Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

dass auch die stärksten Gerüche keinen Eindruck
auf das Thier weiter machten. Von dieser
Angabe ist vielleicht etwas abzurechnen. Der
Versuch, worauf man sich oft berufen hat, um
die Nothwendigkeit des Einathmens zum Riechen
zu beweisen, dass beym Anhalten des Athems
keine Gerüche mehr auf die Nasennerven wir-
ken, ist, wie schon Casserius a) mit Grund
eingewandt hat, von keinem Gewicht, da alles
Anhalten des Athems aus kurzen Inspirationen
und Exspirationen besteht, wobey die kaum in
die Nase gedrungene Luft gleich wieder ausge-
stossen wird. Doch soviel ist allerdings gewiss,
dass nur eine schwache und langsame Wirkung
der mit riechbaren Stoffen geschwängerten Luft
auf den Geruchssinn möglich ist, wenn diese
nicht durch Einathmen in die engen Canäle der
Nase getrieben wird.

Durch stärkeres Einathmen, Aufnahme einer
grössern Menge Luft, als beym ruhigen Athem-
holen in die Nase tritt, wird der Geruch ver-
stärkt. Die Respirationsorgane der Säugthiere
aber gestatten kein stärkeres Einathmen ohne
unangenehme Empfindungen, und was hierbey
von denselben mehr an Luft aufgenommen wird,
als das gewöhnliche Maass beträgt, ist so gross
nicht, dass der Geruch dadurch bedeutend ver-

mehrt
a) Pentaesthes. L. III. S. 2. c. 3.

daſs auch die stärksten Gerüche keinen Eindruck
auf das Thier weiter machten. Von dieser
Angabe ist vielleicht etwas abzurechnen. Der
Versuch, worauf man sich oft berufen hat, um
die Nothwendigkeit des Einathmens zum Riechen
zu beweisen, daſs beym Anhalten des Athems
keine Gerüche mehr auf die Nasennerven wir-
ken, ist, wie schon Casserius a) mit Grund
eingewandt hat, von keinem Gewicht, da alles
Anhalten des Athems aus kurzen Inspirationen
und Exspirationen besteht, wobey die kaum in
die Nase gedrungene Luft gleich wieder ausge-
stoſsen wird. Doch soviel ist allerdings gewiſs,
daſs nur eine schwache und langsame Wirkung
der mit riechbaren Stoffen geschwängerten Luft
auf den Geruchssinn möglich ist, wenn diese
nicht durch Einathmen in die engen Canäle der
Nase getrieben wird.

Durch stärkeres Einathmen, Aufnahme einer
gröſsern Menge Luft, als beym ruhigen Athem-
holen in die Nase tritt, wird der Geruch ver-
stärkt. Die Respirationsorgane der Säugthiere
aber gestatten kein stärkeres Einathmen ohne
unangenehme Empfindungen, und was hierbey
von denselben mehr an Luft aufgenommen wird,
als das gewöhnliche Maaſs beträgt, ist so groſs
nicht, daſs der Geruch dadurch bedeutend ver-

mehrt
a) Pentaesthes. L. III. S. 2. c. 3.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0278" n="260"/>
da&#x017F;s auch die stärksten Gerüche keinen Eindruck<lb/>
auf das Thier weiter machten. Von dieser<lb/>
Angabe ist vielleicht etwas abzurechnen. Der<lb/>
Versuch, worauf man sich oft berufen hat, um<lb/>
die Nothwendigkeit des Einathmens zum Riechen<lb/>
zu beweisen, da&#x017F;s beym Anhalten des Athems<lb/>
keine Gerüche mehr auf die Nasennerven wir-<lb/>
ken, ist, wie schon <hi rendition="#k">Casserius</hi> <note place="foot" n="a)">Pentaesthes. L. III. S. 2. c. 3.</note> mit Grund<lb/>
eingewandt hat, von keinem Gewicht, da alles<lb/>
Anhalten des Athems aus kurzen Inspirationen<lb/>
und Exspirationen besteht, wobey die kaum in<lb/>
die Nase gedrungene Luft gleich wieder ausge-<lb/>
sto&#x017F;sen wird. Doch soviel ist allerdings gewi&#x017F;s,<lb/>
da&#x017F;s nur eine schwache und langsame Wirkung<lb/>
der mit riechbaren Stoffen geschwängerten Luft<lb/>
auf den Geruchssinn möglich ist, wenn diese<lb/>
nicht durch Einathmen in die engen Canäle der<lb/>
Nase getrieben wird.</p><lb/>
              <p>Durch stärkeres Einathmen, Aufnahme einer<lb/>
grö&#x017F;sern Menge Luft, als beym ruhigen Athem-<lb/>
holen in die Nase tritt, wird der Geruch ver-<lb/>
stärkt. Die Respirationsorgane der Säugthiere<lb/>
aber gestatten kein stärkeres Einathmen ohne<lb/>
unangenehme Empfindungen, und was hierbey<lb/>
von denselben mehr an Luft aufgenommen wird,<lb/>
als das gewöhnliche Maa&#x017F;s beträgt, ist so gro&#x017F;s<lb/>
nicht, da&#x017F;s der Geruch dadurch bedeutend ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mehrt</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0278] daſs auch die stärksten Gerüche keinen Eindruck auf das Thier weiter machten. Von dieser Angabe ist vielleicht etwas abzurechnen. Der Versuch, worauf man sich oft berufen hat, um die Nothwendigkeit des Einathmens zum Riechen zu beweisen, daſs beym Anhalten des Athems keine Gerüche mehr auf die Nasennerven wir- ken, ist, wie schon Casserius a) mit Grund eingewandt hat, von keinem Gewicht, da alles Anhalten des Athems aus kurzen Inspirationen und Exspirationen besteht, wobey die kaum in die Nase gedrungene Luft gleich wieder ausge- stoſsen wird. Doch soviel ist allerdings gewiſs, daſs nur eine schwache und langsame Wirkung der mit riechbaren Stoffen geschwängerten Luft auf den Geruchssinn möglich ist, wenn diese nicht durch Einathmen in die engen Canäle der Nase getrieben wird. Durch stärkeres Einathmen, Aufnahme einer gröſsern Menge Luft, als beym ruhigen Athem- holen in die Nase tritt, wird der Geruch ver- stärkt. Die Respirationsorgane der Säugthiere aber gestatten kein stärkeres Einathmen ohne unangenehme Empfindungen, und was hierbey von denselben mehr an Luft aufgenommen wird, als das gewöhnliche Maaſs beträgt, ist so groſs nicht, daſs der Geruch dadurch bedeutend ver- mehrt a) Pentaesthes. L. III. S. 2. c. 3.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/278
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/278>, abgerufen am 22.11.2024.