3. Spiralgefässe giebt es allenthalben, wo die Bewegung der Säfte aufwärts gerichtet ist. Bey den baum- und strauchartigen Dictyledonen bildet sich jährlich im Herbst eine neue Lage derselben um das Mark, die bey manchen Bäu- men, z. B. den Linden, im Frühjahre mit grü- nen Zellen und saftreichen Fasern umgeben ist. Die grüne Farbe dieser, von der Oberhaut durch den ganzen Holzkörper getrennten und dem Lichte völlig unzugänglichen Theile, und ihre saftige Beschaffenheit beweisen, dass zwischen dem Mark und dem Holz ein ähnlicher Process, wie zwischen der Rinde und dem Holze, statt findet. Völlig gleich können aber beyde Processe nicht seyn, indem es zwischen der Rinde und dem Holz keine Spiralgefässe, wie in der Nähe des Marks, giebt, und eine andere Verschiedenheit in den Funktionen beyder Theile ist nicht zu den- ken, als dass der Saft durch die einen auf-, durch die andern niedersteigt. In dem Mark und den dem Marke zunächst liegenden Fasergefässen der Bäume und Sträucher findet man aber auch im Januar und Februar eine Menge Luftblasen. Mit der Entbindung dieser Luft beginnt ohne Zweifel die Vegetation. Nie trifft man sie um jene Zeit in dem Zellgewebe der Rinde und in den Bastfasern an. Der Anfang der Vegetation geschieht daher in der Mitte des Stamms, und wahrscheinlich tritt also auch die nächste Wir-
kung
3. Spiralgefäſse giebt es allenthalben, wo die Bewegung der Säfte aufwärts gerichtet ist. Bey den baum- und strauchartigen Dictyledonen bildet sich jährlich im Herbst eine neue Lage derselben um das Mark, die bey manchen Bäu- men, z. B. den Linden, im Frühjahre mit grü- nen Zellen und saftreichen Fasern umgeben ist. Die grüne Farbe dieser, von der Oberhaut durch den ganzen Holzkörper getrennten und dem Lichte völlig unzugänglichen Theile, und ihre saftige Beschaffenheit beweisen, daſs zwischen dem Mark und dem Holz ein ähnlicher Proceſs, wie zwischen der Rinde und dem Holze, statt findet. Völlig gleich können aber beyde Processe nicht seyn, indem es zwischen der Rinde und dem Holz keine Spiralgefäſse, wie in der Nähe des Marks, giebt, und eine andere Verschiedenheit in den Funktionen beyder Theile ist nicht zu den- ken, als daſs der Saft durch die einen auf-, durch die andern niedersteigt. In dem Mark und den dem Marke zunächst liegenden Fasergefäſsen der Bäume und Sträucher findet man aber auch im Januar und Februar eine Menge Luftblasen. Mit der Entbindung dieser Luft beginnt ohne Zweifel die Vegetation. Nie trifft man sie um jene Zeit in dem Zellgewebe der Rinde und in den Bastfasern an. Der Anfang der Vegetation geschieht daher in der Mitte des Stamms, und wahrscheinlich tritt also auch die nächste Wir-
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[62/0078]
3. Spiralgefäſse giebt es allenthalben, wo
die Bewegung der Säfte aufwärts gerichtet ist.
Bey den baum- und strauchartigen Dictyledonen
bildet sich jährlich im Herbst eine neue Lage
derselben um das Mark, die bey manchen Bäu-
men, z. B. den Linden, im Frühjahre mit grü-
nen Zellen und saftreichen Fasern umgeben ist.
Die grüne Farbe dieser, von der Oberhaut durch
den ganzen Holzkörper getrennten und dem Lichte
völlig unzugänglichen Theile, und ihre saftige
Beschaffenheit beweisen, daſs zwischen dem
Mark und dem Holz ein ähnlicher Proceſs, wie
zwischen der Rinde und dem Holze, statt findet.
Völlig gleich können aber beyde Processe nicht
seyn, indem es zwischen der Rinde und dem
Holz keine Spiralgefäſse, wie in der Nähe des
Marks, giebt, und eine andere Verschiedenheit in
den Funktionen beyder Theile ist nicht zu den-
ken, als daſs der Saft durch die einen auf-,
durch die andern niedersteigt. In dem Mark und
den dem Marke zunächst liegenden Fasergefäſsen
der Bäume und Sträucher findet man aber auch
im Januar und Februar eine Menge Luftblasen.
Mit der Entbindung dieser Luft beginnt ohne
Zweifel die Vegetation. Nie trifft man sie um
jene Zeit in dem Zellgewebe der Rinde und in
den Bastfasern an. Der Anfang der Vegetation
geschieht daher in der Mitte des Stamms, und
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/78>, abgerufen am 24.11.2024.
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