Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.Die XVI. Anmerckung. (aa) Gewissen öffters biß in den Tod zu plagenpflegen. Dahero ist sehr klug gehandelt, aus ande- rer Schaden klug wer- den,wenn man sich an anderer Leute Exempeln spiegelt, und betrachtet, daß dasjenige, was andern wiederfahren ist, auch uns treffen könne; und aus ihrem Unglücke allerhand gute Lebens-Regeln zu seinem besten formi- ret. Solche Leute aber, von denen man nichts lernen kan, soll man entweder gar meiden, oder sie doch so wenig, als es nur thunlich ist, frequentiren. liche Com- pagnien vermeiden, (aa) Zu remediren suchen) Dahero ein Hofmeister die Freyheit haben muß, bey vorfallenden solchen schädlichen Compagnien, wenn er sich sonst nicht helffen kan, nicht al- lein das Qvartier und den Tisch, sondern auch wohl gar den Ort zu changiren. Manchmahl kan man dergleichen wohl ent- gehen, wenn man solche Conversation sucht, wohin die Verführer entweder nicht zu kom- men pflegen, oder nicht kommen dürffen, in welcher aber doch sein Cavalier, seinen incli- nations-mäßigen guten und nützlichen Zeit- Vertreib haben kan. Denn die Inclination muß niemahls gar gehindert, sondern nur quoad excessum moderiret und quoad defe- ctum instigiret werden. Wiedrigen falls wird man sich vielen Inconvenientien exponi- ren, die man durch Vernunfft, Geduld und Zeit gar wohl hätte evitiren können. Die
Die XVI. Anmerckung. (aa) Gewiſſen oͤffters biß in den Tod zu plagenpflegen. Dahero iſt ſehr klug gehandelt, aus ande- rer Schadẽ klug wer- den,wenn man ſich an anderer Leute Exempeln ſpiegelt, und betrachtet, daß dasjenige, was andern wiederfahren iſt, auch uns treffen koͤnne; und aus ihrem Ungluͤcke allerhand gute Lebens-Regeln zu ſeinem beſten formi- ret. Solche Leute aber, von denen man nichts lernen kan, ſoll man entweder gar meiden, oder ſie doch ſo wenig, als es nur thunlich iſt, frequentiren. liche Com- pagnien vermeiden, (aa) Zu remediren ſuchen) Dahero ein Hofmeiſter die Freyheit haben muß, bey vorfallenden ſolchen ſchaͤdlichen Compagnien, wenn er ſich ſonſt nicht helffen kan, nicht al- lein das Qvartier und den Tiſch, ſondern auch wohl gar den Ort zu changiren. Manchmahl kan man dergleichen wohl ent- gehen, wenn man ſolche Converſation ſucht, wohin die Verfuͤhrer entweder nicht zu kom- men pflegen, oder nicht kommen duͤrffen, in welcher aber doch ſein Cavalier, ſeinen incli- nations-maͤßigen guten und nuͤtzlichen Zeit- Vertreib haben kan. Denn die Inclination muß niemahls gar gehindert, ſondern nur quoad exceſſum moderiret und quoad defe- ctum inſtigiret werden. Wiedrigen falls wird man ſich vielen Inconvenientien exponi- ren, die man durch Vernunfft, Geduld und Zeit gar wohl haͤtte evitiren koͤnnen. Die
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Die XVI. Anmerckung. (aa)
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Gewiſſen oͤffters biß in den Tod zu plagen
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ſpiegelt, und betrachtet, daß dasjenige, was
andern wiederfahren iſt, auch uns treffen
koͤnne; und aus ihrem Ungluͤcke allerhand
gute Lebens-Regeln zu ſeinem beſten formi-
ret. Solche Leute aber, von denen man
nichts lernen kan, ſoll man entweder gar
meiden, oder ſie doch ſo wenig, als es nur
thunlich iſt, frequentiren.
⁽aa⁾ Zu remediren ſuchen) Dahero
ein Hofmeiſter die Freyheit haben muß, bey
vorfallenden ſolchen ſchaͤdlichen Compagnien,
wenn er ſich ſonſt nicht helffen kan, nicht al-
lein das Qvartier und den Tiſch, ſondern
auch wohl gar den Ort zu changiren.
Manchmahl kan man dergleichen wohl ent-
gehen, wenn man ſolche Converſation ſucht,
wohin die Verfuͤhrer entweder nicht zu kom-
men pflegen, oder nicht kommen duͤrffen, in
welcher aber doch ſein Cavalier, ſeinen incli-
nations-maͤßigen guten und nuͤtzlichen Zeit-
Vertreib haben kan. Denn die Inclination
muß niemahls gar gehindert, ſondern nur
quoad exceſſum moderiret und quoad defe-
ctum inſtigiret werden. Wiedrigen falls
wird man ſich vielen Inconvenientien exponi-
ren, die man durch Vernunfft, Geduld und
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