troffen wird. Die erstere Art des Sehens ist nur durch eine durchsichtige Bedeckung der Nervenausbreitung, die eine solche Gestalt hat, dass blos senkrechte, oder von dem senkrechten Einfall wenig abweichende Strahlen von ihr durchgelassen, alle übrige aber reflektirt werden, die letztere blos vermittelst Durchlassung der Strahlen zur Nervenausbreitung durch ein bi- convexes, durchsichtiges, dem Linsenglase einer Camera obscura ähnliches Organ möglich. Diese Stücke, eine eigene Nervenausbreitung (eine Netzhaut) und eine convexe oder polyedrische Bedeckung derselben (eine Hornhaut), oder eine vor ihr liegende biconvexe Linse, sind die allgemeinsten und einfachsten Erfordernisse eines eigenen Sehewerkzeugs. Wo dieselben sich finden, dürfen wir ein solches Organ anneh- men. Da diese Bedingungen in den meisten Fällen ohne grosse Schwierigkeiten zu entdecken sind, so können wir beym Untersuchen der Verbreitung des Sehewerkzeugs im Thierreiche einen Weg gehen, welcher sich bey den übri- gen Sinnesorganen, deren eigenthümliche Cha- raktere schwerer zu bestimmen sind, nicht ein- schlagen lässt und dasselbe von den untersten der Thiere bis zum Menschen verfolgen.
Die ersten Rudimente eines solchen Organs zeigen sich bey den Würmern. Doch giebt es
nur
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troffen wird. Die erstere Art des Sehens ist nur durch eine durchsichtige Bedeckung der Nervenausbreitung, die eine solche Gestalt hat, daſs blos senkrechte, oder von dem senkrechten Einfall wenig abweichende Strahlen von ihr durchgelassen, alle übrige aber reflektirt werden, die letztere blos vermittelst Durchlassung der Strahlen zur Nervenausbreitung durch ein bi- convexes, durchsichtiges, dem Linsenglase einer Camera obscura ähnliches Organ möglich. Diese Stücke, eine eigene Nervenausbreitung (eine Netzhaut) und eine convexe oder polyedrische Bedeckung derselben (eine Hornhaut), oder eine vor ihr liegende biconvexe Linse, sind die allgemeinsten und einfachsten Erfordernisse eines eigenen Sehewerkzeugs. Wo dieselben sich finden, dürfen wir ein solches Organ anneh- men. Da diese Bedingungen in den meisten Fällen ohne groſse Schwierigkeiten zu entdecken sind, so können wir beym Untersuchen der Verbreitung des Sehewerkzeugs im Thierreiche einen Weg gehen, welcher sich bey den übri- gen Sinnesorganen, deren eigenthümliche Cha- raktere schwerer zu bestimmen sind, nicht ein- schlagen läſst und dasselbe von den untersten der Thiere bis zum Menschen verfolgen.
Die ersten Rudimente eines solchen Organs zeigen sich bey den Würmern. Doch giebt es
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troffen wird. Die erstere Art des Sehens ist
nur durch eine durchsichtige Bedeckung der
Nervenausbreitung, die eine solche Gestalt hat,
daſs blos senkrechte, oder von dem senkrechten
Einfall wenig abweichende Strahlen von ihr
durchgelassen, alle übrige aber reflektirt werden,
die letztere blos vermittelst Durchlassung der
Strahlen zur Nervenausbreitung durch ein bi-
convexes, durchsichtiges, dem Linsenglase einer
Camera obscura ähnliches Organ möglich. Diese
Stücke, eine eigene Nervenausbreitung (eine
Netzhaut) und eine convexe oder polyedrische
Bedeckung derselben (eine Hornhaut), oder
eine vor ihr liegende biconvexe Linse, sind
die allgemeinsten und einfachsten Erfordernisse
eines eigenen Sehewerkzeugs. Wo dieselben sich
finden, dürfen wir ein solches Organ anneh-
men. Da diese Bedingungen in den meisten
Fällen ohne groſse Schwierigkeiten zu entdecken
sind, so können wir beym Untersuchen der
Verbreitung des Sehewerkzeugs im Thierreiche
einen Weg gehen, welcher sich bey den übri-
gen Sinnesorganen, deren eigenthümliche Cha-
raktere schwerer zu bestimmen sind, nicht ein-
schlagen läſst und dasselbe von den untersten
der Thiere bis zum Menschen verfolgen.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/447>, abgerufen am 22.11.2024.
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