Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
zum andern die, von unempfundenen gewendeten äußern,
§. 419. und drittens die unmittelbaren von äußern.
§. 418.

§. 581.

Die Nervenwirkungen von ursprünglichen innern
sinnlichen Eindrücken ohne Vorstellungen
können
durch solche von Vorstellungen ersetzet werden: denn sie
bringen beyde einerley thierische Bewegungen in den me-
chanischen Maschinen hervor. §. 541. Man kann die ur-
sprünglichen innern sinnlichen Eindrücke ohne Vorstellun-
gen in widernatürliche, wohin auch die künstlichen gehören,
und in natürliche eintheilen. Die künstlichen sind die,
welche man in Versuchen durch mancherley Reize den Ner-
venstämmen giebt; z. E. wenn man das Gehirn, das
Rückmark, oder den Stamm eines Nerven durch äußere
Berührungen mit Nadeln oder ätzenden Dingen reizet.
Von allen diesen ist uns keine Nervenwirkung bekannt,
welche nicht auch durch Vorstellungen sollte hervorgebracht
werden können: ja eben dieß ist es, warum wir sie als
Nervenwirkungen so oft bewundern, weil wir sie als See-
lenwirkungen kennen, und in den Versuchen, wo sie es un-
möglich seyn können, doch wieder finden. Wenn durch
den künstlichen Reiz des Rückenmarks ein Frosch seine
Glieder reget, und durch sonst willkührliche Bewegungen
davon geht, so sind dieses Handlungen, die er im Leben
tausendmal, durch äußere Empfindungen gereizet, sinnlich
willkührlich vollbringt; und wenn wirs verstünden, wie
die Vorstellungen die Nerven eigentlich innerlich sinnlich
rühren, so könnte man, wie schon oben §. 486. erinnert
worden, ganze aneinander hängende Reihen von Seelen-
wirkungen der Vorstellungen durch künstliche innere sinnli-
che Eindrücke als Nervenwirkungen nachahmen. Jn dem
sich selbst gelassenen Zustande der Thiere bemerket man oft
Nervenwirkungen von widernatürlichen innern sinnlichen
Eindrucken ohne Vorstellungen, wenn entweder die Ur-

sprünge

II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
zum andern die, von unempfundenen gewendeten aͤußern,
§. 419. und drittens die unmittelbaren von aͤußern.
§. 418.

§. 581.

Die Nervenwirkungen von urſpruͤnglichen innern
ſinnlichen Eindruͤcken ohne Vorſtellungen
koͤnnen
durch ſolche von Vorſtellungen erſetzet werden: denn ſie
bringen beyde einerley thieriſche Bewegungen in den me-
chaniſchen Maſchinen hervor. §. 541. Man kann die ur-
ſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtellun-
gen in widernatuͤrliche, wohin auch die kuͤnſtlichen gehoͤren,
und in natuͤrliche eintheilen. Die kuͤnſtlichen ſind die,
welche man in Verſuchen durch mancherley Reize den Ner-
venſtaͤmmen giebt; z. E. wenn man das Gehirn, das
Ruͤckmark, oder den Stamm eines Nerven durch aͤußere
Beruͤhrungen mit Nadeln oder aͤtzenden Dingen reizet.
Von allen dieſen iſt uns keine Nervenwirkung bekannt,
welche nicht auch durch Vorſtellungen ſollte hervorgebracht
werden koͤnnen: ja eben dieß iſt es, warum wir ſie als
Nervenwirkungen ſo oft bewundern, weil wir ſie als See-
lenwirkungen kennen, und in den Verſuchen, wo ſie es un-
moͤglich ſeyn koͤnnen, doch wieder finden. Wenn durch
den kuͤnſtlichen Reiz des Ruͤckenmarks ein Froſch ſeine
Glieder reget, und durch ſonſt willkuͤhrliche Bewegungen
davon geht, ſo ſind dieſes Handlungen, die er im Leben
tauſendmal, durch aͤußere Empfindungen gereizet, ſinnlich
willkuͤhrlich vollbringt; und wenn wirs verſtuͤnden, wie
die Vorſtellungen die Nerven eigentlich innerlich ſinnlich
ruͤhren, ſo koͤnnte man, wie ſchon oben §. 486. erinnert
worden, ganze aneinander haͤngende Reihen von Seelen-
wirkungen der Vorſtellungen durch kuͤnſtliche innere ſinnli-
che Eindruͤcke als Nervenwirkungen nachahmen. Jn dem
ſich ſelbſt gelaſſenen Zuſtande der Thiere bemerket man oft
Nervenwirkungen von widernatuͤrlichen innern ſinnlichen
Eindrucken ohne Vorſtellungen, wenn entweder die Ur-

