materiellen äußern Empfindungen, die nur der hinzukom- mende äußere sinnliche Eindruck ergänzen und vollständig machen kann. Es sind beydes Vorstellungen und mate- rielle Jdeen von einerley Art, wovon aber die Einbildun- gen schwächer und unvollständiger sind. §. 68.
§. 229.
Man kann aus diesem Begriffe leicht abnehmen, daß die Seelenwirkungen der Einbildungen in den mechani- schen Maschinen überhaupt mit denen von den äußern Em- pfindungen übereinstimmen, daß sie ihr Gebiet im thieri- schen Körper eben so weit erstrecken, daß sie eben dieselben Arten von Bewegungen in den verschiedenen Maschinen hervorbringen, und daß ihnen nur an der Vollständigkeit etwas abgehe. So lehret es auch die Erfahrung. Eine Einbildung bringt in eben den Maschinen im thierischen Körper eben solche Seelenwirkungen hervor, wie die ehe- malige äußere Empfindung hervorbrachte. Ein Anblick, bey dem uns die Haut schauderte, machet uns noch einen Schauer, wenn wir uns seiner blos wieder erinnern. Die Erinnerung einer Speise, die uns ehemals ein Erbrechen verursachete, kann uns noch zum Erbrechen reizen, und die Erinnerung einer Wollust bringt unsre Glieder in dieselbe Verfassung, worinn sie dieselbe genossen. Nur sind alle diese Wirkungen der Einbildungen schwächer, einfacher und unvollständiger, als die von äußern Empfindungen. §. 69. Wie kann dieses auch anders seyn, da die Einbil- dungen ihre materiellen Jdeen in eben denselben Ursprün- gen der Nerven im Gehirne erregen, wie die äußern Em- pfindungen, §. 124. 67. mithin dieselbigen Maschinen in Bewegung setzen müssen. §. 129. 130. Da sie eben die- selbe Art sinnlicher Eindrücke im Ursprunge der Nerven im Gehirne, auf deren äußere Empfindungen sie sich bezie- hen, machen, §. 67. 121. worauf nothwendig ähnliche Bewegungen in den Maschinen folgen, und da endlich die- se sinnlichen Eindrücke im Gehirne schwächer, als von äu-
ßern
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der Einbildungen.
materiellen aͤußern Empfindungen, die nur der hinzukom- mende aͤußere ſinnliche Eindruck ergaͤnzen und vollſtaͤndig machen kann. Es ſind beydes Vorſtellungen und mate- rielle Jdeen von einerley Art, wovon aber die Einbildun- gen ſchwaͤcher und unvollſtaͤndiger ſind. §. 68.
§. 229.
Man kann aus dieſem Begriffe leicht abnehmen, daß die Seelenwirkungen der Einbildungen in den mechani- ſchen Maſchinen uͤberhaupt mit denen von den aͤußern Em- pfindungen uͤbereinſtimmen, daß ſie ihr Gebiet im thieri- ſchen Koͤrper eben ſo weit erſtrecken, daß ſie eben dieſelben Arten von Bewegungen in den verſchiedenen Maſchinen hervorbringen, und daß ihnen nur an der Vollſtaͤndigkeit etwas abgehe. So lehret es auch die Erfahrung. Eine Einbildung bringt in eben den Maſchinen im thieriſchen Koͤrper eben ſolche Seelenwirkungen hervor, wie die ehe- malige aͤußere Empfindung hervorbrachte. Ein Anblick, bey dem uns die Haut ſchauderte, machet uns noch einen Schauer, wenn wir uns ſeiner blos wieder erinnern. Die Erinnerung einer Speiſe, die uns ehemals ein Erbrechen verurſachete, kann uns noch zum Erbrechen reizen, und die Erinnerung einer Wolluſt bringt unſre Glieder in dieſelbe Verfaſſung, worinn ſie dieſelbe genoſſen. Nur ſind alle dieſe Wirkungen der Einbildungen ſchwaͤcher, einfacher und unvollſtaͤndiger, als die von aͤußern Empfindungen. §. 69. Wie kann dieſes auch anders ſeyn, da die Einbil- dungen ihre materiellen Jdeen in eben denſelben Urſpruͤn- gen der Nerven im Gehirne erregen, wie die aͤußern Em- pfindungen, §. 124. 67. mithin dieſelbigen Maſchinen in Bewegung ſetzen muͤſſen. §. 129. 130. Da ſie eben die- ſelbe Art ſinnlicher Eindruͤcke im Urſprunge der Nerven im Gehirne, auf deren aͤußere Empfindungen ſie ſich bezie- hen, machen, §. 67. 121. worauf nothwendig aͤhnliche Bewegungen in den Maſchinen folgen, und da endlich die- ſe ſinnlichen Eindruͤcke im Gehirne ſchwaͤcher, als von aͤu-
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der Einbildungen.
materiellen aͤußern Empfindungen, die nur der hinzukom-
mende aͤußere ſinnliche Eindruck ergaͤnzen und vollſtaͤndig
machen kann. Es ſind beydes Vorſtellungen und mate-
rielle Jdeen von einerley Art, wovon aber die Einbildun-
gen ſchwaͤcher und unvollſtaͤndiger ſind. §. 68.
§. 229.
Man kann aus dieſem Begriffe leicht abnehmen, daß
die Seelenwirkungen der Einbildungen in den mechani-
ſchen Maſchinen uͤberhaupt mit denen von den aͤußern Em-
pfindungen uͤbereinſtimmen, daß ſie ihr Gebiet im thieri-
ſchen Koͤrper eben ſo weit erſtrecken, daß ſie eben dieſelben
Arten von Bewegungen in den verſchiedenen Maſchinen
hervorbringen, und daß ihnen nur an der Vollſtaͤndigkeit
etwas abgehe. So lehret es auch die Erfahrung. Eine
Einbildung bringt in eben den Maſchinen im thieriſchen
Koͤrper eben ſolche Seelenwirkungen hervor, wie die ehe-
malige aͤußere Empfindung hervorbrachte. Ein Anblick,
bey dem uns die Haut ſchauderte, machet uns noch einen
Schauer, wenn wir uns ſeiner blos wieder erinnern. Die
Erinnerung einer Speiſe, die uns ehemals ein Erbrechen
verurſachete, kann uns noch zum Erbrechen reizen, und die
Erinnerung einer Wolluſt bringt unſre Glieder in dieſelbe
Verfaſſung, worinn ſie dieſelbe genoſſen. Nur ſind alle
dieſe Wirkungen der Einbildungen ſchwaͤcher, einfacher
und unvollſtaͤndiger, als die von aͤußern Empfindungen.
§. 69. Wie kann dieſes auch anders ſeyn, da die Einbil-
dungen ihre materiellen Jdeen in eben denſelben Urſpruͤn-
gen der Nerven im Gehirne erregen, wie die aͤußern Em-
pfindungen, §. 124. 67. mithin dieſelbigen Maſchinen in
Bewegung ſetzen muͤſſen. §. 129. 130. Da ſie eben die-
ſelbe Art ſinnlicher Eindruͤcke im Urſprunge der Nerven
im Gehirne, auf deren aͤußere Empfindungen ſie ſich bezie-
hen, machen, §. 67. 121. worauf nothwendig aͤhnliche
Bewegungen in den Maſchinen folgen, und da endlich die-
ſe ſinnlichen Eindruͤcke im Gehirne ſchwaͤcher, als von aͤu-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/235>, abgerufen am 21.11.2024.
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