Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.im Voraus. Jch bin ein Mensch, der nicht §. 43.
im Voraus. Jch bin ein Menſch, der nicht §. 43.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0143" n="113"/> im Voraus. Jch bin ein Menſch, der nicht<lb/> abſtrahiren kan. Jch haͤnge noch an denen<lb/> Sitten des Poͤbels, welcher alles das nicht<lb/> glauben will, was er nicht ſieht. Denn ſonſt<lb/> wuͤrde ich es bald begreiffen koͤnnen, daß meine<lb/> Sele ihren Koͤrper nicht hin und her ſtoſſen<lb/> koͤnte. Jch geſtehe daß meine Gegner in ge-<lb/> wiſſer Abſicht Recht haben. So ſehr kan ich<lb/> nicht abſtrahiren, daß endlich das, was ich<lb/> dencke, gar nichts mehr ſeyn ſolte. Und wenn<lb/> man mich mit dem Poͤbel vergleichen will; ſo<lb/> gebe ich es in ſo weit zu, daß ich nicht glaube,<lb/> was ich nicht ſehe: Das iſt, was ich nicht aus<lb/> der Vernunft erweiſen kan, und davon ich doch<lb/> auch nichts erfahre. Wenn ich aber meinen<lb/> Gegnern erwieſe, daß ſie alles das, was ſie<lb/> glaubten, nicht ſehen koͤnten, und daß ſie die<lb/> Augen zuthaͤten, wenn ſie das Gegentheil ge-<lb/> wahr wuͤrden; ſo entſtuͤnde nunmehro ein<lb/> Rangſtreit, zwiſchen ihnen und der Art Leute,<lb/> worunter ich gehoͤre. Jch habe ſo gewiß er-<lb/> wieſen, daß unſre Sele in den Koͤrper wuͤrckt;<lb/> ſo gewiß es iſt, daß ein Koͤrper in einen andern<lb/> wuͤrcket. Das heiſt, ich habe einen Satz er-<lb/> wieſen, welchen ein andrer laͤugnet, und dieſen<lb/> habe ich ſo gewiß erwieſen, als einen andern<lb/> Satz, welchen er ebenfalls laͤugnet. Kan man<lb/> aber wol uͤber die Einſichten ſolcher Leute nei-<lb/> diſch ſeyn?</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 43.</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [113/0143]
im Voraus. Jch bin ein Menſch, der nicht
abſtrahiren kan. Jch haͤnge noch an denen
Sitten des Poͤbels, welcher alles das nicht
glauben will, was er nicht ſieht. Denn ſonſt
wuͤrde ich es bald begreiffen koͤnnen, daß meine
Sele ihren Koͤrper nicht hin und her ſtoſſen
koͤnte. Jch geſtehe daß meine Gegner in ge-
wiſſer Abſicht Recht haben. So ſehr kan ich
nicht abſtrahiren, daß endlich das, was ich
dencke, gar nichts mehr ſeyn ſolte. Und wenn
man mich mit dem Poͤbel vergleichen will; ſo
gebe ich es in ſo weit zu, daß ich nicht glaube,
was ich nicht ſehe: Das iſt, was ich nicht aus
der Vernunft erweiſen kan, und davon ich doch
auch nichts erfahre. Wenn ich aber meinen
Gegnern erwieſe, daß ſie alles das, was ſie
glaubten, nicht ſehen koͤnten, und daß ſie die
Augen zuthaͤten, wenn ſie das Gegentheil ge-
wahr wuͤrden; ſo entſtuͤnde nunmehro ein
Rangſtreit, zwiſchen ihnen und der Art Leute,
worunter ich gehoͤre. Jch habe ſo gewiß er-
wieſen, daß unſre Sele in den Koͤrper wuͤrckt;
ſo gewiß es iſt, daß ein Koͤrper in einen andern
wuͤrcket. Das heiſt, ich habe einen Satz er-
wieſen, welchen ein andrer laͤugnet, und dieſen
habe ich ſo gewiß erwieſen, als einen andern
Satz, welchen er ebenfalls laͤugnet. Kan man
aber wol uͤber die Einſichten ſolcher Leute nei-
diſch ſeyn?
§. 43.
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