Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
schlechterdings unbekannt, und es scheint nicht, daß die
materiellen Jdeen auf sie irgend einigen, wenigstens unmit-
telbaren Einfluß haben sollten, sondern daß sie nur zu sei-
nem mechanischen Baue gehören.

§. 158.

Die Hirnhäute, die auch zum Theil die Nerven umge-
ben, gehören eben so wenig zu den eigentlichen thierischen
Maschinen, als die Sehnen, Bänder, Knorpel, u. s. w.
H. P. §. 365. Sie sind nicht nur unempfindlich und oh-
ne Nerven, sondern auch das Gehirn selbst, das sie in al-
len seinen Falten begleiten, scheint keinen thierischen Ein-
fluß in sie zu haben, sondern ihnen nur die blos mechani-
sche Bewegung, die es selbst hat, §. 24. mitzutheilen, wo-
durch zwar diese Häute vielleicht einige Wirkungen in den
Körper thun können, die aber, da sie nicht von den mate-
riellen Jdeen des Gehirns herrühren, auch nicht für See-
lenwirkungen zu halten sind. §. 97.

§. 159.

Es bleiben also unter den mechanischen Maschinen, die
sich dem Gehirne selbst einverleiben, nur die Röhren oder
Canäle, hauptsächlich die Blutgefäße übrig, in welchen
die materiellen Jdeen wahre Seelenwirkungen hervorbrin-
gen könnten. Die Markrinde des Gehirns ist fast nur
ein Gewebe von Canälen; sie ist nicht das Jnstrument der
Vorstellungskraft, der Sitz der thierischen Seelenkräfte
selbst; sondern die Absonderungsmaschine der Lebensgeister,
welche sie dem Gehirnmarke und dadurch dem ganzen
System der thierischen Maschinen mittheilet, §. 11. und
in so fern kann man dieselbe als ein Eingeweide des Haupts
betrachten, dessen natürliche Verrichtung in einer Abson-
derung gewisser Säfte vom Blute besteht, welche Säfte
aber ein wesentlicher Theil der thierischen Maschinen sind.
§. 9. Demnach ist sie zwar eine mechanische Maschine,
§. 155. die aber durch ihre Verrichtung den thierischen

Kräften

I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
ſchlechterdings unbekannt, und es ſcheint nicht, daß die
materiellen Jdeen auf ſie irgend einigen, wenigſtens unmit-
telbaren Einfluß haben ſollten, ſondern daß ſie nur zu ſei-
nem mechaniſchen Baue gehoͤren.

§. 158.

Die Hirnhaͤute, die auch zum Theil die Nerven umge-
ben, gehoͤren eben ſo wenig zu den eigentlichen thieriſchen
Maſchinen, als die Sehnen, Baͤnder, Knorpel, u. ſ. w.
H. P. §. 365. Sie ſind nicht nur unempfindlich und oh-
ne Nerven, ſondern auch das Gehirn ſelbſt, das ſie in al-
len ſeinen Falten begleiten, ſcheint keinen thieriſchen Ein-
fluß in ſie zu haben, ſondern ihnen nur die blos mechani-
ſche Bewegung, die es ſelbſt hat, §. 24. mitzutheilen, wo-
durch zwar dieſe Haͤute vielleicht einige Wirkungen in den
Koͤrper thun koͤnnen, die aber, da ſie nicht von den mate-
riellen Jdeen des Gehirns herruͤhren, auch nicht fuͤr See-
lenwirkungen zu halten ſind. §. 97.

§. 159.

Es bleiben alſo unter den mechaniſchen Maſchinen, die
ſich dem Gehirne ſelbſt einverleiben, nur die Roͤhren oder
Canaͤle, hauptſaͤchlich die Blutgefaͤße uͤbrig, in welchen
die materiellen Jdeen wahre Seelenwirkungen hervorbrin-
gen koͤnnten. Die Markrinde des Gehirns iſt faſt nur
ein Gewebe von Canaͤlen; ſie iſt nicht das Jnſtrument der
Vorſtellungskraft, der Sitz der thieriſchen Seelenkraͤfte
ſelbſt; ſondern die Abſonderungsmaſchine der Lebensgeiſter,
welche ſie dem Gehirnmarke und dadurch dem ganzen
Syſtem der thieriſchen Maſchinen mittheilet, §. 11. und
in ſo fern kann man dieſelbe als ein Eingeweide des Haupts
betrachten, deſſen natuͤrliche Verrichtung in einer Abſon-
derung gewiſſer Saͤfte vom Blute beſteht, welche Saͤfte
aber ein weſentlicher Theil der thieriſchen Maſchinen ſind.
§. 9. Demnach iſt ſie zwar eine mechaniſche Maſchine,
§. 155. die aber durch ihre Verrichtung den thieriſchen

