man anerkannte, ohne ihn schärfer ins Auge zu fassen. Aber beym Menschen hielt man das Ge- biet desselben für so beschränkt, dass man kaum seiner in der Naturlehre des menschlichen Organismus Erwähnung zu thun nöthig fand. Indess gab es doch schon der Beobachtungen viele von auffallenden Aeusserungen des Instinkts in Krankheiten des Menschen, und an diese reihete sich eine grosse Zahl der wunderbarsten Erscheinungen seit der Entdeckung des thieri- schen Magnetismus als eines Mittels zur Hervor- bringung des Schlafwandels. Es ist jetzt keiner Widerrede mehr unterworfen, dass auch im Men- schen unter gewissen Umständen ein höchst re- ger Instinkt erwachen kann. Nur über die Grän- zen dieser Kraft können noch Zweifel statt fin- den. Man kann fragen: Ob bey dem Erwachen derselben Empfindungen, Gefühle und Ahnungen entstehen können, denen nie analoge Erregun- gen der äussern Sinne vorhergingen? Ob Rüh- rungen des innern Sinns von Gegenständen mög- lich sind, die sich in einer, weit über die Grän- zen der äussern Sinne hinaus liegenden Ferne befinden? Ob sich die Möglichkeit wahrer Vor- empfindungen von künftigen Ereignissen darthun lässt?
Wenn es wahr ist, dass es noch einen an- dern Zugang der äussern Welt zum Empfin-
dungs-
VI. Bd. D
man anerkannte, ohne ihn schärfer ins Auge zu fassen. Aber beym Menschen hielt man das Ge- biet desselben für so beschränkt, daſs man kaum seiner in der Naturlehre des menschlichen Organismus Erwähnung zu thun nöthig fand. Indeſs gab es doch schon der Beobachtungen viele von auffallenden Aeuſserungen des Instinkts in Krankheiten des Menschen, und an diese reihete sich eine groſse Zahl der wunderbarsten Erscheinungen seit der Entdeckung des thieri- schen Magnetismus als eines Mittels zur Hervor- bringung des Schlafwandels. Es ist jetzt keiner Widerrede mehr unterworfen, daſs auch im Men- schen unter gewissen Umständen ein höchst re- ger Instinkt erwachen kann. Nur über die Grän- zen dieser Kraft können noch Zweifel statt fin- den. Man kann fragen: Ob bey dem Erwachen derselben Empfindungen, Gefühle und Ahnungen entstehen können, denen nie analoge Erregun- gen der äuſsern Sinne vorhergingen? Ob Rüh- rungen des innern Sinns von Gegenständen mög- lich sind, die sich in einer, weit über die Grän- zen der äuſsern Sinne hinaus liegenden Ferne befinden? Ob sich die Möglichkeit wahrer Vor- empfindungen von künftigen Ereignissen darthun läſst?
Wenn es wahr ist, daſs es noch einen an- dern Zugang der äuſsern Welt zum Empfin-
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man anerkannte, ohne ihn schärfer ins Auge zu
fassen. Aber beym Menschen hielt man das Ge-
biet desselben für so beschränkt, daſs man
kaum seiner in der Naturlehre des menschlichen
Organismus Erwähnung zu thun nöthig fand.
Indeſs gab es doch schon der Beobachtungen
viele von auffallenden Aeuſserungen des Instinkts
in Krankheiten des Menschen, und an diese
reihete sich eine groſse Zahl der wunderbarsten
Erscheinungen seit der Entdeckung des thieri-
schen Magnetismus als eines Mittels zur Hervor-
bringung des Schlafwandels. Es ist jetzt keiner
Widerrede mehr unterworfen, daſs auch im Men-
schen unter gewissen Umständen ein höchst re-
ger Instinkt erwachen kann. Nur über die Grän-
zen dieser Kraft können noch Zweifel statt fin-
den. Man kann fragen: Ob bey dem Erwachen
derselben Empfindungen, Gefühle und Ahnungen
entstehen können, denen nie analoge Erregun-
gen der äuſsern Sinne vorhergingen? Ob Rüh-
rungen des innern Sinns von Gegenständen mög-
lich sind, die sich in einer, weit über die Grän-
zen der äuſsern Sinne hinaus liegenden Ferne
befinden? Ob sich die Möglichkeit wahrer Vor-
empfindungen von künftigen Ereignissen darthun
läſst?
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/61>, abgerufen am 02.05.2024.
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