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Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.

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Die IV. Anmerckung. (m)
umständlich ausgeführet worden, ablesen
lassen; mit der ausdrücklichen Ordre, daß
er, der Hofmeister, ihren Kindern niemahls
gestehen solte, etwas wider die ihnen mit-
gegebene Verordnungen vorzunehmen,
oder wann de facto dawider gehandelt wor-
den, solches alsobald berichten: So wür-
den sie schon solchen üblen Aufführungen,
nachdrücklich genung zu begegnen wis-
sen.
und durch
die Liebe
vollkom-
men zu
machen su-
chen.
Zum (2) muß er sich die Liebe seiner jun-
gen Herren zuwege zu bringen suchen. Die-
ses geschiehet, wenn er sich, wie oben allbe-
reits in der Anmerckung gemeldet worden
ist, ihrem Humeur, so viel möglich und ohne
Verletzung des Gewissens geschehen kan, ac-
commodi
ret; ihre Fehler nicht so gleich auf
einmahl mit der Schärffe abzubringen, son-
dern vielmehr nach und nach, durch liebrei-
che und gründliche Raisons, zu der Zeit, wann
sie wohl aufgeräumt sind, zu corrigiren
trachtet. Denn gute und böse Gewohn-
heiten, werden nach und nach angenommen,
und auch auf gleiche Weise am besten abge-
schafft. Nihil enim tam naturale est, quam
quodvis eodem modo dissolvi, quo colliga-
tum est, L. 35. ff. de Reg. Jur.
Vor Leu-
ten muß er sie weder mit Gebehrden noch
Worten reprimandiren; auch nicht iede
Kleinigkeit nach Hause an die Eltern berich-
ten. Denn ein ieder Mensch, der in der
Die IV. Anmerckung. (m)
umſtaͤndlich ausgefuͤhret worden, ableſen
laſſen; mit der ausdruͤcklichen Ordre, daß
er, der Hofmeiſter, ihren Kindern niemahls
geſtehen ſolte, etwas wider die ihnen mit-
gegebene Verordnungen vorzunehmen,
oder wann de facto dawider gehandelt wor-
den, ſolches alſobald berichten: So wuͤr-
den ſie ſchon ſolchen uͤblen Auffuͤhrungen,
nachdruͤcklich genung zu begegnen wiſ-
ſen.
und durch
die Liebe
vollkom-
men zu
machen ſu-
chen.
Zum (2) muß er ſich die Liebe ſeiner jun-
gen Herren zuwege zu bringen ſuchen. Die-
ſes geſchiehet, wenn er ſich, wie oben allbe-
reits in der Anmerckung gemeldet worden
iſt, ihrem Humeur, ſo viel moͤglich und ohne
Verletzung des Gewiſſens geſchehen kan, ac-
commodi
ret; ihre Fehler nicht ſo gleich auf
einmahl mit der Schaͤrffe abzubringen, ſon-
dern vielmehr nach und nach, durch liebrei-
che und gruͤndliche Raiſons, zu der Zeit, wann
ſie wohl aufgeraͤumt ſind, zu corrigiren
trachtet. Denn gute und boͤſe Gewohn-
heiten, werden nach und nach angenommen,
und auch auf gleiche Weiſe am beſten abge-
ſchafft. Nihil enim tam naturale eſt, quam
quodvis eodem modo diſſolvi, quo colliga-
tum eſt, L. 35. ff. de Reg. Jur.
Vor Leu-
ten muß er ſie weder mit Gebehrden noch
Worten reprimandiren; auch nicht iede
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[80/0102] Die IV. Anmerckung. (m) ⁽m⁾ umſtaͤndlich ausgefuͤhret worden, ableſen laſſen; mit der ausdruͤcklichen Ordre, daß er, der Hofmeiſter, ihren Kindern niemahls geſtehen ſolte, etwas wider die ihnen mit- gegebene Verordnungen vorzunehmen, oder wann de facto dawider gehandelt wor- den, ſolches alſobald berichten: So wuͤr- den ſie ſchon ſolchen uͤblen Auffuͤhrungen, nachdruͤcklich genung zu begegnen wiſ- ſen. Zum (2) muß er ſich die Liebe ſeiner jun- gen Herren zuwege zu bringen ſuchen. Die- ſes geſchiehet, wenn er ſich, wie oben allbe- reits in der Anmerckung gemeldet worden iſt, ihrem Humeur, ſo viel moͤglich und ohne Verletzung des Gewiſſens geſchehen kan, ac- commodiret; ihre Fehler nicht ſo gleich auf einmahl mit der Schaͤrffe abzubringen, ſon- dern vielmehr nach und nach, durch liebrei- che und gruͤndliche Raiſons, zu der Zeit, wann ſie wohl aufgeraͤumt ſind, zu corrigiren trachtet. Denn gute und boͤſe Gewohn- heiten, werden nach und nach angenommen, und auch auf gleiche Weiſe am beſten abge- ſchafft. Nihil enim tam naturale eſt, quam quodvis eodem modo diſſolvi, quo colliga- tum eſt, L. 35. ff. de Reg. Jur. Vor Leu- ten muß er ſie weder mit Gebehrden noch Worten reprimandiren; auch nicht iede Kleinigkeit nach Hauſe an die Eltern berich- ten. Denn ein ieder Menſch, der in der Welt

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Zitationshilfe: Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/102>, abgerufen am 23.11.2024.