Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.könne. Aber eben dieses ist leider! der Stein drer,
koͤnne. Aber eben dieſes iſt leider! der Stein drer,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0100" n="70"/> koͤnne. Aber eben dieſes iſt leider! der Stein<lb/> des Anſtoſſes. Wir haben viel zu enge Gren-<lb/> tzen unſers Verſtandes, als daß wir dieſes ſol-<lb/> ten zeigen koͤnnen. Wir wiſſen nicht einmal<lb/> recht, was unſre Sele ſey, und wie wollten wir<lb/> es alſo wol anfangen, wenn wir von denen<lb/> Empfindungen ein richtiges Urtheil faͤllen ſol-<lb/> ten. Dieſer haͤlt ſeine Sele vor eine Materie,<lb/> iener haͤlt ſie vor eine Monade, und ſpricht ihr<lb/> alles Vermoͤgen ab, in einen Koͤrper wuͤrcken<lb/> zu koͤnnen. Wer hat nun von dieſen beyden<lb/> Recht? Jn der That dieſe Frage iſt ſchwer zu<lb/> beantworten, indem das wahre Urtheil davon<lb/> wol beyden Partheyen unanſtaͤndig ſeyn moͤch-<lb/> te. Womit muß es doch unſre Sele verſehen<lb/> haben, daß ihr faſt kein Menſch gerne zugeſte-<lb/> hen will, daß ſie in ihren Koͤrper wuͤrcke? Jſt<lb/> denn alles das untruͤglich gewiß, davon wir<lb/> nicht begreifen koͤnnen, daß es anders ſeyn ſol-<lb/> le? Muß denn unſre Sele bloß darum unver-<lb/> moͤgend ſeyn, in ihren Koͤrper zu wuͤrcken, weil<lb/> es niemand begreiffen kan, wie dieſes zugehen<lb/> ſolte? Ey, warum laͤugnet man denn nicht<lb/> auch die Moͤglichkeit deſſen, daß ein Koͤrper<lb/> den andern in Bewegung ſetzen koͤnne? Wer<lb/> kan ſich ruͤhmen, daß er begreife wie dieſes zu-<lb/> gehe. Warum laͤugnet es denn kein Menſch,<lb/> daß der Magnet das Eiſen an ſich ziehe, daß<lb/> ſich ſein Nordpol beſtaͤndig gegen Norden, hin-<lb/> gegen der Suͤderpol gegen Suͤden kehre, daß<lb/> ein Armirter ſtaͤrcker an ſich ziehe, als ein an-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">drer,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0100]
koͤnne. Aber eben dieſes iſt leider! der Stein
des Anſtoſſes. Wir haben viel zu enge Gren-
tzen unſers Verſtandes, als daß wir dieſes ſol-
ten zeigen koͤnnen. Wir wiſſen nicht einmal
recht, was unſre Sele ſey, und wie wollten wir
es alſo wol anfangen, wenn wir von denen
Empfindungen ein richtiges Urtheil faͤllen ſol-
ten. Dieſer haͤlt ſeine Sele vor eine Materie,
iener haͤlt ſie vor eine Monade, und ſpricht ihr
alles Vermoͤgen ab, in einen Koͤrper wuͤrcken
zu koͤnnen. Wer hat nun von dieſen beyden
Recht? Jn der That dieſe Frage iſt ſchwer zu
beantworten, indem das wahre Urtheil davon
wol beyden Partheyen unanſtaͤndig ſeyn moͤch-
te. Womit muß es doch unſre Sele verſehen
haben, daß ihr faſt kein Menſch gerne zugeſte-
hen will, daß ſie in ihren Koͤrper wuͤrcke? Jſt
denn alles das untruͤglich gewiß, davon wir
nicht begreifen koͤnnen, daß es anders ſeyn ſol-
le? Muß denn unſre Sele bloß darum unver-
moͤgend ſeyn, in ihren Koͤrper zu wuͤrcken, weil
es niemand begreiffen kan, wie dieſes zugehen
ſolte? Ey, warum laͤugnet man denn nicht
auch die Moͤglichkeit deſſen, daß ein Koͤrper
den andern in Bewegung ſetzen koͤnne? Wer
kan ſich ruͤhmen, daß er begreife wie dieſes zu-
gehe. Warum laͤugnet es denn kein Menſch,
daß der Magnet das Eiſen an ſich ziehe, daß
ſich ſein Nordpol beſtaͤndig gegen Norden, hin-
gegen der Suͤderpol gegen Suͤden kehre, daß
ein Armirter ſtaͤrcker an ſich ziehe, als ein an-
drer,
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