seiner Hypothese an, nahm indess eine nicht we- niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun- gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hülfe. Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur mitwirkend zur Unterhaltung des Kreislaufs. Be- trachtet man unter dem Mikroskop diese Bewe- gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin- det man hier Erscheinungen, die den vorhin er- wähnten an der Chara ganz ähnlich sind, und offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha- nische voraussetzen. Das Blut fährt selbst bey Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch fort zu fliessen. Zuweilen strömt es ununterbro- chen nach dem Ursprung der grossen Schlagader zurück; in andern Fällen oscillirt es; in noch an- dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf fort; und diese Bewegungen dauern oft eine hal- be und ganze Stunde. Oeffnet man eine Ader, so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie- der angefacht, und es fliesst, wenn das geöffnete Gefäss eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt- lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve- nen reissend schnell zur Wunde hin. Weder die Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen der Adern, noch eine Einsaugung in die klein- sten Gefässe sind die Ursachen dieser Bewegun- gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen; eine Zusammenziehung der Gefässe lässt sich
nicht
seiner Hypothese an, nahm indeſs eine nicht we- niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun- gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hülfe. Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur mitwirkend zur Unterhaltung des Kreislaufs. Be- trachtet man unter dem Mikroskop diese Bewe- gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin- det man hier Erscheinungen, die den vorhin er- wähnten an der Chara ganz ähnlich sind, und offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha- nische voraussetzen. Das Blut fährt selbst bey Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch fort zu flieſsen. Zuweilen strömt es ununterbro- chen nach dem Ursprung der groſsen Schlagader zurück; in andern Fällen oscillirt es; in noch an- dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf fort; und diese Bewegungen dauern oft eine hal- be und ganze Stunde. Oeffnet man eine Ader, so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie- der angefacht, und es flieſst, wenn das geöffnete Gefäſs eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt- lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve- nen reissend schnell zur Wunde hin. Weder die Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen der Adern, noch eine Einsaugung in die klein- sten Gefäſse sind die Ursachen dieser Bewegun- gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen; eine Zusammenziehung der Gefäſse läſst sich
nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0278"n="262"/>
seiner Hypothese an, nahm indeſs eine nicht we-<lb/>
niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun-<lb/>
gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hülfe.<lb/>
Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur<lb/>
mitwirkend zur Unterhaltung des Kreislaufs. Be-<lb/>
trachtet man unter dem Mikroskop diese Bewe-<lb/>
gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder<lb/>
in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin-<lb/>
det man hier Erscheinungen, die den vorhin er-<lb/>
wähnten an der Chara ganz ähnlich sind, und<lb/>
offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha-<lb/>
nische voraussetzen. Das Blut fährt selbst bey<lb/>
Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch<lb/>
fort zu flieſsen. Zuweilen strömt es ununterbro-<lb/>
chen nach dem Ursprung der groſsen Schlagader<lb/>
zurück; in andern Fällen oscillirt es; in noch an-<lb/>
dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf<lb/>
fort; und diese Bewegungen dauern oft eine hal-<lb/>
be und ganze Stunde. Oeffnet man eine Ader,<lb/>
so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie-<lb/>
der angefacht, und es flieſst, wenn das geöffnete<lb/>
Gefäſs eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt-<lb/>
lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve-<lb/>
nen reissend schnell zur Wunde hin. Weder die<lb/>
Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen<lb/>
der Adern, noch eine Einsaugung in die klein-<lb/>
sten Gefäſse sind die Ursachen dieser Bewegun-<lb/>
gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen;<lb/>
eine Zusammenziehung der Gefäſse läſst sich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nicht</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[262/0278]
seiner Hypothese an, nahm indeſs eine nicht we-
niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun-
gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hülfe.
Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur
mitwirkend zur Unterhaltung des Kreislaufs. Be-
trachtet man unter dem Mikroskop diese Bewe-
gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder
in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin-
det man hier Erscheinungen, die den vorhin er-
wähnten an der Chara ganz ähnlich sind, und
offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha-
nische voraussetzen. Das Blut fährt selbst bey
Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch
fort zu flieſsen. Zuweilen strömt es ununterbro-
chen nach dem Ursprung der groſsen Schlagader
zurück; in andern Fällen oscillirt es; in noch an-
dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf
fort; und diese Bewegungen dauern oft eine hal-
be und ganze Stunde. Oeffnet man eine Ader,
so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie-
der angefacht, und es flieſst, wenn das geöffnete
Gefäſs eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt-
lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve-
nen reissend schnell zur Wunde hin. Weder die
Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen
der Adern, noch eine Einsaugung in die klein-
sten Gefäſse sind die Ursachen dieser Bewegun-
gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen;
eine Zusammenziehung der Gefäſse läſst sich
nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/278>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.