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Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und malend. Hat dies Bild irgend eine Beziehung auf Ihre Geschichte, meine Freundin?

Eine sehr nahe, entgegnete die Künstlerin. Ich bin es selbst, die Sie dort sitzen sehen.

Wie? Eine Nonne?

Ich war's.

O wie wundersam ist das! Wenn Paris wüßte, daß es in einer seiner elegantesten und schönsten Frauen, in einer seiner ersten Kunsttalente -- eine Nonne verehrte! --

Hören Sie mich, Emil. Mein Klostername heißt Scholastika. Ich war eine arme Waise, die von ihren habgierigen Verwandten in ein russisches Kloster in der Nähe von Kiew eingekerkert wurde. In die Einsamkeit meines Zufluchtsortes drängte sich einer jener Weltmenschen, die räuberische Excursionen auszuführen lieben in jedes stille Revier, wo Friede und Frömmigkeit herrscht. Lassen Sie mich, junger Freund, über diesen Theil meiner Geschichte einen Schleier werfen. Der Mann, der mich dem Kloster entführte, war ein reicher, junger Russe von vornehmer Familie. Er brachte mich hieher nach Paris. Ich liebte ihn, ich hatte meine Hoffnung, mein ganzes Lebensglück auf sein Herz gesetzt, er täuschte meine arme gläubige Seele, er zerriß mein Herz. Schön, jung, reich, von der Welt bewundert, konnte eine Liebe wie die meinige, ein inniges und fortwährendes Anrufen der starken und edeln Kräfte in einem Männerbusen ihn nicht gewinnen und fesseln. Er gab mir das, was die

und malend. Hat dies Bild irgend eine Beziehung auf Ihre Geschichte, meine Freundin?

Eine sehr nahe, entgegnete die Künstlerin. Ich bin es selbst, die Sie dort sitzen sehen.

Wie? Eine Nonne?

Ich war's.

O wie wundersam ist das! Wenn Paris wüßte, daß es in einer seiner elegantesten und schönsten Frauen, in einer seiner ersten Kunsttalente — eine Nonne verehrte! —

Hören Sie mich, Emil. Mein Klostername heißt Scholastika. Ich war eine arme Waise, die von ihren habgierigen Verwandten in ein russisches Kloster in der Nähe von Kiew eingekerkert wurde. In die Einsamkeit meines Zufluchtsortes drängte sich einer jener Weltmenschen, die räuberische Excursionen auszuführen lieben in jedes stille Revier, wo Friede und Frömmigkeit herrscht. Lassen Sie mich, junger Freund, über diesen Theil meiner Geschichte einen Schleier werfen. Der Mann, der mich dem Kloster entführte, war ein reicher, junger Russe von vornehmer Familie. Er brachte mich hieher nach Paris. Ich liebte ihn, ich hatte meine Hoffnung, mein ganzes Lebensglück auf sein Herz gesetzt, er täuschte meine arme gläubige Seele, er zerriß mein Herz. Schön, jung, reich, von der Welt bewundert, konnte eine Liebe wie die meinige, ein inniges und fortwährendes Anrufen der starken und edeln Kräfte in einem Männerbusen ihn nicht gewinnen und fesseln. Er gab mir das, was die

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:43:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/86>, abgerufen am 25.11.2024.