Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan. schicktesten sind, das Werk der Fortpflanzung ihres Ge-schlechts zu treiben, in einem gewissen Alter, auf eine be- stimmte Dauer ihrer Lebenszeit, mehrentheils periodisch, in den Geschlechtstheilen, die ihnen von der Natur besonders zu diesem Zwecke gegeben worden sind, durch eigentlich da- zu vorbereitete natürliche Veranlassungen, welche oben §. 268. 274. beschrieben worden, und wozu Vollblütigkeit, nahrreiche oder die Nerven der Geschlechtstheile reizende Speisen, Wein, Gewürze, viel Ruhe, Müßiggang, Wohlleben, Sorglosigkeit, und mancherley äußere Em- pfindungen und andre sinnliche Vorstellungen den Grund legen, eine angenehme äußere Empfindung, ein sanfter Ki- tzel, welcher die sinnliche Reizung des Triebes zur Fort- pflanzung ist, deren Seelenwirkungen sich durch ungemein heftige Lebensbewegungen offenbaren. §. 252. H. P. §. 870. Bey dem Menschen, der in Absicht der sinnlichen Triebe nur Thier ist, weil sie in das Gebiet der Sinnlich- keit gehören, §. 262. welches die Thiere mit ihm gemein haben, wird diese sinnliche Reizung durch einen Anblick, eine Einbildung, eine Vorhersehung, hervorgebracht, die ihn, ohne sein Begehren, ja wider dasselbe, überraschet, und er nennet diese Wirkung, die ihn in Staunen setzet, dieß Wunderbare, §. 263. die verliebte Bezauberung. Er ist von der Absicht der Natur bey dieser wunderbaren Rüh- rung so wenig unterrichtet, §. 266. daß er sie anfangs für Regungen der Freundschaft, der Hochachtung, kurz für einen edlern Trieb aus nicht sinnlichen Triebfedern hält, die er sich selbst andichtet, bis er zuletzt erst, aus ihren gehei- men Einflüssen in die Geschlechtstheile erkennt, daß ihr von ihm nicht bemerkter Zweck auf eine Reizung des Fleisches (§. 88.) abziele, und daß es der Trieb zur Begattung sey, in den sie sich auflöset. Dieser Trieb ist in beyderley Ge- schlechtern die Begierde, dieser Lust der Sinnen im höch- sten Grade zu genießen, welches bey der Begattung ge- schieht. So wie also die Begattung die Absicht der Natur bey diesem Triebe ist, §. 265. so ist sie auch der Gegen- stand
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan. ſchickteſten ſind, das Werk der Fortpflanzung ihres Ge-ſchlechts zu treiben, in einem gewiſſen Alter, auf eine be- ſtimmte Dauer ihrer Lebenszeit, mehrentheils periodiſch, in den Geſchlechtstheilen, die ihnen von der Natur beſonders zu dieſem Zwecke gegeben worden ſind, durch eigentlich da- zu vorbereitete natuͤrliche Veranlaſſungen, welche oben §. 268. 274. beſchrieben worden, und wozu Vollbluͤtigkeit, nahrreiche oder die Nerven der Geſchlechtstheile reizende Speiſen, Wein, Gewuͤrze, viel Ruhe, Muͤßiggang, Wohlleben, Sorgloſigkeit, und mancherley aͤußere Em- pfindungen und andre ſinnliche Vorſtellungen den Grund legen, eine angenehme aͤußere Empfindung, ein ſanfter Ki- tzel, welcher die ſinnliche Reizung des Triebes zur Fort- pflanzung iſt, deren Seelenwirkungen ſich durch ungemein heftige Lebensbewegungen offenbaren. §. 252. H. P. §. 870. Bey dem Menſchen, der in Abſicht der ſinnlichen Triebe nur Thier iſt, weil ſie in das Gebiet der Sinnlich- keit gehoͤren, §. 