Es ist wahrscheinlich, dass in den Fällen, wo eine, an einem Nerven heraufsteigende Reit- zung auf Bewegungsorgane reflektirt wird, ohne zum Gehirn zu gelangen, Ganglien dasselbe thun, was da, wo die Empfindung zum Gehirne fort- geht und allgemeine Convulsionen erregt, durch das Gehirn geschieht. Jene wirken dort eben so auf die ihnen unterworfene Sphäre, wie dieses hier auf den ganzen Körper.
Hallera) suchte die erwähnten consensuel- len Erscheinungen auf eine andere Art zu erklä- ren. Er nahm nicht die Nervenknoten, sondern das Gehirn selber für das Organ an, wodurch die Fortpflanzung der Reitzungen einzelner Theile auf andere entfernte Organe geschähe. Für eine solche partielle, ohne Bewusstseyn vor sich gehende Rückwirkung des Gehirns giebt es aber keinen Grund als die Thatsache, dass nicht der unmittelbare Einfluss des Lichts auf die Iris diese in Bewegung setzt, sondern dass blos dann eine Verengerung der Pupille erfolgt, wenn das Licht in das Innere des Auges dringt. Hier, sagt man, bewirkt die Reitzung der Sehenerven eine Reak- tion des Gehirns auf die Iris durch die Ciliar- nerven. Aber diese Erscheinung lässt vielleicht eine andere Erklärung zu. Haller setzte vor- aus, was unbewiesen und unwahrscheinlich ist,
dass
a) Elem. Physiol. T. IV. L. 10. S. 7. §. 23. p. 321.
Es ist wahrscheinlich, daſs in den Fällen, wo eine, an einem Nerven heraufsteigende Reit- zung auf Bewegungsorgane reflektirt wird, ohne zum Gehirn zu gelangen, Ganglien dasselbe thun, was da, wo die Empfindung zum Gehirne fort- geht und allgemeine Convulsionen erregt, durch das Gehirn geschieht. Jene wirken dort eben so auf die ihnen unterworfene Sphäre, wie dieses hier auf den ganzen Körper.
Hallera) suchte die erwähnten consensuel- len Erscheinungen auf eine andere Art zu erklä- ren. Er nahm nicht die Nervenknoten, sondern das Gehirn selber für das Organ an, wodurch die Fortpflanzung der Reitzungen einzelner Theile auf andere entfernte Organe geschähe. Für eine solche partielle, ohne Bewuſstseyn vor sich gehende Rückwirkung des Gehirns giebt es aber keinen Grund als die Thatsache, daſs nicht der unmittelbare Einfluſs des Lichts auf die Iris diese in Bewegung setzt, sondern daſs blos dann eine Verengerung der Pupille erfolgt, wenn das Licht in das Innere des Auges dringt. Hier, sagt man, bewirkt die Reitzung der Sehenerven eine Reak- tion des Gehirns auf die Iris durch die Ciliar- nerven. Aber diese Erscheinung läſst vielleicht eine andere Erklärung zu. Haller setzte vor- aus, was unbewiesen und unwahrscheinlich ist,
daſs
a) Elem. Physiol. T. IV. L. 10. S. 7. §. 23. p. 321.
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Es ist wahrscheinlich, daſs in den Fällen,
wo eine, an einem Nerven heraufsteigende Reit-
zung auf Bewegungsorgane reflektirt wird, ohne
zum Gehirn zu gelangen, Ganglien dasselbe thun,
was da, wo die Empfindung zum Gehirne fort-
geht und allgemeine Convulsionen erregt, durch
das Gehirn geschieht. Jene wirken dort eben so
auf die ihnen unterworfene Sphäre, wie dieses
hier auf den ganzen Körper.
Haller a) suchte die erwähnten consensuel-
len Erscheinungen auf eine andere Art zu erklä-
ren. Er nahm nicht die Nervenknoten, sondern
das Gehirn selber für das Organ an, wodurch die
Fortpflanzung der Reitzungen einzelner Theile
auf andere entfernte Organe geschähe. Für eine
solche partielle, ohne Bewuſstseyn vor sich
gehende Rückwirkung des Gehirns giebt es aber
keinen Grund als die Thatsache, daſs nicht der
unmittelbare Einfluſs des Lichts auf die Iris diese
in Bewegung setzt, sondern daſs blos dann eine
Verengerung der Pupille erfolgt, wenn das Licht
in das Innere des Auges dringt. Hier, sagt man,
bewirkt die Reitzung der Sehenerven eine Reak-
tion des Gehirns auf die Iris durch die Ciliar-
nerven. Aber diese Erscheinung läſst vielleicht
eine andere Erklärung zu. Haller setzte vor-
aus, was unbewiesen und unwahrscheinlich ist,
daſs
a) Elem. Physiol. T. IV. L. 10. S. 7. §. 23. p. 321.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/378>, abgerufen am 22.11.2024.
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