ſpruͤnge
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0612" n="588"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II</hi> Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.</hi></fw><lb/>
zum andern die, von unempfundenen gewendeten a&#x0364;ußern,<lb/>
§. 419. und drittens die unmittelbaren von a&#x0364;ußern.<lb/>
§. 418.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 581.</head><lb/>
              <p>Die Nervenwirkungen von <hi rendition="#fr">ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen innern<lb/>
&#x017F;innlichen Eindru&#x0364;cken ohne Vor&#x017F;tellungen</hi> ko&#x0364;nnen<lb/>
durch &#x017F;olche von Vor&#x017F;tellungen er&#x017F;etzet werden: denn &#x017F;ie<lb/>
bringen beyde einerley thieri&#x017F;che Bewegungen in den me-<lb/>
chani&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen hervor. §. 541. Man kann die ur-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;nglichen innern &#x017F;innlichen Eindru&#x0364;cke ohne Vor&#x017F;tellun-<lb/>
gen in widernatu&#x0364;rliche, wohin auch die ku&#x0364;n&#x017F;tlichen geho&#x0364;ren,<lb/>
und in natu&#x0364;rliche eintheilen. Die ku&#x0364;n&#x017F;tlichen &#x017F;ind die,<lb/>
welche man in Ver&#x017F;uchen durch mancherley Reize den Ner-<lb/>
ven&#x017F;ta&#x0364;mmen giebt; z. E. wenn man das Gehirn, das<lb/>
Ru&#x0364;ckmark, oder den Stamm eines Nerven durch a&#x0364;ußere<lb/>
Beru&#x0364;hrungen mit Nadeln oder a&#x0364;tzenden Dingen reizet.<lb/>
Von allen die&#x017F;en i&#x017F;t uns keine Nervenwirkung bekannt,<lb/>
welche nicht auch durch Vor&#x017F;tellungen &#x017F;ollte hervorgebracht<lb/>
werden ko&#x0364;nnen: ja eben dieß i&#x017F;t es, warum wir &#x017F;ie als<lb/>
Nervenwirkungen &#x017F;o oft bewundern, weil wir &#x017F;ie als See-<lb/>
lenwirkungen kennen, und in den Ver&#x017F;uchen, wo &#x017F;ie es un-<lb/>
mo&#x0364;glich &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, doch wieder finden. Wenn durch<lb/>
den ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Reiz des Ru&#x0364;ckenmarks ein Fro&#x017F;ch &#x017F;eine<lb/>
Glieder reget, und durch &#x017F;on&#x017F;t willku&#x0364;hrliche Bewegungen<lb/>
davon geht, &#x017F;o &#x017F;ind die&#x017F;es Handlungen, die er im Leben<lb/>
tau&#x017F;endmal, durch a&#x0364;ußere Empfindungen gereizet, &#x017F;innlich<lb/>
willku&#x0364;hrlich vollbringt; und wenn wirs ver&#x017F;tu&#x0364;nden, wie<lb/>
die Vor&#x017F;tellungen die Nerven eigentlich innerlich &#x017F;innlich<lb/>
ru&#x0364;hren, &#x017F;o ko&#x0364;nnte man, wie &#x017F;chon oben §. 486. erinnert<lb/>
worden, ganze aneinander ha&#x0364;ngende Reihen von Seelen-<lb/>
wirkungen der Vor&#x017F;tellungen durch ku&#x0364;n&#x017F;tliche innere &#x017F;innli-<lb/>
che Eindru&#x0364;cke als Nervenwirkungen nachahmen. Jn dem<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gela&#x017F;&#x017F;enen Zu&#x017F;tande der Thiere bemerket man oft<lb/>
Nervenwirkungen von widernatu&#x0364;rlichen innern &#x017F;innlichen<lb/>
Eindrucken ohne Vor&#x017F;tellungen, wenn entweder die Ur-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;pru&#x0364;nge</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[588/0612] II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr. zum andern die, von unempfundenen gewendeten aͤußern, §. 419. und drittens die unmittelbaren von aͤußern. §. 418. §. 581. Die Nervenwirkungen von urſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindruͤcken ohne Vorſtellungen koͤnnen durch ſolche von Vorſtellungen erſetzet werden: denn ſie bringen beyde einerley thieriſche Bewegungen in den me- chaniſchen Maſchinen hervor. §. 541. Man kann die ur- ſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtellun- gen in widernatuͤrliche, wohin auch die kuͤnſtlichen gehoͤren, und in natuͤrliche eintheilen. Die kuͤnſtlichen ſind die, welche man in Verſuchen durch mancherley Reize den Ner- venſtaͤmmen giebt; z. E. wenn man das Gehirn, das Ruͤckmark, oder den Stamm eines Nerven durch aͤußere Beruͤhrungen mit Nadeln oder aͤtzenden Dingen reizet. Von allen dieſen iſt uns keine Nervenwirkung bekannt, welche nicht auch durch Vorſtellungen ſollte hervorgebracht werden koͤnnen: ja eben dieß iſt es, warum wir ſie als Nervenwirkungen ſo oft bewundern, weil wir ſie als See- lenwirkungen kennen, und in den Verſuchen, wo ſie es un- moͤglich ſeyn koͤnnen, doch wieder finden. Wenn durch den kuͤnſtlichen Reiz des Ruͤckenmarks ein Froſch ſeine Glieder reget, und durch ſonſt willkuͤhrliche Bewegungen davon geht, ſo ſind dieſes Handlungen, die er im Leben tauſendmal, durch aͤußere Empfindungen gereizet, ſinnlich willkuͤhrlich vollbringt; und wenn wirs verſtuͤnden, wie die Vorſtellungen die Nerven eigentlich innerlich ſinnlich ruͤhren, ſo koͤnnte man, wie ſchon oben §. 486. erinnert worden, ganze aneinander haͤngende Reihen von Seelen- wirkungen der Vorſtellungen durch kuͤnſtliche innere ſinnli- che Eindruͤcke als Nervenwirkungen nachahmen. Jn dem ſich ſelbſt gelaſſenen Zuſtande der Thiere bemerket man oft Nervenwirkungen von widernatuͤrlichen innern ſinnlichen Eindrucken ohne Vorſtellungen, wenn entweder die Ur- ſpruͤnge

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/612
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/612>, abgerufen am 03.12.2024.