Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite
von den Reimen.
Jch geh' als wie ein Blinder,
Gantz furchtsam und gemach,
Drum kommen alle Kinder,
Und schren'n mir hinten nach.
Es ist mir gar nicht eben,
Denn eine junge Sau,
Hat ein beglückter Leben,
Als eine graue Frau.

Oder also:

Seht doch den jungen Sack
Dort in dem Fenster sitzen,
Wie hurtig und wie strack
Kan sie das Mäulgen spitzen,
Sie war vor wenig Tagen
Noch weit davon entfernt;
Doch ietzo muß ich sagen,
Sie hat schon ausgelernt.

Oder auch solcher gestalt:

Es sind unterschiedne Sachen,
So den Menschen frölich machen,
Wenn er in dem Kummer lebt:
Doch kan nichts beliebter fallen,
Als wenn Priester. Stimmen schallen,
Da der Geist in Aengsten schwebt.
Redet' ich mit bösen Leuten,
Dürfften sie vielleicht bestreiten,
Daß mein Wort nicht gründlich sey:
Denn die Welt kan's nicht vertragen,
Wenn die Priester etwas sagen,
Keines stimmt dem andern bey.
Drum so seh' ich auf die Frommen,
Welche stets viel Lust bekommen,
Wenn sie Priester angehör't:
Denn in allen Gloubens-Gründen,
Können sie bey diesen finden,
Was die Jrrthums-Sprüche stört.
Ach
von den Reimen.
Jch geh’ als wie ein Blinder,
Gantz furchtſam und gemach,
Drum kommen alle Kinder,
Und ſchren’n mir hinten nach.
Es iſt mir gar nicht eben,
Denn eine junge Sau,
Hat ein begluͤckter Leben,
Als eine graue Frau.

Oder alſo:

Seht doch den jungen Sack
Dort in dem Fenſter ſitzen,
Wie hurtig und wie ſtrack
Kan ſie das Maͤulgen ſpitzen,
Sie war vor wenig Tagen
Noch weit davon entfernt;
Doch ietzo muß ich ſagen,
Sie hat ſchon ausgelernt.

Oder auch ſolcher geſtalt:

Es ſind unterſchiedne Sachen,
So den Menſchen froͤlich machen,
Wenn er in dem Kummer lebt:
Doch kan nichts beliebter fallen,
Als wenn Prieſter. Stimmen ſchallen,
Da der Geiſt in Aengſten ſchwebt.
Redet’ ich mit boͤſen Leuten,
Duͤrfften ſie vielleicht beſtreiten,
Daß mein Wort nicht gruͤndlich ſey:
Denn die Welt kan’s nicht vertragen,
Wenn die Prieſter etwas ſagen,
Keines ſtimmt dem andern bey.
Drum ſo ſeh’ ich auf die Frommen,
Welche ſtets viel Luſt bekommen,
Wenn ſie Prieſter angehoͤr’t:
Denn in allen Gloubens-Gruͤnden,
Koͤnnen ſie bey dieſen finden,
Was die Jrrthums-Spruͤche ſtoͤrt.
Ach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0029" n="25"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von den Reimen.</hi> </fw><lb/>
            <l>Jch geh&#x2019; als wie ein Blinder,</l><lb/>
            <l>Gantz furcht&#x017F;am und gemach,</l><lb/>
            <l>Drum kommen alle Kinder,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chren&#x2019;n mir hinten nach.</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t mir gar nicht eben,</l><lb/>
            <l>Denn eine junge Sau,</l><lb/>
            <l>Hat ein beglu&#x0364;ckter Leben,</l><lb/>
            <l>Als eine graue Frau.</l>
          </lg><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Oder al&#x017F;o:</hi> </hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Seht doch den jungen Sack</l><lb/>
            <l>Dort in dem Fen&#x017F;ter &#x017F;itzen,</l><lb/>
            <l>Wie hurtig und wie &#x017F;track</l><lb/>
            <l>Kan &#x017F;ie das Ma&#x0364;ulgen &#x017F;pitzen,</l><lb/>
            <l>Sie war vor wenig Tagen</l><lb/>
            <l>Noch weit davon entfernt;</l><lb/>
            <l>Doch ietzo muß ich &#x017F;agen,</l><lb/>
            <l>Sie hat &#x017F;chon ausgelernt.</l>
          </lg><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Oder auch &#x017F;olcher ge&#x017F;talt:</hi> </hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Es &#x017F;ind unter&#x017F;chiedne Sachen,</l><lb/>
            <l>So den Men&#x017F;chen fro&#x0364;lich machen,</l><lb/>
            <l>Wenn er in dem Kummer lebt:</l><lb/>
            <l>Doch kan nichts beliebter fallen,</l><lb/>
            <l>Als wenn Prie&#x017F;ter. Stimmen &#x017F;challen,</l><lb/>
            <l>Da der Gei&#x017F;t in Aeng&#x017F;ten &#x017F;chwebt.</l><lb/>
            <l>Redet&#x2019; ich mit bo&#x0364;&#x017F;en Leuten,</l><lb/>
            <l>Du&#x0364;rfften &#x017F;ie vielleicht be&#x017F;treiten,</l><lb/>
            <l>Daß mein Wort nicht gru&#x0364;ndlich &#x017F;ey:</l><lb/>
            <l>Denn die Welt kan&#x2019;s nicht vertragen,</l><lb/>
            <l>Wenn die Prie&#x017F;ter etwas &#x017F;agen,</l><lb/>
            <l>Keines &#x017F;timmt dem andern bey.</l><lb/>
            <l>Drum &#x017F;o &#x017F;eh&#x2019; ich auf die Frommen,</l><lb/>
            <l>Welche &#x017F;tets viel Lu&#x017F;t bekommen,</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie Prie&#x017F;ter angeho&#x0364;r&#x2019;t:</l><lb/>
            <l>Denn in allen Gloubens-Gru&#x0364;nden,</l><lb/>
            <l>Ko&#x0364;nnen &#x017F;ie bey die&#x017F;en finden,</l><lb/>
            <l>Was die Jrrthums-Spru&#x0364;che &#x017F;to&#x0364;rt.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Ach</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0029] von den Reimen. Jch geh’ als wie ein Blinder, Gantz furchtſam und gemach, Drum kommen alle Kinder, Und ſchren’n mir hinten nach. Es iſt mir gar nicht eben, Denn eine junge Sau, Hat ein begluͤckter Leben, Als eine graue Frau. Oder alſo: Seht doch den jungen Sack Dort in dem Fenſter ſitzen, Wie hurtig und wie ſtrack Kan ſie das Maͤulgen ſpitzen, Sie war vor wenig Tagen Noch weit davon entfernt; Doch ietzo muß ich ſagen, Sie hat ſchon ausgelernt. Oder auch ſolcher geſtalt: Es ſind unterſchiedne Sachen, So den Menſchen froͤlich machen, Wenn er in dem Kummer lebt: Doch kan nichts beliebter fallen, Als wenn Prieſter. Stimmen ſchallen, Da der Geiſt in Aengſten ſchwebt. Redet’ ich mit boͤſen Leuten, Duͤrfften ſie vielleicht beſtreiten, Daß mein Wort nicht gruͤndlich ſey: Denn die Welt kan’s nicht vertragen, Wenn die Prieſter etwas ſagen, Keines ſtimmt dem andern bey. Drum ſo ſeh’ ich auf die Frommen, Welche ſtets viel Luſt bekommen, Wenn ſie Prieſter angehoͤr’t: Denn in allen Gloubens-Gruͤnden, Koͤnnen ſie bey dieſen finden, Was die Jrrthums-Spruͤche ſtoͤrt. Ach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/29
Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/29>, abgerufen am 21.11.2024.