Kraͤften
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0174" n="150"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi> Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chlechterdings unbekannt, und es &#x017F;cheint nicht, daß die<lb/>
materiellen Jdeen auf &#x017F;ie irgend einigen, wenig&#x017F;tens unmit-<lb/>
telbaren Einfluß haben &#x017F;ollten, &#x017F;ondern daß &#x017F;ie nur zu &#x017F;ei-<lb/>
nem mechani&#x017F;chen Baue geho&#x0364;ren.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 158.</head><lb/>
              <p>Die Hirnha&#x0364;ute, die auch zum Theil die Nerven umge-<lb/>
ben, geho&#x0364;ren eben &#x017F;o wenig zu den eigentlichen thieri&#x017F;chen<lb/>
Ma&#x017F;chinen, als die Sehnen, Ba&#x0364;nder, Knorpel, u. &#x017F;. w.<lb/><hi rendition="#aq">H. P.</hi> §. 365. Sie &#x017F;ind nicht nur unempfindlich und oh-<lb/>
ne Nerven, &#x017F;ondern auch das Gehirn &#x017F;elb&#x017F;t, das &#x017F;ie in al-<lb/>
len &#x017F;einen Falten begleiten, &#x017F;cheint keinen thieri&#x017F;chen Ein-<lb/>
fluß in &#x017F;ie zu haben, &#x017F;ondern ihnen nur die blos mechani-<lb/>
&#x017F;che Bewegung, die es &#x017F;elb&#x017F;t hat, §. 24. mitzutheilen, wo-<lb/>
durch zwar die&#x017F;e Ha&#x0364;ute vielleicht einige Wirkungen in den<lb/>
Ko&#x0364;rper thun ko&#x0364;nnen, die aber, da &#x017F;ie nicht von den mate-<lb/>
riellen Jdeen des Gehirns herru&#x0364;hren, auch nicht fu&#x0364;r See-<lb/>
lenwirkungen zu halten &#x017F;ind. §. 97.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 159.</head><lb/>
              <p>Es bleiben al&#x017F;o unter den mechani&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen, die<lb/>
&#x017F;ich dem Gehirne &#x017F;elb&#x017F;t einverleiben, nur die Ro&#x0364;hren oder<lb/>
Cana&#x0364;le, haupt&#x017F;a&#x0364;chlich die Blutgefa&#x0364;ße u&#x0364;brig, in welchen<lb/>
die materiellen Jdeen wahre Seelenwirkungen hervorbrin-<lb/>
gen ko&#x0364;nnten. Die <hi rendition="#fr">Markrinde des Gehirns</hi> i&#x017F;t fa&#x017F;t nur<lb/>
ein Gewebe von Cana&#x0364;len; &#x017F;ie i&#x017F;t nicht das Jn&#x017F;trument der<lb/>
Vor&#x017F;tellungskraft, der Sitz der thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t; &#x017F;ondern die Ab&#x017F;onderungsma&#x017F;chine der Lebensgei&#x017F;ter,<lb/>
welche &#x017F;ie dem <hi rendition="#fr">Gehirnmarke</hi> und dadurch dem ganzen<lb/>
Sy&#x017F;tem der thieri&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen mittheilet, §. 11. und<lb/>
in &#x017F;o fern kann man die&#x017F;elbe als ein Eingeweide des Haupts<lb/>
betrachten, de&#x017F;&#x017F;en natu&#x0364;rliche Verrichtung in einer Ab&#x017F;on-<lb/>
derung gewi&#x017F;&#x017F;er Sa&#x0364;fte vom Blute be&#x017F;teht, welche Sa&#x0364;fte<lb/>
aber ein we&#x017F;entlicher Theil der thieri&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen &#x017F;ind.<lb/>
§. 9. Demnach i&#x017F;t &#x017F;ie zwar eine mechani&#x017F;che Ma&#x017F;chine,<lb/>
§. 155. die aber durch ihre Verrichtung den thieri&#x017F;chen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kra&#x0364;ften</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0174] I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan. ſchlechterdings unbekannt, und es ſcheint nicht, daß die materiellen Jdeen auf ſie irgend einigen, wenigſtens unmit- telbaren Einfluß haben ſollten, ſondern daß ſie nur zu ſei- nem mechaniſchen Baue gehoͤren. §. 158. Die Hirnhaͤute, die auch zum Theil die Nerven umge- ben, gehoͤren eben ſo wenig zu den eigentlichen thieriſchen Maſchinen, als die Sehnen, Baͤnder, Knorpel, u. ſ. w. H. P. §. 365. Sie ſind nicht nur unempfindlich und oh- ne Nerven, ſondern auch das Gehirn ſelbſt, das ſie in al- len ſeinen Falten begleiten, ſcheint keinen thieriſchen Ein- fluß in ſie zu haben, ſondern ihnen nur die blos mechani- ſche Bewegung, die es ſelbſt hat, §. 24. mitzutheilen, wo- durch zwar dieſe Haͤute vielleicht einige Wirkungen in den Koͤrper thun koͤnnen, die aber, da ſie nicht von den mate- riellen Jdeen des Gehirns herruͤhren, auch nicht fuͤr See- lenwirkungen zu halten ſind. §. 97. §. 159. Es bleiben alſo unter den mechaniſchen Maſchinen, die ſich dem Gehirne ſelbſt einverleiben, nur die Roͤhren oder Canaͤle, hauptſaͤchlich die Blutgefaͤße uͤbrig, in welchen die materiellen Jdeen wahre Seelenwirkungen hervorbrin- gen koͤnnten. Die Markrinde des Gehirns iſt faſt nur ein Gewebe von Canaͤlen; ſie iſt nicht das Jnſtrument der Vorſtellungskraft, der Sitz der thieriſchen Seelenkraͤfte ſelbſt; ſondern die Abſonderungsmaſchine der Lebensgeiſter, welche ſie dem Gehirnmarke und dadurch dem ganzen Syſtem der thieriſchen Maſchinen mittheilet, §. 11. und in ſo fern kann man dieſelbe als ein Eingeweide des Haupts betrachten, deſſen natuͤrliche Verrichtung in einer Abſon- derung gewiſſer Saͤfte vom Blute beſteht, welche Saͤfte aber ein weſentlicher Theil der thieriſchen Maſchinen ſind. §. 9. Demnach iſt ſie zwar eine mechaniſche Maſchine, §. 155. die aber durch ihre Verrichtung den thieriſchen Kraͤften

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/174
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/174>, abgerufen am 23.11.2024.