Thiere den Geruchssinn als einen eigenen Sinn besitzen. Unter den Würmern giebt es bekanntlich viele, die durch den Mund einsau- gen. Einige sind auch mit einer ähnlichen Saugblase, wie die saugenden Insekten, ver- sehen, z. B. die von A. G. Ottok) unter dem Namen Siphostoma Diplochaitus beschriebene Wurmart. Obgleich aber manche Lebensäusse- rungen dieser Thiere aus Geruchsempfindungen zu entstehen scheinen, so ist es doch sehr wohl möglich, dass der Geruchssinn bey ihnen blosse Modifikation desjenigen ist, den wir im ersten Abschnitt des gegenwärtigen Buchs den allgemeinen Sinn genannt haben. Mehrere Mollusken hingegen geben deutliche Beweise von der Gegenwart des Geruchssinns. Schnek- ken ziehen, wie schon oben erzählt ist, ihre Fühlfäden ein und lenken von ihrem Wege ab, wenn man ihnen, während sie kriechen, Cam- pher und andere stark riechende Sachen ent- gegenhält; sie kommen aber oft schnell aus ihrem Gehäuse hervor, wenn man die Nahrungs- mittel, die sie lieben, in ihre Nähe bringt l). Diese Thiere nähren sich zwar nicht durch
Ein-
k) De sternaspide thalassemoideo et siphostomate di- plochaito, vermibus duobus marinis. Vratislav. 1820. p. 14.
l)Swammerdamm Bibl. Nat. T. I. p. 110.
X 3
Thiere den Geruchssinn als einen eigenen Sinn besitzen. Unter den Würmern giebt es bekanntlich viele, die durch den Mund einsau- gen. Einige sind auch mit einer ähnlichen Saugblase, wie die saugenden Insekten, ver- sehen, z. B. die von A. G. Ottok) unter dem Namen Siphostoma Diplochaitus beschriebene Wurmart. Obgleich aber manche Lebensäuſse- rungen dieser Thiere aus Geruchsempfindungen zu entstehen scheinen, so ist es doch sehr wohl möglich, daſs der Geruchssinn bey ihnen bloſse Modifikation desjenigen ist, den wir im ersten Abschnitt des gegenwärtigen Buchs den allgemeinen Sinn genannt haben. Mehrere Mollusken hingegen geben deutliche Beweise von der Gegenwart des Geruchssinns. Schnek- ken ziehen, wie schon oben erzählt ist, ihre Fühlfäden ein und lenken von ihrem Wege ab, wenn man ihnen, während sie kriechen, Cam- pher und andere stark riechende Sachen ent- gegenhält; sie kommen aber oft schnell aus ihrem Gehäuse hervor, wenn man die Nahrungs- mittel, die sie lieben, in ihre Nähe bringt l). Diese Thiere nähren sich zwar nicht durch
Ein-
k) De sternaspide thalassemoideo et siphostomate di- plochaito, vermibus duobus marinis. Vratislav. 1820. p. 14.
l)Swammerdamm Bibl. Nat. T. I. p. 110.
X 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0337"n="319"/>
Thiere den Geruchssinn als einen eigenen<lb/>
Sinn besitzen. Unter den Würmern giebt es<lb/>
bekanntlich viele, die durch den Mund einsau-<lb/>
gen. Einige sind auch mit einer ähnlichen<lb/>
Saugblase, wie die saugenden Insekten, ver-<lb/>
sehen, z. B. die von A. G. <hirendition="#k">Otto</hi><noteplace="foot"n="k)">De sternaspide thalassemoideo et siphostomate di-<lb/>
plochaito, vermibus duobus marinis. Vratislav. 1820.<lb/>
p. 14.</note> unter dem<lb/>
Namen Siphostoma Diplochaitus beschriebene<lb/>
Wurmart. Obgleich aber manche Lebensäuſse-<lb/>
rungen dieser Thiere aus Geruchsempfindungen<lb/>
zu entstehen scheinen, so ist es doch sehr<lb/>
wohl möglich, daſs der Geruchssinn bey ihnen<lb/>
bloſse Modifikation desjenigen ist, den wir im<lb/>
ersten Abschnitt des gegenwärtigen Buchs den<lb/>
allgemeinen Sinn genannt haben. Mehrere<lb/>
Mollusken hingegen geben deutliche Beweise<lb/>
von der Gegenwart des Geruchssinns. Schnek-<lb/>
ken ziehen, wie schon oben erzählt ist, ihre<lb/>
Fühlfäden ein und lenken von ihrem Wege ab,<lb/>
wenn man ihnen, während sie kriechen, Cam-<lb/>
pher und andere stark riechende Sachen ent-<lb/>
gegenhält; sie kommen aber oft schnell aus<lb/>
ihrem Gehäuse hervor, wenn man die Nahrungs-<lb/>
mittel, die sie lieben, in ihre Nähe bringt <noteplace="foot"n="l)"><hirendition="#k">Swammerdamm</hi> Bibl. Nat. T. I. p. 110.</note>.<lb/>
Diese Thiere nähren sich zwar nicht durch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ein-</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig">X 3</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[319/0337]
Thiere den Geruchssinn als einen eigenen
Sinn besitzen. Unter den Würmern giebt es
bekanntlich viele, die durch den Mund einsau-
gen. Einige sind auch mit einer ähnlichen
Saugblase, wie die saugenden Insekten, ver-
sehen, z. B. die von A. G. Otto k) unter dem
Namen Siphostoma Diplochaitus beschriebene
Wurmart. Obgleich aber manche Lebensäuſse-
rungen dieser Thiere aus Geruchsempfindungen
zu entstehen scheinen, so ist es doch sehr
wohl möglich, daſs der Geruchssinn bey ihnen
bloſse Modifikation desjenigen ist, den wir im
ersten Abschnitt des gegenwärtigen Buchs den
allgemeinen Sinn genannt haben. Mehrere
Mollusken hingegen geben deutliche Beweise
von der Gegenwart des Geruchssinns. Schnek-
ken ziehen, wie schon oben erzählt ist, ihre
Fühlfäden ein und lenken von ihrem Wege ab,
wenn man ihnen, während sie kriechen, Cam-
pher und andere stark riechende Sachen ent-
gegenhält; sie kommen aber oft schnell aus
ihrem Gehäuse hervor, wenn man die Nahrungs-
mittel, die sie lieben, in ihre Nähe bringt l).
Diese Thiere nähren sich zwar nicht durch
Ein-
k) De sternaspide thalassemoideo et siphostomate di-
plochaito, vermibus duobus marinis. Vratislav. 1820.
p. 14.
l) Swammerdamm Bibl. Nat. T. I. p. 110.
X 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/337>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.