262. welches die Thiere mit ihm gemein haben, wird dieſe ſinnliche Reizung durch einen Anblick, eine Einbildung, eine Vorherſehung, hervorgebracht, die ihn, ohne ſein Begehren, ja wider daſſelbe, uͤberraſchet, und er nennet dieſe Wirkung, die ihn in Staunen ſetzet, dieß Wunderbare, §. 263. die verliebte Bezauberung. Er iſt von der Abſicht der Natur bey dieſer wunderbaren Ruͤh- rung ſo wenig unterrichtet, §. 266. daß er ſie anfangs fuͤr Regungen der Freundſchaft, der Hochachtung, kurz fuͤr einen edlern Trieb aus nicht ſinnlichen Triebfedern haͤlt, die er ſich ſelbſt andichtet, bis er zuletzt erſt, aus ihren gehei- men Einfluͤſſen in die Geſchlechtstheile erkennt, daß ihr von ihm nicht bemerkter Zweck auf eine Reizung des Fleiſches (§. 88.) abziele, und daß es der Trieb zur Begattung ſey, in den ſie ſich aufloͤſet. Dieſer Trieb iſt in beyderley Ge- ſchlechtern die Begierde, dieſer Luſt der Sinnen im hoͤch- ſten Grade zu genießen, welches bey der Begattung ge- ſchieht. So wie alſo die Begattung die Abſicht der Natur bey dieſem Triebe iſt, §. 265. ſo iſt ſie auch der Gegen- ſtand
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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
ſchickteſten ſind, das Werk der Fortpflanzung ihres Ge-
ſchlechts zu treiben, in einem gewiſſen Alter, auf eine be-
ſtimmte Dauer ihrer Lebenszeit, mehrentheils periodiſch, in
den Geſchlechtstheilen, die ihnen von der Natur beſonders
zu dieſem Zwecke gegeben worden ſind, durch eigentlich da-
zu vorbereitete natuͤrliche Veranlaſſungen, welche oben §.
268. 274. beſchrieben worden, und wozu Vollbluͤtigkeit,
nahrreiche oder die Nerven der Geſchlechtstheile reizende
Speiſen, Wein, Gewuͤrze, viel Ruhe, Muͤßiggang,
Wohlleben, Sorgloſigkeit, und mancherley aͤußere Em-
pfindungen und andre ſinnliche Vorſtellungen den Grund
legen, eine angenehme aͤußere Empfindung, ein ſanfter Ki-
tzel, welcher die ſinnliche Reizung des Triebes zur Fort-
pflanzung iſt, deren Seelenwirkungen ſich durch ungemein
heftige Lebensbewegungen offenbaren. §. 252. H. P. §.
870. Bey dem Menſchen, der in Abſicht der ſinnlichen
Triebe nur Thier iſt, weil ſie in das Gebiet der Sinnlich-
keit gehoͤren, §. 262. welches die Thiere mit ihm gemein
haben, wird dieſe ſinnliche Reizung durch einen Anblick,
eine Einbildung, eine Vorherſehung, hervorgebracht, die
ihn, ohne ſein Begehren, ja wider daſſelbe, uͤberraſchet,
und er nennet dieſe Wirkung, die ihn in Staunen ſetzet,
dieß Wunderbare, §. 263. die verliebte Bezauberung. Er
iſt von der Abſicht der Natur bey dieſer wunderbaren Ruͤh-
rung ſo wenig unterrichtet, §. 266. daß er ſie anfangs fuͤr
Regungen der Freundſchaft, der Hochachtung, kurz fuͤr
einen edlern Trieb aus nicht ſinnlichen Triebfedern haͤlt, die
er ſich ſelbſt andichtet, bis er zuletzt erſt, aus ihren gehei-
men Einfluͤſſen in die Geſchlechtstheile erkennt, daß ihr von
ihm nicht bemerkter Zweck auf eine Reizung des Fleiſches
(§. 88.) abziele, und daß es der Trieb zur Begattung ſey,
in den ſie ſich aufloͤſet. Dieſer Trieb iſt in beyderley Ge-
ſchlechtern die Begierde, dieſer Luſt der Sinnen im hoͤch-
ſten Grade zu genießen, welches bey der Begattung ge-
ſchieht. So wie alſo die Begattung die Abſicht der Natur
bey dieſem Triebe iſt, §. 265. ſo iſt ſie auch der Gegen-
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