Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.Die XI. Anmerckung. (t) ser, als durch fleißiges exponiren, componi-ren und translatiren erlernet wird: So lohnt sichs wohl der Mühe, einige Zeit darauf zu wenden, und es auf diese Weise gantz un- vermerckt dahin zu bringen, daß man ein ziemliches Concept in selbiger aufzusetzen, auch durch ein fleißiges Exercitium solche zu sprechen, geschickt ist. Denn ich halte da-Wie sol- ches am besten zu lernen. vor, daß man eine iede Sprache niemahls besser, als durch wenige, abergute Regeln, die fleißig practice appliciret werden müssen, verstehen, schreiben und reden lernen kan. Allermaßen was par routine gelernet wird, sich ausser dem täglichen Exercitio, in kurtzer Zeit wieder vergist; Da hingegen die Re- geln das Gedächtniß und Judicium derge- stalt feste machen, daß wenn man das hurti- ge Reden gleich verlernet, iedennoch nim- mermehr einen Autorem perfect zu verstehen, vergessen wird. Dieses habe aus eigener Erfahrung, und so wahr befunden, daß ich niemand rathen wolte, eine Sprache ohne alle Regeln zu lernen, wo er sie künfftig- hin nicht bald wieder vergessen will. (t) Composition) Daß meistentheilsWarum so viel Jah- re damit zugebracht werden? biß zehn und mehr Jahre, über dem Latein lernen zugebracht wird, kommt gemeinig- lich daher: Daß man nach dem alten Schlendrian, die Jugend, mit allzuvielen Auswendig lernen plaget, und sie ohne gute Methode elendiglich informiret. Jch habe Die XI. Anmerckung. (t) ſer, als durch fleißiges exponiren, componi-ren und translatiren erlernet wird: So lohnt ſichs wohl der Muͤhe, einige Zeit darauf zu wenden, und es auf dieſe Weiſe gantz un- vermerckt dahin zu bringen, daß man ein ziemliches Concept in ſelbiger aufzuſetzen, auch durch ein fleißiges Exercitium ſolche zu ſprechen, geſchickt iſt. Denn ich halte da-Wie ſol- ches am beſten zu lernen. vor, daß man eine iede Sprache niemahls beſſer, als durch wenige, abergute Regeln, die fleißig practice appliciret werden muͤſſen, verſtehen, ſchreiben und reden lernen kan. Allermaßen was par routine gelernet wird, ſich auſſer dem taͤglichen Exercitio, in kurtzer Zeit wieder vergiſt; Da hingegen die Re- geln das Gedaͤchtniß und Judicium derge- ſtalt feſte machen, daß wenn man das hurti- ge Reden gleich verlernet, iedennoch nim- mermehr einen Autorem perfect zu verſtehen, vergeſſen wird. Dieſes habe aus eigener Erfahrung, und ſo wahr befunden, daß ich niemand rathen wolte, eine Sprache ohne alle Regeln zu lernen, wo er ſie kuͤnfftig- hin nicht bald wieder vergeſſen will. (t) Compoſition) Daß meiſtentheilsWarum ſo viel Jah- re damit zugebracht werden? biß zehn und mehr Jahre, uͤber dem Latein lernen zugebracht wird, kommt gemeinig- lich daher: Daß man nach dem alten Schlendrian, die Jugend, mit allzuvielen Auswendig lernen plaget, und ſie ohne gute Methode elendiglich informiret. 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Die XI. Anmerckung. (t)
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ſer, als durch fleißiges exponiren, componi-
ren und translatiren erlernet wird: So lohnt
ſichs wohl der Muͤhe, einige Zeit darauf zu
wenden, und es auf dieſe Weiſe gantz un-
vermerckt dahin zu bringen, daß man ein
ziemliches Concept in ſelbiger aufzuſetzen,
auch durch ein fleißiges Exercitium ſolche zu
ſprechen, geſchickt iſt. Denn ich halte da-
vor, daß man eine iede Sprache niemahls
beſſer, als durch wenige, abergute Regeln,
die fleißig practice appliciret werden muͤſſen,
verſtehen, ſchreiben und reden lernen kan.
Allermaßen was par routine gelernet wird,
ſich auſſer dem taͤglichen Exercitio, in kurtzer
Zeit wieder vergiſt; Da hingegen die Re-
geln das Gedaͤchtniß und Judicium derge-
ſtalt feſte machen, daß wenn man das hurti-
ge Reden gleich verlernet, iedennoch nim-
mermehr einen Autorem perfect zu verſtehen,
vergeſſen wird. Dieſes habe aus eigener
Erfahrung, und ſo wahr befunden, daß
ich niemand rathen wolte, eine Sprache
ohne alle Regeln zu lernen, wo er ſie kuͤnfftig-
hin nicht bald wieder vergeſſen will.
⁽t⁾ Compoſition) Daß meiſtentheils
biß zehn und mehr Jahre, uͤber dem Latein
lernen zugebracht wird, kommt gemeinig-
lich daher: Daß man nach dem alten
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