gegen Jacobson's Vermuthung, in ihnen werde eine zur Befeuchtung der Nase dienende Flüs- sigkeit abgeschieden. Stenson irrte aber gewiss auch, wenn er die Canäle für blosse Ausfüh- rungsgänge ohne weitere Beziehung ansah. Ihr eigentlicher Zweck ist offenbar Verbindung des Geschmacks- und Geruchssinns. Die Nasen- feuchtigkeit, welche der Luft riechbare Stoffe entzogen hat, erregt, indem sie bey ihrem Eintritt in die Röhren die Nerven des ersten und fünften Paars reitzt, Geruchsempfindung, und wirkt unmittelbar nachher auch auf die Geschmacksnerven des Gaumens und der Zunge.
Vorausgesetzt, dass auch beym Menschen die Ausgänge der Stensonschen Canäle im Munde offen sind, so ist es jetzt erklärbar, wie, nach Schneider'sv) Erzählung, ein Mann, der seit vielen Jahren den Geruch verloren hatte, die Ausflüsse stark riechender Substanzen auf der Zunge empfinden konnte, und woher Jeder, der bey verschlossenem Munde sehr fein ge- pulverten Wermuth in die Luft stäubt, erst den Geruch dieses Krauts in der Nase und dann auch den Geschmack desselben auf der Zunge fühlt w). Es ist ferner erklärbar, wie die
pflan-
v) De osse cribriformi. p. 513.
w)Schneider ebendas. p. 493.
VI. Bd. T
gegen Jacobson’s Vermuthung, in ihnen werde eine zur Befeuchtung der Nase dienende Flüs- sigkeit abgeschieden. Stenson irrte aber gewiſs auch, wenn er die Canäle für bloſse Ausfüh- rungsgänge ohne weitere Beziehung ansah. Ihr eigentlicher Zweck ist offenbar Verbindung des Geschmacks- und Geruchssinns. Die Nasen- feuchtigkeit, welche der Luft riechbare Stoffe entzogen hat, erregt, indem sie bey ihrem Eintritt in die Röhren die Nerven des ersten und fünften Paars reitzt, Geruchsempfindung, und wirkt unmittelbar nachher auch auf die Geschmacksnerven des Gaumens und der Zunge.
Vorausgesetzt, daſs auch beym Menschen die Ausgänge der Stensonschen Canäle im Munde offen sind, so ist es jetzt erklärbar, wie, nach Schneider’sv) Erzählung, ein Mann, der seit vielen Jahren den Geruch verloren hatte, die Ausflüsse stark riechender Substanzen auf der Zunge empfinden konnte, und woher Jeder, der bey verschlossenem Munde sehr fein ge- pulverten Wermuth in die Luft stäubt, erst den Geruch dieses Krauts in der Nase und dann auch den Geschmack desselben auf der Zunge fühlt w). Es ist ferner erklärbar, wie die
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v) De osse cribriformi. p. 513.
w)Schneider ebendas. p. 493.
VI. Bd. T
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[283/0301]
gegen Jacobson’s Vermuthung, in ihnen werde
eine zur Befeuchtung der Nase dienende Flüs-
sigkeit abgeschieden. Stenson irrte aber gewiſs
auch, wenn er die Canäle für bloſse Ausfüh-
rungsgänge ohne weitere Beziehung ansah. Ihr
eigentlicher Zweck ist offenbar Verbindung des
Geschmacks- und Geruchssinns. Die Nasen-
feuchtigkeit, welche der Luft riechbare Stoffe
entzogen hat, erregt, indem sie bey ihrem
Eintritt in die Röhren die Nerven des ersten
und fünften Paars reitzt, Geruchsempfindung,
und wirkt unmittelbar nachher auch auf die
Geschmacksnerven des Gaumens und der Zunge.
Vorausgesetzt, daſs auch beym Menschen die
Ausgänge der Stensonschen Canäle im Munde
offen sind, so ist es jetzt erklärbar, wie, nach
Schneider’s v) Erzählung, ein Mann, der seit
vielen Jahren den Geruch verloren hatte, die
Ausflüsse stark riechender Substanzen auf der
Zunge empfinden konnte, und woher Jeder,
der bey verschlossenem Munde sehr fein ge-
pulverten Wermuth in die Luft stäubt, erst den
Geruch dieses Krauts in der Nase und dann
auch den Geschmack desselben auf der Zunge
fühlt w). Es ist ferner erklärbar, wie die
pflan-
v) De osse cribriformi. p. 513.
w) Schneider ebendas. p. 493.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/301>, abgerufen am 22.11.2024.
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