chen Falle erſonnen, um davon gewiß zu wer-
den. Jch werde die Regel in der Ordnung
vortragen, wie ich ſelber nach und nach darauf
gekommen bin. Jch machte es ſo: ich mach-
te mich in meinen Gedancken zu einen Men-
ſchen, welcher ſein Tage keine Uhr geſehen.
Man zeigte mir deren eine, und ich bemerckte,
daß wenn ſich die innwendigen Raͤder beweg-
ten, auch alsdenn der aͤuſſere Zeiger binnen ei-
niger Zeit ziemlicher maſſen von ſeiner Stelle
ruͤckte. Jch wolte nun gerne gewiß wiſſen,
ob die Bewegung der Raͤder die Urſach von
dem Umdrehen des Zeigers ſey, oder nicht.
Haͤtte ich nun die Strucktur der innern Uhr
verſtanden, ſo waͤre mir geholfen geweſen.
Aber das war nun damals nicht. Derohalben
hatte ich die Kuͤhnheit, einmal mit dem Fin-
ger die Bewegung der Raͤder inwendig zu ver-
hindern. Da hoͤrte auch das Umdrehen des
Zeigers auf. Der Beſitzer dieſer Uhr merckte
dieſes, und ward unwillig auf mich. Unter
waͤhrenden Schmaͤhen fing er an, an der Uhr
zu drehen, und als ich wieder darnach ſahe,
bewegten ſich nicht allein die Raͤder wieder,
wie vorhin; ſondern der Zeiger drehete ſich auch
wieder, um die Mitte der Uhr. Nunmehro
ſchien ich vollkommen uͤberzeugt zu ſeyn, daß
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/84>, abgerufen am 22.07.2024.
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