schen Lehre, zwischen dem Verhalten dieser beyden Arten von Menschen, und denen Hand- lungen der Sele eine so grosse Aehnlichkeit, daß man fast gezwungen wird, solche Gleichnisse anzustellen. Nun aber möchte ich gerne wis- sen, wie man hieraus schliessen könte, daß man sich die Handlungen der Sele körperlich zu seyn überredete. Man muß niemals ein Gleich- niß höher treiben, als es mit der Sache über- ein kommt, welche man dadurch in eine Ver- gleichung setzt. Welcher Mensch ist so thö- richt, daß er glauben solte, die Christen hielten das Wort GOttes vor eine Handvoll Samen- körner, welche ein Ackersmann auf seinen Acker wirft, und deren etliche Frucht bringen, etliche aber verderben? Aber eben diese Verhältniß hat es mit der Vergleichung der Sele mit ei- nem Kriegesmanne oder Hausvater. Ja wenn man diese Freyheit einem Stahlianer so übel auslegen will; so möchte ich wol eine Er- klärung davon haben, wenn man sagt: Diese Vorstellung erschüttert das Gemüth; iene wird in der Sele ausgelöscht; Die Sele be- weißt eine grosse Geschwindigkeit, welche pol- ternd und ungestüm ist; der Grund der Sele wird aufgewühlt, und, eine grosse ungeheure Vorstellung sinckt in den Grund der Sele hin- unter. Alles dieses sind Dinge, welche man in keiner Monade suchen solte. Wenigstens kommt mir eine Geschwindigkeit der Sele, welche poltert, viel lächerlicher vor, als wenn
man
ſchen Lehre, zwiſchen dem Verhalten dieſer beyden Arten von Menſchen, und denen Hand- lungen der Sele eine ſo groſſe Aehnlichkeit, daß man faſt gezwungen wird, ſolche Gleichniſſe anzuſtellen. Nun aber moͤchte ich gerne wiſ- ſen, wie man hieraus ſchlieſſen koͤnte, daß man ſich die Handlungen der Sele koͤrperlich zu ſeyn uͤberredete. Man muß niemals ein Gleich- niß hoͤher treiben, als es mit der Sache uͤber- ein kommt, welche man dadurch in eine Ver- gleichung ſetzt. Welcher Menſch iſt ſo thoͤ- richt, daß er glauben ſolte, die Chriſten hielten das Wort GOttes vor eine Handvoll Samen- koͤrner, welche ein Ackersmann auf ſeinen Acker wirft, und deren etliche Frucht bringen, etliche aber verderben? Aber eben dieſe Verhaͤltniß hat es mit der Vergleichung der Sele mit ei- nem Kriegesmanne oder Hausvater. Ja wenn man dieſe Freyheit einem Stahlianer ſo uͤbel auslegen will; ſo moͤchte ich wol eine Er- klaͤrung davon haben, wenn man ſagt: Dieſe Vorſtellung erſchuͤttert das Gemuͤth; iene wird in der Sele ausgeloͤſcht; Die Sele be- weißt eine groſſe Geſchwindigkeit, welche pol- ternd und ungeſtuͤm iſt; der Grund der Sele wird aufgewuͤhlt, und, eine groſſe ungeheure Vorſtellung ſinckt in den Grund der Sele hin- unter. Alles dieſes ſind Dinge, welche man in keiner Monade ſuchen ſolte. Wenigſtens kommt mir eine Geſchwindigkeit der Sele, welche poltert, viel laͤcherlicher vor, als wenn
man
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ſchen Lehre, zwiſchen dem Verhalten dieſer
beyden Arten von Menſchen, und denen Hand-
lungen der Sele eine ſo groſſe Aehnlichkeit, daß
man faſt gezwungen wird, ſolche Gleichniſſe
anzuſtellen. Nun aber moͤchte ich gerne wiſ-
ſen, wie man hieraus ſchlieſſen koͤnte, daß man
ſich die Handlungen der Sele koͤrperlich zu
ſeyn uͤberredete. Man muß niemals ein Gleich-
niß hoͤher treiben, als es mit der Sache uͤber-
ein kommt, welche man dadurch in eine Ver-
gleichung ſetzt. Welcher Menſch iſt ſo thoͤ-
richt, daß er glauben ſolte, die Chriſten hielten
das Wort GOttes vor eine Handvoll Samen-
koͤrner, welche ein Ackersmann auf ſeinen Acker
wirft, und deren etliche Frucht bringen, etliche
aber verderben? Aber eben dieſe Verhaͤltniß
hat es mit der Vergleichung der Sele mit ei-
nem Kriegesmanne oder Hausvater. Ja
wenn man dieſe Freyheit einem Stahlianer ſo
uͤbel auslegen will; ſo moͤchte ich wol eine Er-
klaͤrung davon haben, wenn man ſagt: Dieſe
Vorſtellung erſchuͤttert das Gemuͤth; iene
wird in der Sele ausgeloͤſcht; Die Sele be-
weißt eine groſſe Geſchwindigkeit, welche pol-
ternd und ungeſtuͤm iſt; der Grund der Sele
wird aufgewuͤhlt, und, eine groſſe ungeheure
Vorſtellung ſinckt in den Grund der Sele hin-
unter. Alles dieſes ſind Dinge, welche man
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kommt mir eine Geſchwindigkeit der Sele,
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/156>, abgerufen am 22.07.2024.
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