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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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seiner Hypothese an, nahm indess eine nicht we-
niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun-
gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hülfe.
Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur
mitwirkend zur Unterhaltung des Kreislaufs. Be-
trachtet man unter dem Mikroskop diese Bewe-
gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder
in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin-
det man hier Erscheinungen, die den vorhin er-
wähnten an der Chara ganz ähnlich sind, und
offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha-
nische voraussetzen. Das Blut fährt selbst bey
Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch
fort zu fliessen. Zuweilen strömt es ununterbro-
chen nach dem Ursprung der grossen Schlagader
zurück; in andern Fällen oscillirt es; in noch an-
dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf
fort; und diese Bewegungen dauern oft eine hal-
be und ganze Stunde. Oeffnet man eine Ader,
so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie-
der angefacht, und es fliesst, wenn das geöffnete
Gefäss eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt-
lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve-
nen reissend schnell zur Wunde hin. Weder die
Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen
der Adern, noch eine Einsaugung in die klein-
sten Gefässe sind die Ursachen dieser Bewegun-
gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen;
eine Zusammenziehung der Gefässe lässt sich

nicht

seiner Hypothese an, nahm indeſs eine nicht we-
niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun-
gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hülfe.
Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur
mitwirkend zur Unterhaltung des Kreislaufs. Be-
trachtet man unter dem Mikroskop diese Bewe-
gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder
in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin-
det man hier Erscheinungen, die den vorhin er-
wähnten an der Chara ganz ähnlich sind, und
offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha-
nische voraussetzen. Das Blut fährt selbst bey
Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch
fort zu flieſsen. Zuweilen strömt es ununterbro-
chen nach dem Ursprung der groſsen Schlagader
zurück; in andern Fällen oscillirt es; in noch an-
dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf
fort; und diese Bewegungen dauern oft eine hal-
be und ganze Stunde. Oeffnet man eine Ader,
so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie-
der angefacht, und es flieſst, wenn das geöffnete
Gefäſs eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt-
lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve-
nen reissend schnell zur Wunde hin. Weder die
Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen
der Adern, noch eine Einsaugung in die klein-
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gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen;
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[262/0278] seiner Hypothese an, nahm indeſs eine nicht we- niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun- gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hülfe. Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur mitwirkend zur Unterhaltung des Kreislaufs. Be- trachtet man unter dem Mikroskop diese Bewe- gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin- det man hier Erscheinungen, die den vorhin er- wähnten an der Chara ganz ähnlich sind, und offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha- nische voraussetzen. Das Blut fährt selbst bey Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch fort zu flieſsen. Zuweilen strömt es ununterbro- chen nach dem Ursprung der groſsen Schlagader zurück; in andern Fällen oscillirt es; in noch an- dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf fort; und diese Bewegungen dauern oft eine hal- be und ganze Stunde. Oeffnet man eine Ader, so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie- der angefacht, und es flieſst, wenn das geöffnete Gefäſs eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt- lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve- nen reissend schnell zur Wunde hin. Weder die Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen der Adern, noch eine Einsaugung in die klein- sten Gefäſse sind die Ursachen dieser Bewegun- gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen; eine Zusammenziehung der Gefäſse läſst sich nicht

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/278>, abgerufen am 17.05.2024.