Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

freyen, und geübten Beobachters richtig ist, so
lässt sich nicht an einem inmateriellen Einfluss
der Mutter auf die Frucht zweifeln. Und ge-
schieht er bey den Säugthieren auch durch den
nährenden Stoff, den der Foetus von der Mutter
empfängt, so bleibt er doch wenigstens eben so sehr
hyperphysisch, als der Einfluss des Vaters auf die
körperliche und geistige Beschaffenheit des Kindes.

An alle diese Gründe reihen sich endlich noch
die Erscheinungen der höhern Grade des Som-
nambulismus. Es giebt bey den Schlafwandlern
sehr viele, denen, die wir an Thieren finden,
ähnliche Beyspiele von Erwachen eines wunder-
baren und unwiderstehlichen Instinkts, von Sym-
pathie und Antipathie, von einem, durch nichts
Materielles vermitteltem Wirken des Geistigen auf
das Körperliche verschiedener Individuen; diese
Fälle wurden von sehr verschiedenen Beobachtern
und unter den verschiedensten Umständen wahr-
genommen, und unter ihnen herrscht im Wesent-
lichen die grösste Uebereinstimmung. Man kann
bey manchen derselben ohne Aberglauben oder
Leichtgläubigkeit Nebensachen nicht für richtig
anerkennen; aber man kann auch bey den mei-
sten ohne übertriebenen Skepticismus die Haupt-
sachen nicht verwerfen. Zu bestimmen, wo auf
diesem Felde die Gränze zwischen Wahrheit und
Irrthum liegt, ist hier indess noch nicht der Ort.
Wir werden im folgenden Buch, welches die
Seele in biologischer Hinsicht zum Gegenstande ha-
ben wird, auf jene Erscheinungen zurückkommen.



Erklärung

freyen, und geübten Beobachters richtig ist, so
läſst sich nicht an einem inmateriellen Einfluſs
der Mutter auf die Frucht zweifeln. Und ge-
schieht er bey den Säugthieren auch durch den
nährenden Stoff, den der Foetus von der Mutter
empfängt, so bleibt er doch wenigstens eben so sehr
hyperphysisch, als der Einfluſs des Vaters auf die
körperliche und geistige Beschaffenheit des Kindes.

An alle diese Gründe reihen sich endlich noch
die Erscheinungen der höhern Grade des Som-
nambulismus. Es giebt bey den Schlafwandlern
sehr viele, denen, die wir an Thieren finden,
ähnliche Beyspiele von Erwachen eines wunder-
baren und unwiderstehlichen Instinkts, von Sym-
pathie und Antipathie, von einem, durch nichts
Materielles vermitteltem Wirken des Geistigen auf
das Körperliche verschiedener Individuen; diese
Fälle wurden von sehr verschiedenen Beobachtern
und unter den verschiedensten Umständen wahr-
genommen, und unter ihnen herrscht im Wesent-
lichen die gröſste Uebereinstimmung. Man kann
bey manchen derselben ohne Aberglauben oder
Leichtgläubigkeit Nebensachen nicht für richtig
anerkennen; aber man kann auch bey den mei-
sten ohne übertriebenen Skepticismus die Haupt-
sachen nicht verwerfen. Zu bestimmen, wo auf
diesem Felde die Gränze zwischen Wahrheit und
Irrthum liegt, ist hier indeſs noch nicht der Ort.
Wir werden im folgenden Buch, welches die
Seele in biologischer Hinsicht zum Gegenstande ha-
ben wird, auf jene Erscheinungen zurückkommen.



Erklärung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0480" n="468"/>
freyen, und geübten Beobachters richtig ist, so<lb/>&#x017F;st sich nicht an einem inmateriellen Einflu&#x017F;s<lb/>
der Mutter auf die Frucht zweifeln. Und ge-<lb/>
schieht er bey den Säugthieren auch durch den<lb/>
nährenden Stoff, den der Foetus von der Mutter<lb/>
empfängt, so bleibt er doch wenigstens eben so sehr<lb/>
hyperphysisch, als der Einflu&#x017F;s des Vaters auf die<lb/>
körperliche und geistige Beschaffenheit des Kindes.</p><lb/>
              <p>An alle diese Gründe reihen sich endlich noch<lb/>
die Erscheinungen der höhern Grade des Som-<lb/>
nambulismus. Es giebt bey den Schlafwandlern<lb/>
sehr viele, denen, die wir an Thieren finden,<lb/>
ähnliche Beyspiele von Erwachen eines wunder-<lb/>
baren und unwiderstehlichen Instinkts, von Sym-<lb/>
pathie und Antipathie, von einem, durch nichts<lb/>
Materielles vermitteltem Wirken des Geistigen auf<lb/>
das Körperliche verschiedener Individuen; diese<lb/>
Fälle wurden von sehr verschiedenen Beobachtern<lb/>
und unter den verschiedensten Umständen wahr-<lb/>
genommen, und unter ihnen herrscht im Wesent-<lb/>
lichen die grö&#x017F;ste Uebereinstimmung. Man kann<lb/>
bey manchen derselben ohne Aberglauben oder<lb/>
Leichtgläubigkeit Nebensachen nicht für richtig<lb/>
anerkennen; aber man kann auch bey den mei-<lb/>
sten ohne übertriebenen Skepticismus die Haupt-<lb/>
sachen nicht verwerfen. Zu bestimmen, wo auf<lb/>
diesem Felde die Gränze zwischen Wahrheit und<lb/>
Irrthum liegt, ist hier inde&#x017F;s noch nicht der Ort.<lb/>
Wir werden im folgenden Buch, welches die<lb/>
Seele in biologischer Hinsicht zum Gegenstande ha-<lb/>
ben wird, auf jene Erscheinungen zurückkommen.</p>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="catch">Erklärung</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0480] freyen, und geübten Beobachters richtig ist, so läſst sich nicht an einem inmateriellen Einfluſs der Mutter auf die Frucht zweifeln. Und ge- schieht er bey den Säugthieren auch durch den nährenden Stoff, den der Foetus von der Mutter empfängt, so bleibt er doch wenigstens eben so sehr hyperphysisch, als der Einfluſs des Vaters auf die körperliche und geistige Beschaffenheit des Kindes. An alle diese Gründe reihen sich endlich noch die Erscheinungen der höhern Grade des Som- nambulismus. Es giebt bey den Schlafwandlern sehr viele, denen, die wir an Thieren finden, ähnliche Beyspiele von Erwachen eines wunder- baren und unwiderstehlichen Instinkts, von Sym- pathie und Antipathie, von einem, durch nichts Materielles vermitteltem Wirken des Geistigen auf das Körperliche verschiedener Individuen; diese Fälle wurden von sehr verschiedenen Beobachtern und unter den verschiedensten Umständen wahr- genommen, und unter ihnen herrscht im Wesent- lichen die gröſste Uebereinstimmung. Man kann bey manchen derselben ohne Aberglauben oder Leichtgläubigkeit Nebensachen nicht für richtig anerkennen; aber man kann auch bey den mei- sten ohne übertriebenen Skepticismus die Haupt- sachen nicht verwerfen. Zu bestimmen, wo auf diesem Felde die Gränze zwischen Wahrheit und Irrthum liegt, ist hier indeſs noch nicht der Ort. Wir werden im folgenden Buch, welches die Seele in biologischer Hinsicht zum Gegenstande ha- ben wird, auf jene Erscheinungen zurückkommen. Erklärung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/480
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/480>, abgerufen am 06.05.2024.