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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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sal, lange und von allen Seiten angefochten zu
werden. In diesem Sträuben gegen das Neue
liegt nichts, was der menschlichen Natur zur
Unehre gereicht. Durch dasselbe wird mancher
Irrthum im Entstehen unterdrückt, und der Sieg
der Wahrheit nur aufgehalten, nicht verhindert.
Aber es giebt ein anderes Verfahren gegen das
Neue in den Wissenschaften, das sich nicht so
rechtfertigen lässt: die Gründe des Gegners un-
beachtet lassen, oder sogar diese ohne nähere
Prüfung als widerlegt behandeln. So benahm
man sich gegen die obige Lehre, und so be-
nimmt sich Mancher noch gegen sie. Wien-
holt
n) gab Beweise für sie, die nicht umge-
stossen sind und denen sich schwerlich erheb-
liche Einwürfe entgegensetzen lassen. Und doch
ist in den meisten physiologischen und anthro-
pologischen Lehrbüchern nicht die Rede von ihr!

In dem sowohl mit, als ohne Hülfe der Kunst
entstandenen Somnambulismus werden Handlun-
gen von dem Schlafwandler vorgenommen, die
den Gebrauch der äussern Sinneswerkzeuge, be-
sonders des Auges, vorauszusetzen scheinen,
und wobey doch jede Möglichkeit dieses Ge-
brauchs aufgehoben ist. Er legt weite Wege mit

Um-
n) Ueber den natürlichen Somnambulismus in dessen
Heilkraft des thierischen Magnetismus. Th. 3. Ab-
theil. 1. S. 1.

sal, lange und von allen Seiten angefochten zu
werden. In diesem Sträuben gegen das Neue
liegt nichts, was der menschlichen Natur zur
Unehre gereicht. Durch dasselbe wird mancher
Irrthum im Entstehen unterdrückt, und der Sieg
der Wahrheit nur aufgehalten, nicht verhindert.
Aber es giebt ein anderes Verfahren gegen das
Neue in den Wissenschaften, das sich nicht so
rechtfertigen läſst: die Gründe des Gegners un-
beachtet lassen, oder sogar diese ohne nähere
Prüfung als widerlegt behandeln. So benahm
man sich gegen die obige Lehre, und so be-
nimmt sich Mancher noch gegen sie. Wien-
holt
n) gab Beweise für sie, die nicht umge-
stoſsen sind und denen sich schwerlich erheb-
liche Einwürfe entgegensetzen lassen. Und doch
ist in den meisten physiologischen und anthro-
pologischen Lehrbüchern nicht die Rede von ihr!

In dem sowohl mit, als ohne Hülfe der Kunst
entstandenen Somnambulismus werden Handlun-
gen von dem Schlafwandler vorgenommen, die
den Gebrauch der äuſsern Sinneswerkzeuge, be-
sonders des Auges, vorauszusetzen scheinen,
und wobey doch jede Möglichkeit dieses Ge-
brauchs aufgehoben ist. Er legt weite Wege mit

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n) Ueber den natürlichen Somnambulismus in dessen
Heilkraft des thierischen Magnetismus. Th. 3. Ab-
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[44/0056] sal, lange und von allen Seiten angefochten zu werden. In diesem Sträuben gegen das Neue liegt nichts, was der menschlichen Natur zur Unehre gereicht. Durch dasselbe wird mancher Irrthum im Entstehen unterdrückt, und der Sieg der Wahrheit nur aufgehalten, nicht verhindert. Aber es giebt ein anderes Verfahren gegen das Neue in den Wissenschaften, das sich nicht so rechtfertigen läſst: die Gründe des Gegners un- beachtet lassen, oder sogar diese ohne nähere Prüfung als widerlegt behandeln. So benahm man sich gegen die obige Lehre, und so be- nimmt sich Mancher noch gegen sie. Wien- holt n) gab Beweise für sie, die nicht umge- stoſsen sind und denen sich schwerlich erheb- liche Einwürfe entgegensetzen lassen. Und doch ist in den meisten physiologischen und anthro- pologischen Lehrbüchern nicht die Rede von ihr! In dem sowohl mit, als ohne Hülfe der Kunst entstandenen Somnambulismus werden Handlun- gen von dem Schlafwandler vorgenommen, die den Gebrauch der äuſsern Sinneswerkzeuge, be- sonders des Auges, vorauszusetzen scheinen, und wobey doch jede Möglichkeit dieses Ge- brauchs aufgehoben ist. Er legt weite Wege mit Um- n) Ueber den natürlichen Somnambulismus in dessen Heilkraft des thierischen Magnetismus. Th. 3. Ab- theil. 1. S. 1.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/56>, abgerufen am 21.11.2024.