Die Pflanze bildet aus den einfachsten Stoffen sehr zusammengesetzte und höchst mannichfaltige Produkte. Wasser und Luft sind für viele zur Ernährung allein hinreichend. Ihr äusserer Bau zeigt dabey wenig verschiedenartige Theile, und im Innern dieser Organe findet das unbewaffnete Auge fast allenthalben einerley Textur.
Es gab eine Zeit, wo man die Hoffnung hegte, aus mechanischen Principien die Geheim- nisse des Pflanzenlebens erklären zu können. Der einfache Bau der Gewächse war dieser Hoffnung nicht günstig. Man überredete sich aber, dass dieser nur scheinbar sey, und dass das Vergrösse- rungsglas enthüllen würde, was das blosse Auge nicht zu entdecken vermag, eine grosse Man- nichfaltigkeit der innern Theile bey der grössten Feinheit derselben. Man sahe, was man zu se- hen wünschte, beschrieb eine Menge verschie-
dener
A 4
Zweyter Abschnitt. Die vegetabilische Ernährung.
§. 1. Ernährungsorgane der Vegetabilien.
Die Pflanze bildet aus den einfachsten Stoffen sehr zusammengesetzte und höchst mannichfaltige Produkte. Wasser und Luft sind für viele zur Ernährung allein hinreichend. Ihr äusserer Bau zeigt dabey wenig verschiedenartige Theile, und im Innern dieser Organe findet das unbewaffnete Auge fast allenthalben einerley Textur.
Es gab eine Zeit, wo man die Hoffnung hegte, aus mechanischen Principien die Geheim- nisse des Pflanzenlebens erklären zu können. Der einfache Bau der Gewächse war dieser Hoffnung nicht günstig. Man überredete sich aber, daſs dieser nur scheinbar sey, und daſs das Vergröſse- rungsglas enthüllen würde, was das bloſse Auge nicht zu entdecken vermag, eine groſse Man- nichfaltigkeit der innern Theile bey der gröſsten Feinheit derſelben. Man sahe, was man zu se- hen wünschte, beschrieb eine Menge verschie-
dener
A 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0023"n="7"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head>Zweyter Abschnitt.<lb/><hirendition="#g">Die vegetabilische Ernährung</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="4"><head>§. 1.<lb/>
Ernährungsorgane der Vegetabilien.</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Pflanze bildet aus den einfachsten Stoffen<lb/>
sehr zusammengesetzte und höchst mannichfaltige<lb/>
Produkte. Wasser und Luft sind für viele zur<lb/>
Ernährung allein hinreichend. Ihr äusserer Bau<lb/>
zeigt dabey wenig verschiedenartige Theile, und<lb/>
im Innern dieser Organe findet das unbewaffnete<lb/>
Auge fast allenthalben einerley Textur.</p><lb/><p>Es gab eine Zeit, wo man die Hoffnung<lb/>
hegte, aus mechanischen Principien die Geheim-<lb/>
nisse des Pflanzenlebens erklären zu können. Der<lb/>
einfache Bau der Gewächse war dieser Hoffnung<lb/>
nicht günstig. Man überredete sich aber, daſs<lb/>
dieser nur scheinbar sey, und daſs das Vergröſse-<lb/>
rungsglas enthüllen würde, was das bloſse Auge<lb/>
nicht zu entdecken vermag, eine groſse Man-<lb/>
nichfaltigkeit der innern Theile bey der gröſsten<lb/>
Feinheit derſelben. Man sahe, was man zu se-<lb/>
hen wünschte, beschrieb eine Menge verschie-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">dener</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[7/0023]
Zweyter Abschnitt.
Die vegetabilische Ernährung.
§. 1.
Ernährungsorgane der Vegetabilien.
Die Pflanze bildet aus den einfachsten Stoffen
sehr zusammengesetzte und höchst mannichfaltige
Produkte. Wasser und Luft sind für viele zur
Ernährung allein hinreichend. Ihr äusserer Bau
zeigt dabey wenig verschiedenartige Theile, und
im Innern dieser Organe findet das unbewaffnete
Auge fast allenthalben einerley Textur.
Es gab eine Zeit, wo man die Hoffnung
hegte, aus mechanischen Principien die Geheim-
nisse des Pflanzenlebens erklären zu können. Der
einfache Bau der Gewächse war dieser Hoffnung
nicht günstig. Man überredete sich aber, daſs
dieser nur scheinbar sey, und daſs das Vergröſse-
rungsglas enthüllen würde, was das bloſse Auge
nicht zu entdecken vermag, eine groſse Man-
nichfaltigkeit der innern Theile bey der gröſsten
Feinheit derſelben. Man sahe, was man zu se-
hen wünschte, beschrieb eine Menge verschie-
dener
A 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/23>, abgerufen am 19.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.