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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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immer walzenförmig. Eine ähnliche Regelmässig-
keit, wie an den Zellen der gesellschaftlichen Bie-
nen, findet man an mehrern andern thierischen
Kunstprodukten. Es giebt Galläpfel, in welchen
sechs, sieben und mehr Larven von Gallwespen
ihre Wohnung haben. Diese liegen aber nicht,
wie bey solchen Galläpfeln, worin nur Eine Larve
wohnt, in einer einzigen Oeffnung mitten in der
Frucht beysammen, sondern der Mittelpunkt ist
ganz frey; um diesen befinden sich so viel Zel-
len, als Larven vorhanden sind; jede Zelle hat
ihre eigenen Scheidewände, und alle stehen in
einer so regelmässigen Ordnung, wie die Fächer,
in welcher die Kerne der Aepfel und Birnen lie-
gen z). Woher diese Regularität? Sie ist gewiss
nicht Folge absichtlicher Handlungen der Gall-
wespe, sondern blos der Art, wie sie ihren Kör-
per beym Eyerlegen zu wenden genöthigt ist.
Die Ausbildung der Zellen geschieht nachher durch
den vegetabilischen Bildungstrieb. Indess wenn
wir auch in vielen Fällen den Naturtrieben ganz
andere Zwecke unterlegen, als sie wirklich ha-
ben, oder von dem Instinkt Wirkungen ableiten,
die von ganz andern Ursachen herrühren, so
bleibt es doch unläugbar, dass ihnen allen Zweck-
mässigkeit eigen ist.

Das
z) Rösel's Insektenbelustigung. B. 3. S. 215. Tab.
XXXVI. Fig. 10.

immer walzenförmig. Eine ähnliche Regelmäſsig-
keit, wie an den Zellen der gesellschaftlichen Bie-
nen, findet man an mehrern andern thierischen
Kunstprodukten. Es giebt Galläpfel, in welchen
sechs, sieben und mehr Larven von Gallwespen
ihre Wohnung haben. Diese liegen aber nicht,
wie bey solchen Galläpfeln, worin nur Eine Larve
wohnt, in einer einzigen Oeffnung mitten in der
Frucht beysammen, sondern der Mittelpunkt ist
ganz frey; um diesen befinden sich so viel Zel-
len, als Larven vorhanden sind; jede Zelle hat
ihre eigenen Scheidewände, und alle stehen in
einer so regelmäſsigen Ordnung, wie die Fächer,
in welcher die Kerne der Aepfel und Birnen lie-
gen z). Woher diese Regularität? Sie ist gewiſs
nicht Folge absichtlicher Handlungen der Gall-
wespe, sondern blos der Art, wie sie ihren Kör-
per beym Eyerlegen zu wenden genöthigt ist.
Die Ausbildung der Zellen geschieht nachher durch
den vegetabilischen Bildungstrieb. Indeſs wenn
wir auch in vielen Fällen den Naturtrieben ganz
andere Zwecke unterlegen, als sie wirklich ha-
ben, oder von dem Instinkt Wirkungen ableiten,
die von ganz andern Ursachen herrühren, so
bleibt es doch unläugbar, daſs ihnen allen Zweck-
mäſsigkeit eigen ist.

Das
z) Rösel’s Insektenbelustigung. B. 3. S. 215. Tab.
XXXVI. Fig. 10.
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[431/0443] immer walzenförmig. Eine ähnliche Regelmäſsig- keit, wie an den Zellen der gesellschaftlichen Bie- nen, findet man an mehrern andern thierischen Kunstprodukten. Es giebt Galläpfel, in welchen sechs, sieben und mehr Larven von Gallwespen ihre Wohnung haben. Diese liegen aber nicht, wie bey solchen Galläpfeln, worin nur Eine Larve wohnt, in einer einzigen Oeffnung mitten in der Frucht beysammen, sondern der Mittelpunkt ist ganz frey; um diesen befinden sich so viel Zel- len, als Larven vorhanden sind; jede Zelle hat ihre eigenen Scheidewände, und alle stehen in einer so regelmäſsigen Ordnung, wie die Fächer, in welcher die Kerne der Aepfel und Birnen lie- gen z). Woher diese Regularität? Sie ist gewiſs nicht Folge absichtlicher Handlungen der Gall- wespe, sondern blos der Art, wie sie ihren Kör- per beym Eyerlegen zu wenden genöthigt ist. Die Ausbildung der Zellen geschieht nachher durch den vegetabilischen Bildungstrieb. Indeſs wenn wir auch in vielen Fällen den Naturtrieben ganz andere Zwecke unterlegen, als sie wirklich ha- ben, oder von dem Instinkt Wirkungen ableiten, die von ganz andern Ursachen herrühren, so bleibt es doch unläugbar, daſs ihnen allen Zweck- mäſsigkeit eigen ist. Das z) Rösel’s Insektenbelustigung. B. 3. S. 215. Tab. XXXVI. Fig. 10.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/443>, abgerufen am 21.11.2024.