lungen allein lässt sich darum nur selten auf die Gegenwart dieses Sinns, und noch seltener auf den Grad der Feinheit desselben bey ihnen schliessen. Das einzige Mittel, hierüber Aus- kunft zu erhalten, ist, sie nicht nur in Betreff ihres Verhaltens bey der Einwirkung verschie- dener Substanzen auf das Geschmacksorgau, sondern auch in Rücksicht der Bildung dieses Sinneswerkzeugs, mit dem Menschen zu ver- gleichen.
Der Hauptsitz des Geschmacks bey dem Menschen ist bekanntlich die Zunge. Sie ist aber nicht einziges Organ dieses Sinns. A. Jussieue) erzählt von einem Mädchen, die den Geschmack der Nahrungsmittel unterschei- den konnte, obgleich sie statt der Zunge blos einen fleischigen Knollen besass. Ein anderes Mädchen, deren Geschichte von Bredotf) be- schrieben ist, unterschied ganz ohne Zunge, die sie in ihrem siebenten Lebensjahr bey den Blattern verloren hatte, sehr gut den Geschmack sowohl der Speisen, als anderer Substanzen, z. B. des Salmiaks. Doch schien sie langsamer und nicht so scharf als Personen, die im Besitz
der
e) Mem. de l'Acad. des sc. de Paris. A. 1718. p. 6. der Octav-Ausg.
f) Act. Helvet. Vol. VIII. p. 184.
lungen allein läſst sich darum nur selten auf die Gegenwart dieses Sinns, und noch seltener auf den Grad der Feinheit desselben bey ihnen schlieſsen. Das einzige Mittel, hierüber Aus- kunft zu erhalten, ist, sie nicht nur in Betreff ihres Verhaltens bey der Einwirkung verschie- dener Substanzen auf das Geschmacksorgau, sondern auch in Rücksicht der Bildung dieses Sinneswerkzeugs, mit dem Menschen zu ver- gleichen.
Der Hauptsitz des Geschmacks bey dem Menschen ist bekanntlich die Zunge. Sie ist aber nicht einziges Organ dieses Sinns. A. Jussieue) erzählt von einem Mädchen, die den Geschmack der Nahrungsmittel unterschei- den konnte, obgleich sie statt der Zunge blos einen fleischigen Knollen besaſs. Ein anderes Mädchen, deren Geschichte von Bredotf) be- schrieben ist, unterschied ganz ohne Zunge, die sie in ihrem siebenten Lebensjahr bey den Blattern verloren hatte, sehr gut den Geschmack sowohl der Speisen, als anderer Substanzen, z. B. des Salmiaks. Doch schien sie langsamer und nicht so scharf als Personen, die im Besitz
der
e) Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1718. p. 6. der Octav-Ausg.
f) Act. Helvet. Vol. VIII. p. 184.
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lungen allein läſst sich darum nur selten auf die
Gegenwart dieses Sinns, und noch seltener auf
den Grad der Feinheit desselben bey ihnen
schlieſsen. Das einzige Mittel, hierüber Aus-
kunft zu erhalten, ist, sie nicht nur in Betreff
ihres Verhaltens bey der Einwirkung verschie-
dener Substanzen auf das Geschmacksorgau,
sondern auch in Rücksicht der Bildung dieses
Sinneswerkzeugs, mit dem Menschen zu ver-
gleichen.
Der Hauptsitz des Geschmacks bey dem
Menschen ist bekanntlich die Zunge. Sie ist
aber nicht einziges Organ dieses Sinns. A.
Jussieu e) erzählt von einem Mädchen, die
den Geschmack der Nahrungsmittel unterschei-
den konnte, obgleich sie statt der Zunge blos
einen fleischigen Knollen besaſs. Ein anderes
Mädchen, deren Geschichte von Bredot f) be-
schrieben ist, unterschied ganz ohne Zunge, die
sie in ihrem siebenten Lebensjahr bey den
Blattern verloren hatte, sehr gut den Geschmack
sowohl der Speisen, als anderer Substanzen,
z. B. des Salmiaks. Doch schien sie langsamer
und nicht so scharf als Personen, die im Besitz
der
e) Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1718. p. 6. der
Octav-Ausg.
f) Act. Helvet. Vol. VIII. p. 184.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/244>, abgerufen am 23.11.2024.
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