Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

nur durch den Willen mit Bewusstseyn hervor-
gebracht werden, wobey aber ursprünglich kein
Bewusstseyn weder des Zwecks, noch der Mittel
statt findet. Solche Handlungen nennen wir in-
stinktartige
, und die innere Ursache derselben
den Instinkt, oder den Naturtrieb.

Alle diese Handlungen beziehen sich entwe-
der auf das Individuum, oder auf die Gat-
tung
. Zu den erstern gehören die Triebe der
Selbsterhaltung und der Selbstvertheidigung; zu
den letztern die Tiebe der Fortpflanzung und die,
welche die Nachkommenschaft betreffen y). Sie
haben insgesammt den Charakter hoher Zweck-
mässigkeit. Zwar ist nicht jedes Resultat instinkt-
artiger Handlungen Zweck derselben, sondern
Folge von Nebenursachen. So rührt z. B. nach
Wollaston's Bemerkung die regelmässige Ge-
stalt der Bienenzellen, die man dem Kunstsinn
der Bienen zugeschrieben und für eine so wun-
derbare Erscheinung gehalten hat, blos von dem
Druck her, den die weichen Cylinder gegenseitig
auf einander äussern. Sie nehmen die eckige Form
auf dieselbe Art an, wie das vegetabilische Zell-
gewebe. Die Zellen der einsamen Bienen sind

im-
y) M. vergl. Unzer's erste Gründe einer Physiologie.
S. 240 fg. -- Zu einer dieser Classen lassen sich
alle, von Reimarus (Ueber die Triebe der Thiere.
3te Aufl. S. 140 fg.) aufgezählte Arten bringen.

nur durch den Willen mit Bewuſstseyn hervor-
gebracht werden, wobey aber ursprünglich kein
Bewuſstseyn weder des Zwecks, noch der Mittel
statt findet. Solche Handlungen nennen wir in-
stinktartige
, und die innere Ursache derselben
den Instinkt, oder den Naturtrieb.

Alle diese Handlungen beziehen sich entwe-
der auf das Individuum, oder auf die Gat-
tung
. Zu den erstern gehören die Triebe der
Selbsterhaltung und der Selbstvertheidigung; zu
den letztern die Tiebe der Fortpflanzung und die,
welche die Nachkommenschaft betreffen y). Sie
haben insgesammt den Charakter hoher Zweck-
mäſsigkeit. Zwar ist nicht jedes Resultat instinkt-
artiger Handlungen Zweck derselben, sondern
Folge von Nebenursachen. So rührt z. B. nach
Wollaston’s Bemerkung die regelmäſsige Ge-
stalt der Bienenzellen, die man dem Kunstsinn
der Bienen zugeschrieben und für eine so wun-
derbare Erscheinung gehalten hat, blos von dem
Druck her, den die weichen Cylinder gegenseitig
auf einander äuſsern. Sie nehmen die eckige Form
auf dieselbe Art an, wie das vegetabilische Zell-
gewebe. Die Zellen der einsamen Bienen sind

im-
y) M. vergl. Unzer’s erste Gründe einer Physiologie.
S. 240 fg. — Zu einer dieser Classen lassen sich
alle, von Reimarus (Ueber die Triebe der Thiere.
3te Aufl. S. 140 fg.) aufgezählte Arten bringen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0442" n="430"/>
nur durch den Willen mit Bewu&#x017F;stseyn hervor-<lb/>
gebracht werden, wobey aber ursprünglich kein<lb/>
Bewu&#x017F;stseyn weder des Zwecks, noch der Mittel<lb/>
statt findet. Solche Handlungen nennen wir <hi rendition="#g">in-<lb/>
stinktartige</hi>, und die innere Ursache derselben<lb/>
den <hi rendition="#g">Instinkt</hi>, oder den <hi rendition="#g">Naturtrieb</hi>.</p><lb/>
              <p>Alle diese Handlungen beziehen sich entwe-<lb/>
der auf das <hi rendition="#g">Individuum</hi>, oder auf die <hi rendition="#g">Gat-<lb/>
tung</hi>. Zu den erstern gehören die Triebe der<lb/>
Selbsterhaltung und der Selbstvertheidigung; zu<lb/>
den letztern die Tiebe der Fortpflanzung und die,<lb/>
welche die Nachkommenschaft betreffen <note place="foot" n="y)">M. vergl. <hi rendition="#k">Unzer</hi>&#x2019;s erste Gründe einer Physiologie.<lb/>
S. 240 fg. &#x2014; Zu einer dieser Classen lassen sich<lb/>
alle, von <hi rendition="#k">Reimarus</hi> (Ueber die Triebe der Thiere.<lb/>
3te Aufl. S. 140 fg.) aufgezählte Arten bringen.</note>. Sie<lb/>
haben insgesammt den Charakter hoher Zweck-<lb/>&#x017F;sigkeit. Zwar ist nicht jedes Resultat instinkt-<lb/>
artiger Handlungen Zweck derselben, sondern<lb/>
Folge von Nebenursachen. So rührt z. B. nach<lb/><hi rendition="#k">Wollaston</hi>&#x2019;s Bemerkung die regelmä&#x017F;sige Ge-<lb/>
stalt der Bienenzellen, die man dem Kunstsinn<lb/>
der Bienen zugeschrieben und für eine so wun-<lb/>
derbare Erscheinung gehalten hat, blos von dem<lb/>
Druck her, den die weichen Cylinder gegenseitig<lb/>
auf einander äu&#x017F;sern. Sie nehmen die eckige Form<lb/>
auf dieselbe Art an, wie das vegetabilische Zell-<lb/>
gewebe. Die Zellen der einsamen Bienen sind<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">im-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[430/0442] nur durch den Willen mit Bewuſstseyn hervor- gebracht werden, wobey aber ursprünglich kein Bewuſstseyn weder des Zwecks, noch der Mittel statt findet. Solche Handlungen nennen wir in- stinktartige, und die innere Ursache derselben den Instinkt, oder den Naturtrieb. Alle diese Handlungen beziehen sich entwe- der auf das Individuum, oder auf die Gat- tung. Zu den erstern gehören die Triebe der Selbsterhaltung und der Selbstvertheidigung; zu den letztern die Tiebe der Fortpflanzung und die, welche die Nachkommenschaft betreffen y). Sie haben insgesammt den Charakter hoher Zweck- mäſsigkeit. Zwar ist nicht jedes Resultat instinkt- artiger Handlungen Zweck derselben, sondern Folge von Nebenursachen. So rührt z. B. nach Wollaston’s Bemerkung die regelmäſsige Ge- stalt der Bienenzellen, die man dem Kunstsinn der Bienen zugeschrieben und für eine so wun- derbare Erscheinung gehalten hat, blos von dem Druck her, den die weichen Cylinder gegenseitig auf einander äuſsern. Sie nehmen die eckige Form auf dieselbe Art an, wie das vegetabilische Zell- gewebe. Die Zellen der einsamen Bienen sind im- y) M. vergl. Unzer’s erste Gründe einer Physiologie. S. 240 fg. — Zu einer dieser Classen lassen sich alle, von Reimarus (Ueber die Triebe der Thiere. 3te Aufl. S. 140 fg.) aufgezählte Arten bringen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/442
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/442>, abgerufen am 19.05.2024.