Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Stellen hatte. Aber das Hornband schien mir
blos zum Zerreiben der Nahrungsmittel, und die
Vertiefung zur Aufbewahrung der zerriebenen
Substanzen bestimmt. Im Innern der Kinn-
backen konnte ich nur die Muskeln derselben
und die zu diesen Muskeln gehenden Nerven,
nicht aber die Blase und den Gehörnerven, die
Ramdohr darin entdeckt zu haben versichert,
bemerken. Das Hörorgan der Biene würde
aber auch bey Ramdohr's Meinung in ein
Organ verlegt seyn, das immerfort in Bewe-
gung, beständigen Reibungen ausgesetzt, und also
zum Vernehmen aller, von aussen kommenden
Schalleindrücke sehr wenig geeignet ist.

Ich fand dagegen bey der Schabe (Blatta
orientalis) einen Theil, der mir seiner Gestalt
und Lage nach den Erfordernissen eines Hör-
werkzeugs besser zu entsprechen scheint. Hier
liegt auf der obern Seite des Kopfs, in dem
Winkel zwischen den grossen halbmondförmi-
gen Augen und der Oeffnung, in welcher sich
die Wurzeln der Antennen befinden, eine an-
dere runde Oeffnung, worüber eine weisse,
elastische, in der Mitte vertiefte Haut ausge-
spannt ist, und unter der letztern eine Her-
vorragung des Gehirns, welche mit ihr in Be-
rührung zu stehen scheint g). Diese Haut ist

ganz
g) Annalen der Wetterauischen Gesellsch. für die ge-
sammte Naturk. B. 1. H. 2. S. 170.

Stellen hatte. Aber das Hornband schien mir
blos zum Zerreiben der Nahrungsmittel, und die
Vertiefung zur Aufbewahrung der zerriebenen
Substanzen bestimmt. Im Innern der Kinn-
backen konnte ich nur die Muskeln derselben
und die zu diesen Muskeln gehenden Nerven,
nicht aber die Blase und den Gehörnerven, die
Ramdohr darin entdeckt zu haben versichert,
bemerken. Das Hörorgan der Biene würde
aber auch bey Ramdohr’s Meinung in ein
Organ verlegt seyn, das immerfort in Bewe-
gung, beständigen Reibungen ausgesetzt, und also
zum Vernehmen aller, von auſsen kommenden
Schalleindrücke sehr wenig geeignet ist.

Ich fand dagegen bey der Schabe (Blatta
orientalis) einen Theil, der mir seiner Gestalt
und Lage nach den Erfordernissen eines Hör-
werkzeugs besser zu entsprechen scheint. Hier
liegt auf der obern Seite des Kopfs, in dem
Winkel zwischen den groſsen halbmondförmi-
gen Augen und der Oeffnung, in welcher sich
die Wurzeln der Antennen befinden, eine an-
dere runde Oeffnung, worüber eine weiſse,
elastische, in der Mitte vertiefte Haut ausge-
spannt ist, und unter der letztern eine Her-
vorragung des Gehirns, welche mit ihr in Be-
rührung zu stehen scheint g). Diese Haut ist

ganz
g) Annalen der Wetterauischen Gesellsch. für die ge-
sammte Naturk. B. 1. H. 2. S. 170.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0376" n="358"/>
Stellen hatte. Aber das Hornband schien mir<lb/>
blos zum Zerreiben der Nahrungsmittel, und die<lb/>
Vertiefung zur Aufbewahrung der zerriebenen<lb/>
Substanzen bestimmt. Im Innern der Kinn-<lb/>
backen konnte ich nur die Muskeln derselben<lb/>
und die zu diesen Muskeln gehenden Nerven,<lb/>
nicht aber die Blase und den Gehörnerven, die<lb/><hi rendition="#k">Ramdohr</hi> darin entdeckt zu haben versichert,<lb/>
bemerken. Das Hörorgan der Biene würde<lb/>
aber auch bey <hi rendition="#k">Ramdohr</hi>&#x2019;s Meinung in ein<lb/>
Organ verlegt seyn, das immerfort in Bewe-<lb/>
gung, beständigen Reibungen ausgesetzt, und also<lb/>
zum Vernehmen aller, von au&#x017F;sen kommenden<lb/>
Schalleindrücke sehr wenig geeignet ist.</p><lb/>
              <p>Ich fand dagegen bey der Schabe (Blatta<lb/>
orientalis) einen Theil, der mir seiner Gestalt<lb/>
und Lage nach den Erfordernissen eines Hör-<lb/>
werkzeugs besser zu entsprechen scheint. Hier<lb/>
liegt auf der obern Seite des Kopfs, in dem<lb/>
Winkel zwischen den gro&#x017F;sen halbmondförmi-<lb/>
gen Augen und der Oeffnung, in welcher sich<lb/>
die Wurzeln der Antennen befinden, eine an-<lb/>
dere runde Oeffnung, worüber eine wei&#x017F;se,<lb/>
elastische, in der Mitte vertiefte Haut ausge-<lb/>
spannt ist, und unter der letztern eine Her-<lb/>
vorragung des Gehirns, welche mit ihr in Be-<lb/>
rührung zu stehen scheint <note place="foot" n="g)">Annalen der Wetterauischen Gesellsch. für die ge-<lb/>
sammte Naturk. B. 1. H. 2. S. 170.</note>. Diese Haut ist<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ganz</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[358/0376] Stellen hatte. Aber das Hornband schien mir blos zum Zerreiben der Nahrungsmittel, und die Vertiefung zur Aufbewahrung der zerriebenen Substanzen bestimmt. Im Innern der Kinn- backen konnte ich nur die Muskeln derselben und die zu diesen Muskeln gehenden Nerven, nicht aber die Blase und den Gehörnerven, die Ramdohr darin entdeckt zu haben versichert, bemerken. Das Hörorgan der Biene würde aber auch bey Ramdohr’s Meinung in ein Organ verlegt seyn, das immerfort in Bewe- gung, beständigen Reibungen ausgesetzt, und also zum Vernehmen aller, von auſsen kommenden Schalleindrücke sehr wenig geeignet ist. Ich fand dagegen bey der Schabe (Blatta orientalis) einen Theil, der mir seiner Gestalt und Lage nach den Erfordernissen eines Hör- werkzeugs besser zu entsprechen scheint. Hier liegt auf der obern Seite des Kopfs, in dem Winkel zwischen den groſsen halbmondförmi- gen Augen und der Oeffnung, in welcher sich die Wurzeln der Antennen befinden, eine an- dere runde Oeffnung, worüber eine weiſse, elastische, in der Mitte vertiefte Haut ausge- spannt ist, und unter der letztern eine Her- vorragung des Gehirns, welche mit ihr in Be- rührung zu stehen scheint g). Diese Haut ist ganz g) Annalen der Wetterauischen Gesellsch. für die ge- sammte Naturk. B. 1. H. 2. S. 170.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/376
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/376>, abgerufen am 20.05.2024.