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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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Diese Gründe sind indess nicht so wichtig,
als sie auf den ersten Anblick zu seyn scheinen. Sie
beweisen nur das Unvermögen der Venen, unassi-
milirte Flüssigkeiten aufzunehmen, nicht aber das
Unvermögen, Säfte, die dem Körper schon bis
auf einen gewissen Grad verähnlicht sind, ein-
zusaugen. Ein Vermögen der letztern Art muss
man allerdings den Venen beylegen, sobald sich
zeigen lässt, dass nicht alles Blut, welches diese
zum Herzen zurückführen, aus den letzten En-
digungen der Arterien kömmt, sondern dass das
Schlagaderblut zum Theil auf die Bildung an-
derer Theile verwandt wird, und das Venenblut
zum Theil von zersetzten Organen und Flüssig-
keiten herrührt. Für diese Meinung lassen sich
aber folgende Gründe anführen:

1. Bey den Insekten ist nur ein einziges Gefäss
vorhanden, welches die Stelle einer Vene oder
Arterie vertritt. Es können also Arterien ohne
Venen, oder Venen ohne Arterien seyn.

2. In dem bebrüteten Ey zeigt sich schon früh
ein Venenstamm mit vielen Zweigen. Aber weit
später erscheinen die Arterien, und diese sind
viel weniger zahlreich, weit kleiner und blasser,
als die Venen s).

3.
s) Lobstein Essai sur la nutrition du foetus.

Diese Gründe sind indeſs nicht so wichtig,
als sie auf den ersten Anblick zu seyn scheinen. Sie
beweisen nur das Unvermögen der Venen, unassi-
milirte Flüssigkeiten aufzunehmen, nicht aber das
Unvermögen, Säfte, die dem Körper schon bis
auf einen gewissen Grad verähnlicht sind, ein-
zusaugen. Ein Vermögen der letztern Art muſs
man allerdings den Venen beylegen, sobald sich
zeigen läſst, daſs nicht alles Blut, welches diese
zum Herzen zurückführen, aus den letzten En-
digungen der Arterien kömmt, sondern daſs das
Schlagaderblut zum Theil auf die Bildung an-
derer Theile verwandt wird, und das Venenblut
zum Theil von zersetzten Organen und Flüssig-
keiten herrührt. Für diese Meinung lassen sich
aber folgende Gründe anführen:

1. Bey den Insekten ist nur ein einziges Gefäſs
vorhanden, welches die Stelle einer Vene oder
Arterie vertritt. Es können also Arterien ohne
Venen, oder Venen ohne Arterien seyn.

2. In dem bebrüteten Ey zeigt sich schon früh
ein Venenstamm mit vielen Zweigen. Aber weit
später erscheinen die Arterien, und diese sind
viel weniger zahlreich, weit kleiner und blasser,
als die Venen s).

3.
s) Lobstein Essai sur la nutrition du foetus.
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[500/0516] Diese Gründe sind indeſs nicht so wichtig, als sie auf den ersten Anblick zu seyn scheinen. Sie beweisen nur das Unvermögen der Venen, unassi- milirte Flüssigkeiten aufzunehmen, nicht aber das Unvermögen, Säfte, die dem Körper schon bis auf einen gewissen Grad verähnlicht sind, ein- zusaugen. Ein Vermögen der letztern Art muſs man allerdings den Venen beylegen, sobald sich zeigen läſst, daſs nicht alles Blut, welches diese zum Herzen zurückführen, aus den letzten En- digungen der Arterien kömmt, sondern daſs das Schlagaderblut zum Theil auf die Bildung an- derer Theile verwandt wird, und das Venenblut zum Theil von zersetzten Organen und Flüssig- keiten herrührt. Für diese Meinung lassen sich aber folgende Gründe anführen: 1. Bey den Insekten ist nur ein einziges Gefäſs vorhanden, welches die Stelle einer Vene oder Arterie vertritt. Es können also Arterien ohne Venen, oder Venen ohne Arterien seyn. 2. In dem bebrüteten Ey zeigt sich schon früh ein Venenstamm mit vielen Zweigen. Aber weit später erscheinen die Arterien, und diese sind viel weniger zahlreich, weit kleiner und blasser, als die Venen s). 3. s) Lobstein Essai sur la nutrition du foetus.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/516>, abgerufen am 18.05.2024.