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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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sse Entfernung in Betreff der Lebenswärme ist,
da doch in Ansehung ihres Gehirns und Nerven-
systems kein so grosser Abstand zwischen ihnen
statt findet? Ist es die Rückwirkung des Gehirns,
wovon die thierische Wärme erzeugt wird, so
hätte bestimmt erklärt werden sollen, was un-
ter diesem Ausdruck zu verstehen ist, und es
hätte bewiesen werden müssen, dass eine solche
Rückwirkung nur bey denjenigen Thieren, die
eigene Wärme besitzen, statt findet. Weder jene
Erklärung, noch dieser Beweis ist aber von Roose
geliefert worden, und dieser lässt sich auch nicht
führen.

Indess, wenn man die Gründe betrachtet,
die für jede der erwähnten Hypothesen vorgebracht
sind, so lässt sich nicht läugnen, dass in den mei-
sten etwas Wahres enthalten seyn muss. Ein
Kennzeichen der wahren Theorie muss also seyn,
dass sie zeigt, in wie fern das Athemholen, die
Verdauung, die Thätigkeit der Gefässe und der
Nerven Einfluss auf die Vermehrung oder Ver-
minderung der thierischen Wärme haben, ohne
jedoch die Hauptquelle derselben zu seyn. Wir
wollen versuchen, ob unsere obige Voraussetzung,
dass eine eigene Beschaffenheit des Bluts der Säug-
thiere und Vögel in Verbindung mit dem Athem-
holen die thierische Wärme begründet, auf eine
solche Theorie führt.

Zuerst

ſse Entfernung in Betreff der Lebenswärme ist,
da doch in Ansehung ihres Gehirns und Nerven-
systems kein so groſser Abstand zwischen ihnen
statt findet? Ist es die Rückwirkung des Gehirns,
wovon die thierische Wärme erzeugt wird, so
hätte bestimmt erklärt werden sollen, was un-
ter diesem Ausdruck zu verstehen ist, und es
hätte bewiesen werden müssen, daſs eine solche
Rückwirkung nur bey denjenigen Thieren, die
eigene Wärme besitzen, statt findet. Weder jene
Erklärung, noch dieser Beweis ist aber von Roose
geliefert worden, und dieser läſst sich auch nicht
führen.

Indeſs, wenn man die Gründe betrachtet,
die für jede der erwähnten Hypothesen vorgebracht
sind, so läſst sich nicht läugnen, daſs in den mei-
sten etwas Wahres enthalten seyn muſs. Ein
Kennzeichen der wahren Theorie muſs also seyn,
daſs sie zeigt, in wie fern das Athemholen, die
Verdauung, die Thätigkeit der Gefäſse und der
Nerven Einfluſs auf die Vermehrung oder Ver-
minderung der thierischen Wärme haben, ohne
jedoch die Hauptquelle derselben zu seyn. Wir
wollen versuchen, ob unsere obige Voraussetzung,
daſs eine eigene Beschaffenheit des Bluts der Säug-
thiere und Vögel in Verbindung mit dem Athem-
holen die thierische Wärme begründet, auf eine
solche Theorie führt.

Zuerst
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[60/0072] ſse Entfernung in Betreff der Lebenswärme ist, da doch in Ansehung ihres Gehirns und Nerven- systems kein so groſser Abstand zwischen ihnen statt findet? Ist es die Rückwirkung des Gehirns, wovon die thierische Wärme erzeugt wird, so hätte bestimmt erklärt werden sollen, was un- ter diesem Ausdruck zu verstehen ist, und es hätte bewiesen werden müssen, daſs eine solche Rückwirkung nur bey denjenigen Thieren, die eigene Wärme besitzen, statt findet. Weder jene Erklärung, noch dieser Beweis ist aber von Roose geliefert worden, und dieser läſst sich auch nicht führen. Indeſs, wenn man die Gründe betrachtet, die für jede der erwähnten Hypothesen vorgebracht sind, so läſst sich nicht läugnen, daſs in den mei- sten etwas Wahres enthalten seyn muſs. Ein Kennzeichen der wahren Theorie muſs also seyn, daſs sie zeigt, in wie fern das Athemholen, die Verdauung, die Thätigkeit der Gefäſse und der Nerven Einfluſs auf die Vermehrung oder Ver- minderung der thierischen Wärme haben, ohne jedoch die Hauptquelle derselben zu seyn. Wir wollen versuchen, ob unsere obige Voraussetzung, daſs eine eigene Beschaffenheit des Bluts der Säug- thiere und Vögel in Verbindung mit dem Athem- holen die thierische Wärme begründet, auf eine solche Theorie führt. Zuerst

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/72>, abgerufen am 28.04.2024.