Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

daraus entspringende Nervenstamm den Blutum-
lauf in denjenigen Organen, die er mit Nerven-
zweigen versorgt. Diese Wirkung kann er nicht
etwa dadurch hervorbringen, dass er auf das
Herz, als die erste Triebfeder des Blutumlaufs,
Einfluss hat; denn der allgemeine Kreislauf geht
ungestört fort, nachdem in dem Gliede, dessen
Verbindung mit dem ganzen Nervensystem auf-
gehoben ist, das Blut schon zu fliessen aufge-
hört hat.

Mit jener Voraussetzung stimmt auch die dritte
Thatsache überein. Hier kömmt zwar das Blut
im ganzen Körper zum Stillstand, obgleich blos
das Gehirn vom Rückenmark getrennt ist; aber
dieser Frfolg tritt nicht ein, weil das Gehirn ei-
nen Einfluss auf den ganzen Kreislauf hat, son-
dern nur, weil durch dessen Einwirkung das
Athemholen hervorgebracht wird, von welchem
der allgemeine Kreislauf abhängig ist. Der letz-
tere wird wieder rege, sobald die Lungen wieder
in Thätigkeit gesetzt werden.

Eben so einleuchtend ist es bey der obigen
Voraussetzung, warum der Blutumlauf nach par-
tiellen Zerstörungen des Rückenmarks noch einige
Zeit fortdauert. Er wird nicht augenblicklich ge-
hemmt, weil jeder Nerve nach seiner Trennung
vom Gehirn und Rückenmark noch ein gewisses
Maass Kraft behält, welches hinreicht, die Be-

wegung

daraus entspringende Nervenstamm den Blutum-
lauf in denjenigen Organen, die er mit Nerven-
zweigen versorgt. Diese Wirkung kann er nicht
etwa dadurch hervorbringen, daſs er auf das
Herz, als die erste Triebfeder des Blutumlaufs,
Einfluſs hat; denn der allgemeine Kreislauf geht
ungestört fort, nachdem in dem Gliede, dessen
Verbindung mit dem ganzen Nervensystem auf-
gehoben ist, das Blut schon zu flieſsen aufge-
hört hat.

Mit jener Voraussetzung stimmt auch die dritte
Thatsache überein. Hier kömmt zwar das Blut
im ganzen Körper zum Stillstand, obgleich blos
das Gehirn vom Rückenmark getrennt ist; aber
dieser Frfolg tritt nicht ein, weil das Gehirn ei-
nen Einfluſs auf den ganzen Kreislauf hat, son-
dern nur, weil durch dessen Einwirkung das
Athemholen hervorgebracht wird, von welchem
der allgemeine Kreislauf abhängig ist. Der letz-
tere wird wieder rege, sobald die Lungen wieder
in Thätigkeit gesetzt werden.

Eben so einleuchtend ist es bey der obigen
Voraussetzung, warum der Blutumlauf nach par-
tiellen Zerstörungen des Rückenmarks noch einige
Zeit fortdauert. Er wird nicht augenblicklich ge-
hemmt, weil jeder Nerve nach seiner Trennung
vom Gehirn und Rückenmark noch ein gewisses
Maaſs Kraft behält, welches hinreicht, die Be-

wegung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0286" n="270"/>
daraus entspringende Nervenstamm den Blutum-<lb/>
lauf in denjenigen Organen, die er mit Nerven-<lb/>
zweigen versorgt. Diese Wirkung kann er nicht<lb/>
etwa dadurch hervorbringen, da&#x017F;s er auf das<lb/>
Herz, als die erste Triebfeder des Blutumlaufs,<lb/>
Einflu&#x017F;s hat; denn der allgemeine Kreislauf geht<lb/>
ungestört fort, nachdem in dem Gliede, dessen<lb/>
Verbindung mit dem ganzen Nervensystem auf-<lb/>
gehoben ist, das Blut schon zu flie&#x017F;sen aufge-<lb/>
hört hat.</p><lb/>
                <p>Mit jener Voraussetzung stimmt auch die dritte<lb/>
Thatsache überein. Hier kömmt zwar das Blut<lb/>
im ganzen Körper zum Stillstand, obgleich blos<lb/>
das Gehirn vom Rückenmark getrennt ist; aber<lb/>
dieser Frfolg tritt nicht ein, weil das Gehirn ei-<lb/>
nen Einflu&#x017F;s auf den ganzen Kreislauf hat, son-<lb/>
dern nur, weil durch dessen Einwirkung das<lb/>
Athemholen hervorgebracht wird, von welchem<lb/>
der allgemeine Kreislauf abhängig ist. Der letz-<lb/>
tere wird wieder rege, sobald die Lungen wieder<lb/>
in Thätigkeit gesetzt werden.</p><lb/>
                <p>Eben so einleuchtend ist es bey der obigen<lb/>
Voraussetzung, warum der Blutumlauf nach par-<lb/>
tiellen Zerstörungen des Rückenmarks noch einige<lb/>
Zeit fortdauert. Er wird nicht augenblicklich ge-<lb/>
hemmt, weil jeder Nerve nach seiner Trennung<lb/>
vom Gehirn und Rückenmark noch ein gewisses<lb/>
Maa&#x017F;s Kraft behält, welches hinreicht, die Be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wegung</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0286] daraus entspringende Nervenstamm den Blutum- lauf in denjenigen Organen, die er mit Nerven- zweigen versorgt. Diese Wirkung kann er nicht etwa dadurch hervorbringen, daſs er auf das Herz, als die erste Triebfeder des Blutumlaufs, Einfluſs hat; denn der allgemeine Kreislauf geht ungestört fort, nachdem in dem Gliede, dessen Verbindung mit dem ganzen Nervensystem auf- gehoben ist, das Blut schon zu flieſsen aufge- hört hat. Mit jener Voraussetzung stimmt auch die dritte Thatsache überein. Hier kömmt zwar das Blut im ganzen Körper zum Stillstand, obgleich blos das Gehirn vom Rückenmark getrennt ist; aber dieser Frfolg tritt nicht ein, weil das Gehirn ei- nen Einfluſs auf den ganzen Kreislauf hat, son- dern nur, weil durch dessen Einwirkung das Athemholen hervorgebracht wird, von welchem der allgemeine Kreislauf abhängig ist. Der letz- tere wird wieder rege, sobald die Lungen wieder in Thätigkeit gesetzt werden. Eben so einleuchtend ist es bey der obigen Voraussetzung, warum der Blutumlauf nach par- tiellen Zerstörungen des Rückenmarks noch einige Zeit fortdauert. Er wird nicht augenblicklich ge- hemmt, weil jeder Nerve nach seiner Trennung vom Gehirn und Rückenmark noch ein gewisses Maaſs Kraft behält, welches hinreicht, die Be- wegung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/286
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/286>, abgerufen am 19.05.2024.