Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Des Morgens mit dem Frühsten steigt Eberhard zu Roß, Gen Stuttgart fährt er wieder mit seinem reis'gen Troß, Da kömmt des Wegs gelaufen der Zuffenhauser Hirt'; "Dem Mann ist's trüb zu Muthe, was der uns bringen wird?" "Ich bring' Euch böse Kunde, nächt ist in unsern Trieb Der gleißend' Wolf gefallen, er nahm soviel ihm lieb." Da lacht der alte Greiner in seinen grauen Bart: "Das Wölflein holt sich Kochfleisch, das ist des Wölfleins Art." Sie reiten rüstig fürder, sie sehn aus grünem Thal Das Schloß von Stuttgart ragen, es glänzt im Morgenstral. Da kömmt deß Wegs geritten ein schmucker Edelknecht; "Der Knab' will mich bedünken, als ob er Gutes brächt'." "Ich bring' Euch frohe Mähre: Glück zum Urenkelein! Antonia hat geboren ein Knäblein, hold und fein." Da hebt er hoch die Hände, der ritterliche Greis: "Der Fink hat wieder Samen, dem Herrn sei Dank und Preis!" Des Morgens mit dem Frühſten ſteigt Eberhard zu Roß, Gen Stuttgart fährt er wieder mit ſeinem reiſ’gen Troß, Da kömmt des Wegs gelaufen der Zuffenhauſer Hirt’; „Dem Mann iſt’s trüb zu Muthe, was der uns bringen wird?“ „Ich bring’ Euch böſe Kunde, nächt iſt in unſern Trieb Der gleißend’ Wolf gefallen, er nahm ſoviel ihm lieb.“ Da lacht der alte Greiner in ſeinen grauen Bart: „Das Wölflein holt ſich Kochfleiſch, das iſt des Wölfleins Art.“ Sie reiten rüſtig fürder, ſie ſehn aus grünem Thal Das Schloß von Stuttgart ragen, es glänzt im Morgenſtral. Da kömmt deß Wegs geritten ein ſchmucker Edelknecht; „Der Knab’ will mich bedünken, als ob er Gutes brächt’.“ „Ich bring’ Euch frohe Mähre: Glück zum Urenkelein! Antonia hat geboren ein Knäblein, hold und fein.“ Da hebt er hoch die Hände, der ritterliche Greis: „Der Fink hat wieder Samen, dem Herrn ſei Dank und Preis!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0331" n="325"/> <lg n="17"> <l>Des Morgens mit dem Frühſten ſteigt Eberhard zu Roß,</l><lb/> <l>Gen Stuttgart fährt er wieder mit ſeinem reiſ’gen Troß,</l><lb/> <l>Da kömmt des Wegs gelaufen der Zuffenhauſer Hirt’;</l><lb/> <l>„Dem Mann iſt’s trüb zu Muthe, was der uns bringen wird?“</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <l>„Ich bring’ Euch böſe Kunde, nächt iſt in unſern Trieb</l><lb/> <l>Der gleißend’ Wolf gefallen, er nahm ſoviel ihm lieb.“</l><lb/> <l>Da lacht der alte Greiner in ſeinen grauen Bart:</l><lb/> <l>„Das Wölflein holt ſich Kochfleiſch, das iſt des Wölfleins Art.“</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <l>Sie reiten rüſtig fürder, ſie ſehn aus grünem Thal</l><lb/> <l>Das Schloß von Stuttgart ragen, es glänzt im Morgenſtral.</l><lb/> <l>Da kömmt deß Wegs geritten ein ſchmucker Edelknecht;</l><lb/> <l>„Der Knab’ will mich bedünken, als ob er Gutes brächt’.“</l> </lg><lb/> <lg n="20"> <l>„Ich bring’ Euch frohe Mähre: Glück zum Urenkelein!</l><lb/> <l>Antonia hat geboren ein Knäblein, hold und fein.“</l><lb/> <l>Da hebt er hoch die Hände, der ritterliche Greis:</l><lb/> <l>„Der Fink hat wieder Samen, dem Herrn ſei Dank und Preis!“</l> </lg> </lg> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [325/0331]
Des Morgens mit dem Frühſten ſteigt Eberhard zu Roß,
Gen Stuttgart fährt er wieder mit ſeinem reiſ’gen Troß,
Da kömmt des Wegs gelaufen der Zuffenhauſer Hirt’;
„Dem Mann iſt’s trüb zu Muthe, was der uns bringen wird?“
„Ich bring’ Euch böſe Kunde, nächt iſt in unſern Trieb
Der gleißend’ Wolf gefallen, er nahm ſoviel ihm lieb.“
Da lacht der alte Greiner in ſeinen grauen Bart:
„Das Wölflein holt ſich Kochfleiſch, das iſt des Wölfleins Art.“
Sie reiten rüſtig fürder, ſie ſehn aus grünem Thal
Das Schloß von Stuttgart ragen, es glänzt im Morgenſtral.
Da kömmt deß Wegs geritten ein ſchmucker Edelknecht;
„Der Knab’ will mich bedünken, als ob er Gutes brächt’.“
„Ich bring’ Euch frohe Mähre: Glück zum Urenkelein!
Antonia hat geboren ein Knäblein, hold und fein.“
Da hebt er hoch die Hände, der ritterliche Greis:
„Der Fink hat wieder Samen, dem Herrn ſei Dank und Preis!“
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/331>, abgerufen am 16.07.2024. |