Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

Fortdauer der Flüssigkeit und Bewegung dieses
Safts in Gliedern, deren Muskeln zwar das Zu-
sammenziehungs-Vermögen verloren haben, de-
ren Nerven aber noch Empfindlichkeit besitzen.

Alle Einwirkungen erregen Muskelbewegun-
gen, indem sie jenen Nerveneinfluss ganz aufhe-
ben, oder unterbrechen. Durch gänzliche Aufhe-
bung desselben verursachen heftige elektrische
Schläge, plötzliche Zerstöhrungen des Rücken-
marks und starke Gaben narkotischer Mittel Zuk-
kungen. Durch temporäre Unterbrechung des Ner-
veneinflusses bringen alle örtliche Muskelreitze Zu-
sammenziehungen hervor. Viele von diesen be-
wirken zugleich ein Gerinnen des Eyweissstoffs.
Allein aus einem unmittelbaren, blos chemischen
Einfluss der Reitze auf diesen Stoff lässt sich die
Verkürzung der Muskeln doch nicht erklären. Al-
kalien sowohl, als Säuren, also ganz entgegen-
gesetzte chemische Agentien erregen Muskelbewe-
gungen, welches nicht seyn könnte, wenn sie
blos auf chemische Art wirkten. Auch lässt sich
von den blos mechanischen Reitzen nicht anneh-
men, dass sie den Eyweissstoff unmittelbar gerin-
nen machen. Diese scheinen auf ähnliche Weise
Muskelbewegungen zu veranlassen, wie Erschüt-
terungen das Wasser, das unter den Gefrierpunkt
erkalten kann, ohne seine Flüssigkeit zu verlie-
ren, so lange es in Ruhe ist, bey der Frostkälte

so-

Fortdauer der Flüssigkeit und Bewegung dieses
Safts in Gliedern, deren Muskeln zwar das Zu-
sammenziehungs-Vermögen verloren haben, de-
ren Nerven aber noch Empfindlichkeit besitzen.

Alle Einwirkungen erregen Muskelbewegun-
gen, indem sie jenen Nerveneinfluſs ganz aufhe-
ben, oder unterbrechen. Durch gänzliche Aufhe-
bung desselben verursachen heftige elektrische
Schläge, plötzliche Zerstöhrungen des Rücken-
marks und starke Gaben narkotischer Mittel Zuk-
kungen. Durch temporäre Unterbrechung des Ner-
veneinflusses bringen alle örtliche Muskelreitze Zu-
sammenziehungen hervor. Viele von diesen be-
wirken zugleich ein Gerinnen des Eyweiſsstoffs.
Allein aus einem unmittelbaren, blos chemischen
Einfluſs der Reitze auf diesen Stoff läſst sich die
Verkürzung der Muskeln doch nicht erklären. Al-
kalien sowohl, als Säuren, also ganz entgegen-
gesetzte chemische Agentien erregen Muskelbewe-
gungen, welches nicht seyn könnte, wenn sie
blos auf chemische Art wirkten. Auch läſst sich
von den blos mechanischen Reitzen nicht anneh-
men, daſs sie den Eyweiſsstoff unmittelbar gerin-
nen machen. Diese scheinen auf ähnliche Weise
Muskelbewegungen zu veranlassen, wie Erschüt-
terungen das Wasser, das unter den Gefrierpunkt
erkalten kann, ohne seine Flüssigkeit zu verlie-
ren, so lange es in Ruhe ist, bey der Frostkälte

so-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0311" n="299"/>
Fortdauer der Flüssigkeit und Bewegung dieses<lb/>
Safts in Gliedern, deren Muskeln zwar das Zu-<lb/>
sammenziehungs-Vermögen verloren haben, de-<lb/>
ren Nerven aber noch Empfindlichkeit besitzen.</p><lb/>
            <p>Alle Einwirkungen erregen Muskelbewegun-<lb/>
gen, indem sie jenen Nerveneinflu&#x017F;s ganz aufhe-<lb/>
ben, oder unterbrechen. Durch gänzliche Aufhe-<lb/>
bung desselben verursachen heftige elektrische<lb/>
Schläge, plötzliche Zerstöhrungen des Rücken-<lb/>
marks und starke Gaben narkotischer Mittel Zuk-<lb/>
kungen. Durch temporäre Unterbrechung des Ner-<lb/>
veneinflusses bringen alle örtliche Muskelreitze Zu-<lb/>
sammenziehungen hervor. Viele von diesen be-<lb/>
wirken zugleich ein Gerinnen des Eywei&#x017F;sstoffs.<lb/>
Allein aus einem unmittelbaren, blos chemischen<lb/>
Einflu&#x017F;s der Reitze auf diesen Stoff lä&#x017F;st sich die<lb/>
Verkürzung der Muskeln doch nicht erklären. Al-<lb/>
kalien sowohl, als Säuren, also ganz entgegen-<lb/>
gesetzte chemische Agentien erregen Muskelbewe-<lb/>
gungen, welches nicht seyn könnte, wenn sie<lb/>
blos auf chemische Art wirkten. Auch lä&#x017F;st sich<lb/>
von den blos mechanischen Reitzen nicht anneh-<lb/>
men, da&#x017F;s sie den Eywei&#x017F;sstoff unmittelbar gerin-<lb/>
nen machen. Diese scheinen auf ähnliche Weise<lb/>
Muskelbewegungen zu veranlassen, wie Erschüt-<lb/>
terungen das Wasser, das unter den Gefrierpunkt<lb/>
erkalten kann, ohne seine Flüssigkeit zu verlie-<lb/>
ren, so lange es in Ruhe ist, bey der Frostkälte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">so-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0311] Fortdauer der Flüssigkeit und Bewegung dieses Safts in Gliedern, deren Muskeln zwar das Zu- sammenziehungs-Vermögen verloren haben, de- ren Nerven aber noch Empfindlichkeit besitzen. Alle Einwirkungen erregen Muskelbewegun- gen, indem sie jenen Nerveneinfluſs ganz aufhe- ben, oder unterbrechen. Durch gänzliche Aufhe- bung desselben verursachen heftige elektrische Schläge, plötzliche Zerstöhrungen des Rücken- marks und starke Gaben narkotischer Mittel Zuk- kungen. Durch temporäre Unterbrechung des Ner- veneinflusses bringen alle örtliche Muskelreitze Zu- sammenziehungen hervor. Viele von diesen be- wirken zugleich ein Gerinnen des Eyweiſsstoffs. Allein aus einem unmittelbaren, blos chemischen Einfluſs der Reitze auf diesen Stoff läſst sich die Verkürzung der Muskeln doch nicht erklären. Al- kalien sowohl, als Säuren, also ganz entgegen- gesetzte chemische Agentien erregen Muskelbewe- gungen, welches nicht seyn könnte, wenn sie blos auf chemische Art wirkten. Auch läſst sich von den blos mechanischen Reitzen nicht anneh- men, daſs sie den Eyweiſsstoff unmittelbar gerin- nen machen. Diese scheinen auf ähnliche Weise Muskelbewegungen zu veranlassen, wie Erschüt- terungen das Wasser, das unter den Gefrierpunkt erkalten kann, ohne seine Flüssigkeit zu verlie- ren, so lange es in Ruhe ist, bey der Frostkälte so-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/311
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/311>, abgerufen am 22.11.2024.